Sikahirsch
Sikahirsch | ||||||||||||
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Sikahirsch im Winterkleid | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Cervus nippon | ||||||||||||
Temminck, 1838 |
Der Sikahirsch (Cervus nippon) ist ein aus Ostasien stammender Hirsch, der durch Einbürgerungen heute in vielen Gegenden der Welt vorkommt.
Merkmale
Sikahirsche sind deutlich kleiner als ein Rothirsch und entsprechen in ihrer Größe etwa dem Damhirsch. Sie erreichen eine Kopf-Rumpflänge zwischen 95 und 140 Zentimeter. Die Schulterhöhe beträgt 64 bis 100 Zentimeter, der Schwanz wird 7,5 bis 13 Zentimeter lang. Sie wiegen bis zu 80 Kilogramm.[1]
Haarkleid
Das Sommerkleid des Sikahirsches ist in der Regel rotbraun und weist zahlreiche weiße Flecken auf, die in sieben bis acht Längsreihen angeordnet sind. Im Winter verblassen diese Flecken und sind manchmal kaum auszumachen, während sie im Sommer in einem deutlichen Kontrast zur übrigen Fellfarbe stehen. Im Winter bildet sich bei beiden Geschlechtern eine dichte Halsmähne. Der Kopf ist etwas heller als die Mähne und der übrige Körper. Einzelne Unterarten sind dunkler als die Nominatform. Der in freier Wildbahn mittlerweile sehr seltene Dybowski-Hirsch (Cervus nippon hortulorum), der im Osten Sibiriens lebt, weist einen besonders dunklen Farbton auf. Bei ihm ist auch im Winterkleid die Fleckzeichnung noch undeutlich auszumachen.[1] Sikahirsche tragen ihr Sommerkleid gewöhnlich ab Ende Mai. Das Winterkleid zeigen sie ab September.[1]
Allen Unterarten ist gemeinsam, dass die Hinterseite des Oberschenkels sich deutlich von der übrigen Fellfarbe unterscheidet. Dieser sogenannte Spiegel ist weißlich und von dunkleren Haaren umrahmt. Auch das Schwanzende ist weiß, in der Mitte verläuft ein dunkler Strich. Diesem Spiegel kommt eine Signalwirkung zu: Erregte Tiere spreizen die Haare des Spiegels und vergrößern ihn so optisch.
Sinne
Beim Sikahirsch spielen vor allem der Geruchs- und der Gehörsinn eine große Rolle. Es werden zehn verschiedene Lautäußerungen unterschieden, was deutlich mehr ist als bei den meisten anderen Hirscharten.[2] Dazu gehört ein weicher, pfeifender Laut, den das Weibchen von sich gibt sowie ein blökender Laut der Kälber. Während der Brunftzeit lässt das Männchen ein lautes Pfeifen hören, das mit einem lauten Brummen endet.[2]
Sikahirsche haben große Metatarsalorgane an den Beinen. Es ist aber nicht bekannt, wann und wie diese Duftdrüsen eingesetzt werden. Während der Brunft scharren die Männchen große Kuhlen, in welche sie urinieren und sich anschließend darin suhlen.
Verwechslungsmöglichkeiten
Verwechslungsmöglichkeiten bestehen vor allem mit dem Damhirsch, der ebenfalls ein rotbraunes Sommerkleid mit einer Fleckzeichnung aufweist. Der Rotton bei der häufigsten Farbmorphe des Damhirsch ist jedoch ein rostfarbener Ton. Ältere Damhirsche können anhand ihres Geweihes von männlichen Sikahirschen unterschieden werden, da Damhirsche Schaufeln entwickeln.
Verbreitung
Ursprüngliches Verbreitungsgebiet
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Sikahirsches umfasste den Ostteil der Volksrepublik China, Südost-Sibirien, Korea, Japan, Taiwan und den äußersten Norden Vietnams (Einzelheiten siehe Unterarten). Mit Ausnahme der Japanischen Inseln sind sie fast überall in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet bedroht.
