Lotos (Altes Ägypten)


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Lotos (auch Lotus, Lotosblume, Lotusblume) hatte als Symbol- und Nahrungspflanze im Alten Ägypten verschiedenste Funktionen. Der altägyptische Lotos ist jedoch nicht mit der botanischen Art Lotus identisch. Eine genaue Pflanzenzuweisung steht noch aus; bislang wird neben dem Tigerlotus in Gleichsetzung auch die himmelblaue Wasserlilie (Nymphaea caerulea) vermutet.

In der hebräischen Sprache steht der ähnliche Begriff šušan (Susanne) in Übersetzung ebenfalls für die Lilienpflanzen.

Mythologische Verbindungen

Seit dem Neuen Reich symbolisierte unter anderem ein auf einer Lotosblüte sitzendes Kind die göttliche Geburt des Sonnengottes. Nach den Vorstellungen der Altägypter wurde zu Beginn der Schöpfung der junge Sonnengott in einer Lotosblüte geboren, die aus dem Urozean Nun hervorging. Die Ägypter sahen deshalb den Sonnenaufgang als ständige Wiederholung der Schöpfung.[1]

Seit der griechisch-römischen Zeit wurden daher verschiedene Kindgötter auf einer Lotosblüte sitzend abgebildet. Von Hor-pa-chered ist diesbezüglich nur ein ikonografischer Beleg aus der Ptolemäerzeit erhalten geblieben.[1]

Belege

Außerägyptische Quellen

In Homers Odyssee wird die Region von Nubien erwähnt, in der möglicherweise die so genannten Lotophagen lebten und die Lotospflanze aßen, die eine drogenähnliche Wirkung gehabt haben soll: Wer nun die Honigsüße der Lotosfrüchte gekostet, der dachte nicht mehr an Kundschaft oder Heimkehr, sondern sie wollten immer in der Lotophagen Gesellschaft bleiben und Lotos pflücken und ihrer Heimat entsagen.

Ob Lotos tatsächlich als Droge konsumiert wurde, bleibt zumindest bei den Berichten der Odyssee fragwürdig, da die bei den Lotophagen gestrandeten Seeleute nach ihrer zehntägigen Irrfahrt ausgehungert waren und vielleicht die Lotospflanzen als willkommenes Nahrungsmittel ansahen. Auch Herodot berichtete insbesondere über den süßlichen Wohlgeschmack der Lotoswurzel.

Innerägyptische Quellen

Altägyptische Lotosernten sind bereits seit dem Alten Reich ikonografisch belegt. In einem aus Illahun stammenden Papyrusfragment des Mittleren Reiches wird der von Herodot beschriebene Verzehr der Lotospflanze bestätigt: Veranlasst, dass mir Süße gegeben wird, veranlasst dass mir Liebe gegeben wird, von den Öffnern des Hauses, von den Lotosessern.

Neuzeitliche Verwendung

In der chinesischen Küche wird die Lotospflanze aufgrund ihres Wohlgeschmacks auch heute noch verwendet, wobei nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob das asiatische Lotosaroma der altägyptischen Lotosart entspricht.

Siehe auch

  • Lotosbaum

Literatur

  • Rainer Hannig: Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch : (2800-950 v. Chr.). von Zabern, Mainz 2006, ISBN 3-8053-1771-9, S. 831.
  • Sandra Sandri: Har-Pa-Chered (Harpokrates): Die Genese eines ägyptischen Götterkindes (Orientalia Lovaniensia analecta 151). Peeters, Leuven 2006, ISBN 90-429-1761-X
  • Alexandra von Lieven: Fiktionales und historisches Ägypten (Das Ägyptenbild der Odysee aus ägyptologischer Sicht) In: Andreas Luther: Geschichte und Fiktion in der homerischen Odyssee (interdisziplinäre Tagung, Oktober 2003 an der Freien Universität in Berlin). Beck, München 2006, ISBN 3-406-54192-5, S. 61–76.

Weblinks

Commons: Lotos (Altes Ägypten) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Sandra Sandri: Har-Pa-Chered (Harpokrates). S. 120.