Wirsing
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Wirsing (Brassica oleracea convar. capitata var. sabauda L.)[1] (über lombardisch verza von lateinisch viridia, „grüne Gewächse“), auch Wirsingkohl, Welschkohl, Welschkraut, schweizerisch Wirz und in Österreich einfach nur Kohl genannt,[2] ist ein Kopfkohl und eine Kulturvarietät des Gemüsekohls. Er zeichnet sich durch kraus gewellte Blätter aus.
Beschreibung
Merkmale
Nach der Aussaat vernalisiert Wirsing im kritischen 4-Blatt-Stadium, das nach 4–8 Wochen nach der Saat erreicht wird und bei 0 bis 12 °C ausgelöst wird. Langsamwachsende Sorten sind empfindlicher für das Schossen. Wenn die vernalisierten (Induktion der Blüte) Pflanzen zu hohem Lichtgenuss und Temperaturen von 20 bis 25 °C kommen, können sie wieder devernalisiert werden.[3]Der Wuchs gleicht dem von Weiß- und Rotkohl, hat jedoch gewellte Blätter, die locker gefügt, gelb- bis dunkelgrün sind und sich nach Rosettenbildung zu einem runden bis spitzen Kopf entwickeln. Die Blattwellung entsteht durch schnelleres Wachstum des Parenchyms, während die Blattadern im Wachstum zurückbleiben. Die Wellung bewirkt auch die gegenüber Weiß- und Rotkohl deutlich lockere Schichtung des Kopfes. Außerdem sind auch flachrunde Sorten bekannt.[2] Der Kopf der Pflanze entspricht wie bei anderen Kopfkohltypen einer stark gestauchten Endknospe, wobei der im Inneren gebildete Strunk stärker als bei Weiß- und Rotkohl wird.[4] Durch den besonderen Blattwuchs sind auch die Blattränder (Blattkanten) gewellt. Die Pflanze wächst auf einem mehr oder weniger langen Strunk und liegt, besonders in größerem Stadium, auf dem Boden auf. Spätere Sorten sind etwas dunkler gefärbt und haben meist eine deutlich sichtbare Wachsschicht, die sich mit den Fingern abwischen lässt.[5] Wirsing wächst etwas schneller als andere Kopfkohlarten.[6]
Herkunft und Geschichte
Seit dem 8. Jahrhundert sind Kopfkohle bekannt. Die Unterscheidung von Weiß- und Rotkohl wird seit dem 11. Jahrhundert gemacht. Der gewellte Wirsing wird erstmals im 16. Jahrhundert genannt.[4] Wirsing stammt aus dem Mittelmeerraum, daher auch der französische Name „chou de Milan“. In Deutschland wird er seit dem 18. Jahrhundert angebaut und ist heute in allen Erdteilen verbreitet.
Bedeutung
Wirsing ist das ganze Jahr über erhältlich, zuerst als milderer Frühwirsing, später als Herbst- oder Dauerwirsing. In Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Frankreich befinden sich bedeutende Anbauflächen. In Dänemark dagegen wird Wirsing nur sehr begrenzt angebaut.[7] Die Jahresernte in Deutschland beträgt etwa 50.000 Tonnen. Das Kopfgewicht (Erntegewicht) wurde bis vor einigen Jahren noch bei 1 bis 2 kg als ideal angesehen. Mittlerweile sind für die frische Vermarktung eher Gewichte von 400–600 g pro Kopf gefragt. Lediglich für die industrielle Verwertung werden noch größere Kopfgewichte bevorzugt.
Nutzung
Anbau und Ernte
Entsprechend dem Anbau werden die verschiedenen Sorten in Typen für frühen, mittleren und späten Anbau eingeteilt.[7] Diese Einteilung wird auch mit Früh-, Sommer-, Herbst- und Winterwirsing bezeichnet.[4] Der späte Anbau dient zur Einlagerung im Winter. Wirsing ist nicht ganz so anspruchsvoll wie andere Kopfkohltypen.[8] Je nach Sorte und beabsichtigter Größe werden für Frühsorten 13–26 Wochen, für Spätsorten 26–40 Wochen Kulturzeit benötigt.[5] Der Ertrag bei frühen Sorten liegt bei 25 bis 30 Tonnen und bei späten Sorten bei 35 bis 40 Tonnen pro Hektar.[7] Je nach Standweite kann die Kopfgröße und Form beeinflusst werden. Da Wirsing schneller wächst als Weiß- und Rotkohl, erreicht er früher Schnittreife.[6]
Schädlinge und Krankheiten
Die Krankheiten und Schädlinge entsprechen denen von Weiß- und Rotkohl.
