Lidschlussreflex


Menschliches Auge mit offenem/geschlossenen Augenlid

Der Lidschlussreflex (auch Orbicularis-oculi-Reflex, Kornealreflex, Blinkreflex) ist ein reflektorischer Schutzmechanismus des Auges. Er wird durch mechanische Einwirkungen auf die Hornhaut und die nähere Augenumgebung ausgelöst und äußert sich durch ein rasches Verschließen der Augenlider. Er dient dem Schutz vor Fremdkörpern, vor Austrocknung und vor Schädigung des Augapfels. Ein unwillkürlicher Lidschluss tritt auch bei starker Lichtreizung auf das Auge auf, bei spontanen akustischen Reizen, sowie als Folge auf einen Schreckreiz.

Neurophysiologie

An der Lidschlussreaktion beteiligte Muskulatur

Der Lidschlussreflex ist ein sogenannter Fremdreflex. Der afferente (zum Gehirn verlaufende) Schenkel des Reflexes verläuft bei taktilen Reizen über den Nervus ophthalmicus, einem Ast des 5. Hirnnerven (Nervus trigeminus), bei optischen Reizen (grelles Licht) über den Sehnerven. Er leitet die Erregung nach Umschaltung im Trigeminuskomplex über den Colliculus superior oder Nucleus ruber zur Formatio reticularis, erst von dort zum Reflexzentrum im Hirnstamm, den Fazialiskern. Ein geringer Teil der Afferenzen erreicht diesen Kern auch direkt. Von dort wird über den efferenten Schenkel, den Nervus facialis (Hirnnerv VII), eine Kontraktion des Musculus orbicularis oculi ausgelöst. Der Reflex vollzieht sich innerhalb etwa 250 ms, allerdings reagieren zwischen 10 % und 20 % aller Testpersonen nicht mit einem Lidschlussreflex auf Lichtreize.[1] Neugeborene (bis zum Alter von etwa 1½ Jahren) können auch auf akustische Reize einen reflektorischen Lidschluß zeigen. [2]

Wie der Pupillenreflex ist der Lidschlußreflex ein konsensueller Reflex, d. h. die Afferenzen werden auf beide prämotorische Areale geleitet. Auch beim nicht gereizten Auge schließt sich das Augenlid (beim Pupillenreflex verengt sich bei einseitiger Bestrahlung auch das andere Auge).

Lidschlussreflexzeit

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin stellt fest, dass unter typischen Laserklasse-2-Bedingungen nur 17 % der Probanden mit einem Lidschlussreflex reagierten und somit dieser Reflex als einziger Schutzmechanismus bei Expositionen durch Laserstrahlung dieser Klasse keineswegs ausreicht.[1] In der BGI (Berufsgenossenschaftliche Information) 832 „Betrieb von Lasereinrichtungen“ vom April 2003 heißt es: "Von dem Vorhandensein des Lidschlussreflexes zum Schutz der Augen darf in der Regel nicht ausgegangen werden. Daher sollte man, falls Laserstrahlung der Klasse 2 ins Auge trifft, bewusst die Augen schließen oder sich sofort abwenden". Die Lidschlussreflexzeit ist von zahlreichen Einflüssen abhängig, u. a. von der Größe des Lichtfleckes auf der Netzhaut. Die Unfallverhütungsvorschrift (UVV) „Laserstrahlung“ BGV B 2 geht hingegen noch von einem Lidschlussreflex nach 250 ms aus und steht damit neuen Erkenntnissen aus der Forschung entgegen.

Einflüsse auf den Lidschluss

Der Reflex tritt sowohl bei Ausfall des afferenten als auch des efferenten Schenkels nicht mehr auf. Bei einer Lokalanästhesie am Auge ist er ein Indiz für deren Wirksamkeit. Er kann auch als ein Kriterium zur Einschätzung der Narkosetiefe herangezogen werden. Bei einer Fazialislähmung kommt es ebenfalls zu einem Ausbleiben des Reflexes, jedoch nicht zum Ausbleiben des sogenannten Bell-Phänomens, welches durch eine Hebung des Augapfels nach oben mit Sichtbarwerden der Sclera beim Versuch des Schließens der Augen gekennzeichnet ist.

Beim paralytischen Lagophthalmus kommt es auf Grund der Lähmung der Lidmuskeln zum Unvermögen des vollständigen Lidschlusses. Der Lidschluss stellt sich dauerhaft (z. B. bei Blindheit) oder kurzfristig (z. B. bei Einfluss von Reizstoffen wie Capsaicin) ein.

Ein induzierter Lidschluss löst zudem zwei unterschiedliche Phänomene aus:

  • das Bellsche Phänomen, welches sich in der unwillkürlichen Bewegung beider Augäpfel nach oben und außen äußert, eine Position, die sie auch während des Schlafes einnehmen
  • das Westphal-Piltz-Phänomen, das sich in einer Verengung der Pupillenweite ausdrückt.

Kontaktlinsenträger

Nur aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Lidschlussreflex um einen Fremdreflex handelt (und nicht um einen Eigenreflex), ist es überhaupt möglich, Kontaktlinsen ohne Festhalten des Augenlides in das Auge einzusetzen. Kontaktlinsenträger gewöhnen sich diesen Reflex ab und können dann direkt die Hornhaut berühren.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Damit nichts ins Auge geht... Schutz vor Laserstrahlung http://www.baua.de/cae/servlet/contentblob/675474/publicationFile/47205/A37.pdf Publikation der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
  2. Jürgen Wendler,Wolfgang Seidner, Ulrich Eysholdt: Lehrbuch der Phoniatrie und Pädaudiologie. 4. Auflage. Thieme-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-102294-9.

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