Sikahirsche als eingeführte Hirschart
Durch den Menschen sind Sikahirsche in zahlreichen Gegenden der Welt eingeführt worden, so in Europa, Marokko, der Nordmongolei bei Süchbaatar, Neuengland, Texas, Australien, Madagaskar und Neuseeland. In letzterem wurden Sikahirsche bereits 1883 und 1885 von einer Akklimatisationsgesellschaft aus Großbritannien eingeführt; die Tiere wurden jedoch sehr bald von Farmern abgeschossen, die Schäden auf ihren Anbauflächen befürchteten. Zwanzig Jahre später, im Jahre 1905, wurden in einer anderen neuseeländischen Region Sikahirsche zweier verschiedener Unterarten freigelassen, die sich sehr schnell vermehrten und sich in der Region ausbreiteten. Diese Tiere stellen die neuseeländische Gründungspopulation dar. Da Sikahirsche in dieser Region sehr große Geweihe schoben und Jägern damit große Trophäen boten, entwickelte sich hier ein starker Jagdtourismus.[3] Deswegen kam es auch in anderen Regionen der neuseeländischen Nordinsel zu illegalen Auswilderungen.[4] Heute stellen Sikahirsche auf der Nordinsel nach dem Rothirsch das wichtigste und zahlreichste Haarwild dar.[5]
In Deutschland ist der Sikahirsch ein Neozoon: 1893 wurden die ersten Sikahirsche als Parkwild eingeführt. Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich aus entflohenen und ausgesetzten Tieren wild lebende Populationen von Sikahirschen entwickelt, die sich auf die folgenden fünf Gebiete konzentrieren:
- Hüttener Berge (Schleswig-Holstein)
- Schwansen, Ostangeln (Schleswig-Holstein)
- Weserbergland (Niedersachsen)
- Sauerland (Nordrhein-Westfalen)
- Klettgau (Baden-Württemberg)
Das Vorkommen am Hochrhein (Kreis Waldshut) hat sich auch in die Schweiz ausgedehnt und besiedelt dort die Gebiete Südranden und Rafzerfeld in den Kantonen Schaffhausen und Zürich.
Lebensraum
Sikahirsche sind eine sehr anpassungsfähige Hirschart. Sie präfieren Wälder mit einem dichten Unterwuchs. Sie kommen jedoch auch in Feuchtgebieten vor. Sie sind gute Schwimmer und ähnlich wie die Barasinghas flüchten sie ins Wasser, um ihren Fressfeinden zu entkommen.[1]
Nahrung und Nahrungserwerb
Sikahirsche fressen Knospen und Triebe, Blätter, Beeren, Früchte und Eicheln. In Feuchtgebieten wird auch Schilf, Binsen und Wasserpflanzen von ihnen gefressen. In den Regionen, in denen ihr Verbreitungsgebiet sich bis zur Küstenlinie ausdehnt, fressen sie auch angespülten Seetang. Sie äsen auch auf landwirtschaftlichen Anbauflächen und können dort erhebliche Schäden anrichten. Auf Grund ihres Äsverhaltens richten sie bei hoher Bestandsdichte auch erhebliche Schäden in Wäldern an.
Sikahirsche sind überwiegend nachtaktiv. In Regionen, in denen sie weitgehend ungestört sind, sind sie noch in den Morgenstunden auf den Äsflächen zu beobachten und kehren auf diese erneut in den späten Nachmittagsstunden zurück.
Fortpflanzung
Ausgewachsene Männchen sind für die meiste Zeit des Jahres Einzelgänger, während Weibchen und Jungtiere sich zu Verbänden von zwei bis zehn, selten fünfzig Tieren zusammenfinden. Im Frühherbst werden die Männchen territorial und beginnen, einen Harem von durchschnittlich zwölf Weibchen um sich zu sammeln. Gelangen andere Männchen in das Revier, werden sie vertrieben, wobei es zu heftigen Kämpfen kommen kann. Sikahirsche bevorzugen als Lebensraum dichte, unterholzreiche Wälder, doch kommen die anpassungsfähigen Tieren auch in Sumpf- und Graslandschaften vor. Sie äsen Kräuter, Blätter und Gräser, verzehren aber nicht so rohfaserige Kost wie etwa Rothirsche. Ihre natürlichen Feinde sind Wölfe, Asiatische Wildhunde, Tiger und Leoparden.