Verwendung
Küche
Wirsing kann auch schon verwendet werden, wenn er noch keinen festen Kopf hat.[6] Er ist in der Küche sehr vielseitig verwendbar, da seine Blätter zarter sind als die der meisten anderen Kohlsorten.[2] Darüber hinaus hat er ein knackigeres Blatt und ist in Salatmischungen wegen seiner welligen Form dekorativer.[7] Die inneren, hellen Blätter sind schon nach kurzer Zeit gar und können als Gemüsebeilage verwendet werden. Andere Zubereitungen sind gefüllter Wirsing oder Eintöpfe. Die größeren Blätter eignen sich besonders gut für Kohlrouladen. Sehr bekannt ist in der Schweiz auch das Eintopfgericht Pot-au-feu, das mit Siedfleisch serviert wird. Wirsing ist auch gelegentlich Teil des Suppengrüns.[4]
Inhaltsstoffe
Wirsingkohl hat 31 Kilokalorien pro 100 g, enthält wie alle Kohlsorten reichlich Senfölglykoside, besonders viel Chlorophyll, doppelt so viel Eiweiß, Fette, auch Eisen und Phosphor als Weiß- und Rotkohl, ferner Carotine, mehrere B-Vitamine. Roh deckt er mit 100 g den Tagesbedarf an Vitamin C. [9]
Lagerung
Die Köpfe von Wirsing sind nicht so lange haltbar wie Weiß- oder Rotkraut.[10] Spätsorten, die gegenüber Frost widerstandsfähiger sind, können auf dem Feld stehen bleiben und so überwintern.[7] Wirsing ist gegenüber anderen Kopfkohltypen am widerstandsfähigsten gegenüber Frost.[8]
Einzelnachweise
- ↑ Mansfeld's World Database of Agriculture and Horticultural Crops Online-Abfrage. IPK Gatersleben, abgerufen am 11. Februar 2010 (englisch).
- ↑ 2,0 2,1 2,2 H.L. Vilmorin: choux de milan, In: Les Plantes Potagères; Descroption et culture des Proncipaux Légumes des climats tempéré., Troisième Édition, 1904, S. 135-143.
- ↑ J. Schlaghecken et al.: Anbau und Sortenhinweise für den Gemüsebau 1999/2000, Neustadter Hefte, Nr. 5, 9. erweiterte Auflage, 1998, S. 110-111.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 F. Keller, J. Lüthi, K. Röthlisberger: Wirz, in: 100 Gemüse, Erste Auflage, 1986, S. 54-57.
- ↑ 5,0 5,1 J. Becker-Dillingen: Handbuch des gesamten Gemüsebaues, 1950, S. 308-315.
- ↑ 6,0 6,1 6,2 J. Böttner: Gartenbuch für Anfänger - Der Berater im Anlegen, Bepflanzen und Pflegen des Gartens, im Obstbau, Gemüsebau und in der Blumenzucht, 22. Auflage, Gartenbauverlag Trowitzsch&Sohn, Frankfurt/Oder und Berlin, 1940, S. 275.
- ↑ 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 M. Blangstrup Jørgensen et al.: Grøntsager på friland, GartnerINFO, København, 2. Ausgabe, Nachdruck, 1987, S. 262-263, ISBN 8-7880-7754-3.
- ↑ 8,0 8,1 K. Reichelt und N. Nicolaisen: Die Praxis des Gemüsebaues - Lehr und Handbuch für den praktischen Anbauer und zum Gebrauch an Lehranstalten, Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Berlin, 1931, S. 130-131.
- ↑ Ingeborg Münzing-Ruef: Kursbuch gesunde Ernährung: Die Küche als Apotheke der Natur. Heyne, 2000, ISBN 978-3-453-12256-7.
- ↑ L. Müller et al.: Gemüsebau - Ein Hand- und Lehrbuch für die gärtnerische Praxis, ca. 1937, S. 439.