Propranolol


Strukturformel
Struktur von Propranolol
(R)-Propranolol (oben) und (S)-Propranolol (unten), 1:1-Stereoisomerengemisch
Allgemeines
Freiname Propranolol
Andere Namen
  • IUPAC: (RS)-1-(Isopropylamino)-3-(naphthalen-1-yloxy)propan-2-ol
  • rac-1-(Isopropylamino)-3-(naphthalen-1-yloxy)propan-2-ol
  • (±)-1-(Isopropylamino)-3-(naphthalen-1-yloxy)propan-2-ol
  • DL-1-(Isopropylamino)-3-(naphthalen-1-yloxy)-2-propanol
  • Latein: Propranololum
Summenformel C16H21NO2
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff (Hydrochlorid)[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 525-66-6 (freie Base)
  • 318-98-9 (Propranolol-Hydrochlorid)
PubChem 4946
DrugBank DB00571
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Arzneistoffangaben
ATC-Code

C07AA05

Wirkstoffklasse

nicht kardioselektiver Betablocker

Eigenschaften
Molare Masse
  • 259,34 g·mol−1(Propranolol)
  • 295,80 g·mol−1(Propranolol·Hydrochlorid)
Schmelzpunkt
  • 96 °C (freie Base Propranolol)[2]
  • 163−164 °C (Propranolol·Hydrochlorid)[3]
pKS-Wert

9,46 [2]

Löslichkeit

Wasser: 61,7 mg·l−1 (25 °C) [2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [4]

Hydrochlorid

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: keine P-Sätze [4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Propranolol (oft falsch "Propanolol" geschrieben) ist ein Arzneistoff aus der Substanzgruppe der Betablocker und wird unter anderem zur Behandlung der arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck) eingesetzt. Es wurde in den 1960er Jahren von James Whyte Black entwickelt, der 1988 für seine Beiträge zum Verständnis biochemischer Prinzipien der Arzneimitteltherapie den Nobelpreis für Medizin erhielt.[5]

Pharmakologie

Betablocker blockieren spezifisch sympathische β-Adrenozeptoren, ohne sie zu aktivieren (keine Intrinsische Aktivität). Propranolol gehört zu den alten, nicht herzselektiven Betablockern, die neben β1-auch an β2-Adrenozeptoren binden.

Nebenwirkungen

Initialer Blutdruckanstieg, Auslösung von Asthmaanfällen, Synkopen, periphere Durchblutungsstörungen [6]

Pharmakokinetik

Das sehr gut fettlösliche Propranolol unterliegt einem ausgeprägtem First-Pass-Effekt und daher beträgt die Bioverfügbarkeit nur ca. 30 %. Der Abbau findet in der Leber statt.

Indikationen

Das Propranolol wird ebenso wie die Betablocker eingesetzt, z. B. für die Behandlung von

  1. Arterielle Hypertonie
  2. Herzinsuffizienz
  3. Koronare Herzkrankheit
  4. präoperative Therapie des Phäochromozytom (zusammen mit Alphablocker)
  5. Thyreotoxische Krise
  6. Hypertrophe Kardiomyopathie
  7. Primärprophylaxe der Ösophagusvarizenblutung
  8. Angeborene Hämangiome[7]
  9. Essentieller Tremor

Daneben können nichtselektive Betablocker auch bei Migräne sowie essentiellem Tremor (hier als Mittel der ersten Wahl) angewandt werden. Bei der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen wird Propranolol als Off-Label-Use gegen Intrusionen und Übererregbarkeit eingesetzt.[8]

Forschung

In vitro zeigte Propranolol Interaktionen mit den Membranproteinen von roten Blutkörperchen, damit besteht eventuell die Möglichkeit, Propranolol eines Tages zur Therapie der Malaria einzusetzen.[9]

Stereochemie, unterschiedliche pharmakologische Wirkung der Enantiomeren

Arzneimittel enthalten den Arzneistoff als Racemat (1:1-Gemisch der Enantiomere), wobei aus grundsätzlichen Überlegungen die Verwendung des besser bzw. nebenwirkungsärmer wirksamen Enantiomers zu bevorzugen wäre. Der Bedeutung der Enantiomerenreinheit von synthetisch hergestellten Wirkstoffen wird zunehmend Beachtung eingeräumt, denn die beiden Enantiomeren eines chiralen Arzneistoffes zeigen fast immer eine unterschiedliche Pharmakologie und Pharmakokinetik. Das wurde früher aus Unkenntnis über stereochemische Zusammenhänge oft ignoriert.[10] Das aktive Stereoisomer (Eutomer) ist die (S)-Form von Propranolol.[11]

Verwendung als Dopingmittel

Dank seiner Eigenschaft, die Herzfrequenz zu senken und dem natürlichen physiologischen Tremor entgegenzuwirken, wird Propranolol auch als verbotenes Dopingmittel im Schießsport eingesetzt. Bekanntester Fall ist hierbei der nordkoreanische Pistolenschütze Kim Jong-su, dem bei den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking seine Silbermedaille mit der Freien Pistole und seine Bronzemedaille mit der Luftpistole nach einem positiven Test auf Propranolol aberkannt wurde.[12]

Trivia

In der DDR war die Einnahme einer Überdosis Propranolol (Obsidan) eine von Suizidenten häufig gewählte Methode, um sich das Leben zu nehmen.[13]

Seit 1990 wird Propranolol in der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation geführt.

Handelsnamen

Monopräparate

Beta-Tablinen (D), Dociton (D), Inderal (A, CH), Obsidan (D), Prophylux (D), Generika (D, CH), Syprol (UK)

Kombinationspräparate

Beta-Turfa (D), Dociretic (D), Dociteren (D), Pertenso (D), Propra comp (D), Triamteren tri-comp (D)

Weblinks

Literatur

  • Oberdisse/Hackental Pharmakologie und Toxikologie 1997, S. 358
  • Karow/Lang Pharmakologie und Toxikologie 2003 S.62 - S.67

Einzelnachweise

  1. Datenblatt Propranolol bei AlfaAesar (PDF) (JavaScript erforderlich).
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Eintrag zu Propranolol in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM).
  3. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 1348, ISBN 978-0-911910-00-1.
  4. 4,0 4,1 4,2 Datenblatt (±)-Propranolol hydrochloride bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  5. James W. Black: http://nobelprize.org/nobel_prizes/medicine/laureates/1988/black-autobio.html.
  6. DAZ Nr. 13 vom 26. März 2009.
  7. N Engl J Med 2008; 359:2846-2847 abgerufen am 25. Dezember 2008.
  8. Psychiatriegespräch.de: "Traumatisierung, Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD), Anpassungsstörung, akute Belastungsreaktion".
  9. Murphy SC, Harrison T, Hamm HE, Lomasney JW, Mohandas N, Haldar K: Erythrocyte G protein as a novel target for malarial chemotherapy. PLoS Med. 2006 Dec;3(12):e528, PMID 17194200.
  10. E. J. Ariëns, Stereochemistry, a basis for sophisticated nonsense in pharmacokinetics and clinical pharmacology, European Journal of Clinical Pharmacology 26 (1984) 663-668,doi:10.1007/BF00541922.
  11. Joni Agustiana, Azlina Harun Kamaruddina, Subhash Bhatiaa: Single enantiomeric β-blockers—The existing technologies, Process Biochemistry 45 (2010) 1587–1604.
  12. Olympia-Berichterstattung der ARD, 15. August 2008: http://www.ard.ndr.de/peking2008/nachrichten/ardsportpeking5696.html.
  13. DER SPIEGEL 13/1999: Annalen des Todes http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-10630243.html.