Unterarten
In seiner ostasiatischen Heimat unterscheidet man zahlreiche Unterarten des Sikahirsches. In Europa lässt sich meistens nicht mehr feststellen, welcher Unterart die eingeführten Sikahirsche angehörten; die meisten gehen auf Japanische Sikahirsche zurück, doch häufig dürften sich verschiedene Unterarten miteinander vermischt haben, und mancherorts kommt es sogar zu interspezifischen Kreuzungen mit Rothirschen. Man unterscheidet die folgenden Unterarten:
- Japanischer Sikahirsch (Cervus nippon nippon), japanische Hauptinseln Honshū (Südteil), Kyūshū, Shikoku
- Cervus nippon aplodontus, im Norden von Honshū
- Hokkaido-Sikahirsch (Cervus nippon yesoensis), Hokkaidō
- Cervus nippon centralis, Honshū
- Nordchinesischer Sikahirsch (Cervus nippon mandarinus), nordöstliches China, vom Aussterben bedroht, möglicherweise bereits ausgestorben
- Südchinesischer Sikahirsch (Cervus nippon kopschi), östliches Zentralchina und südöstliches China, stark gefährdet
- Vietnamesischer Sikahirsch (Cervus nippon pseudaxis), nördliches Vietnam; von der IUCN als vom Aussterben bedroht geführt, heute überall ausgerottet bis auf den Cuc-Phuong-Nationalpark
- Shanxi-Sikahirsch (Cervus nippon grassianus), Shanxi, vom Aussterben bedroht, möglicherweise bereits ausgestorben
- Sichuan-Sikahirsch (Cervus nippon sichuanicus), Sichuan, Gansu, stark gefährdet
- Mandschurischer Sikahirsch (Cervus nippon mantchuricus), Mandschurei, Korea
- Dybowski-Hirsch (Cervus nippon hortulorum), östlichstes Sibirien (Primorje), weniger als 2000 wildlebende Tiere
- Taiwan-Sikahirsch (Cervus nippon taiouanus), Taiwan, vom Aussterben bedroht, nur noch in wenigen Wildgehegen erhalten
- Kerama-Hirsch (Cervus nippon keramae), Ryūkyū-Inseln, heute nur noch auf drei unbewohnten Inseln zu Hause; vom Aussterben bedroht
- Tsushima-Hirsch (Cervus nippon pulchellus), Tsushima
- Jolo-Sikahirsch (Cervus nippon soloensis), Jolo; diese Unterart lebt auf einer südlich der Philippinen gelegenen Insel so weit abseits des Verbreitungsgebiets der anderen Unterarten, dass man einen vor Jahrhunderten durch menschliche Einführung verursachten Ursprung vermutet
Der Südchinesische Sikahirsch (C. n. kopschi) wird oft zum Vietnamesischen (C. n. pseudaxis) und der Shanxi-Sikahirsch (C. n. grassianus) zum Mandschurischen Sikahirsch (C. n. mantchuricus) gerechnet.
Sikahirsch und Mensch
Sikahirsche wurden in verschiedenen Regionen der Welt eingeführt, weil sie ein attraktives Jagdwild darstellen und in Regionen überleben können, in denen der Rothirsch nicht gedeiht. Die Pirsch auf den Sikahirsch gilt als besondere Herausforderung, weil Sikahirsche sehr aufmerksam sind.[6]
Auf Neuseeland hat es mehrere Versuche gegeben, den Sikahirsch ähnlich wie den Rothirsch nutztierartig zu halten, jedoch bestanden nur wenige solcher Herden über längere Zeit. Sikahirsche sind im Vergleich zum Rothirsch krankheitsanfälliger und sind in den Gattern schwieriger zu handhaben. Obwohl die Fleischausbeute bei ihnen geringer ist als beim Rothirsch, sind die Schlachtkosten gleich hoch. Sikahirsche spielen deshalb in der neuseeländischen Wildfleischproduktion keine große Rolle.[7]
Belege
Literatur
- Erhard Ueckermann: Das Sikawild. Vorkommen, Naturgeschichte und Bejagung. 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Schriftenreihe der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung des Landes Nordrhein-Westfalen, Heft 7. Parey, Hamburg und Berlin 1992, 103 S., ISBN 3-490-08812-3
- Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999 ISBN 0-8018-5789-9
- Detlef Schilling u. a.: BLV Bestimmungsbuch Säugetiere, BLV Verlagsgesellschaft, 1983 ISBN 3-405-12846-3
- Werner Trense: Die Hirsche der Welt. Eine Bestandsaufnahme der Arten und Unterarten - ein Katalog zur Dauerausstellung im Jagdschloss Granitz in Binz auf Rügen (Broschiert). Parey verlag, ISBN 3-8263-8514-4
- Leonard Lee Rue III: The Encyclopedia of Deer. Voyageur Press, Stillwater 2003, ISBN 0-89658-590-5
- David Yerex: Deer - The New Zealand Story. Canterbury University Press, Christchurch 2001, ISBN 1-877257-10-9
Weblinks
- Cervus nippon in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. Eingestellt von: Deer Specialist Group, 1996. Abgerufen am 12. Mai 2006.
- Informationen aus einem Tiergehege