Anglerinnen und Angler sorgen für Fischartenvielfalt im Baggersee
Bio-News vom 13.05.2019
Forschende haben die Fischgemeinschaften in anglerisch bewirtschafteten und unbewirtschafteten Baggerseen verglichen. Die von Freizeitanglerinnen und -anglern bewirtschafteten Seen zeichneten sich durch eine höhere natürliche Artenvielfalt aus als Baggerseen ohne fischereiliche Bewirtschaftung. Nicht-heimische Fischarten kamen in beiden Seentypen hingegen nur sporadisch vor.
Baggerseen sind vom Menschen geschaffene Ökosysteme. Sie werden in der Regel durch das Grundwasser gespeist. Fehlt eine Verbindung zu benachbarten natürlichen Gewässern wie Flüssen, werden sie nur langsam von Fischen besiedelt. Forschende des IGB und Vertreter des AVN haben in einem von Bundesforschungs- und Bundesumweltministerium sowie dem Bundesamt für Naturschutz geförderten Projekt die Fischgemeinschaften anglerisch bewirtschafteter und unbewirtschafteter Baggerseen in Niedersachsen miteinander verglichen. Das überraschende Ergebnis: Von Anglern bewirtschaftete, künstlich entstandene Seen weisen im Vergleich zu unbewirtschafteten Baggerseen eine deutlich höhere natürliche Fischartenvielfalt auf.
Publikation:
Matern, S., Emmrich, M., Klefoth, T., Wolter, C., Nikolaus, R., Wegener, N., R. Arlinghaus
Effect of recreational-fisheries management on fish biodiversity in gravel pit lakes, with contrasts to unmanaged lakes
Journal of Fish Biology
DOI: 10.1111/jfb.13989
In den untersuchten bewirtschafteten Baggerseen kamen in der Regel neun bis elf verschiedene Fischarten vor, in den unbewirtschafteten rund drei bis fünf. IGB-Fischereibiologe Sven Matern erläutert: "Angler werden von manchen Naturschützern als Störfaktor an Gewässern angesehen. Unsere Erhebungen zeigen jedoch, dass Freizeitfischer vor allem als Heger von Gewässern wirken, indem sie helfen, artenreiche Fischgemeinschaften in Baggerseen zu etablieren, die denen von natürlichen Seen sehr stark ähneln.“
Die Forschenden fanden außerdem heraus, dass insbesondere anglerisch begehrte heimische und teilweise bedrohte Raubfische wie Hecht, Barsch und Aal häufiger in den bewirtschafteten Baggerseen anzutreffen sind. Unbewirtschaftete Seen werden vor allem von Kleinfischen wie Moderlieschen oder Stichlingen besiedelt. Die oft gefürchteten invasiven und nicht-heimischen Fischarten wie Graskarpfen oder Forellenbarsche konnten die Forschenden in den untersuchten Baggerseen hingegen kaum nachweisen, egal ob bewirtschaftet oder nicht. Allerdings wurden überraschenderweise in einem nicht-bewirtschafteten Baggersee Goldvarianten von Rotfedern nachgewiesen; Fische, die typischerweise in Gartenteichen vorkommen und wohl von Privatpersonen illegal in den Baggersee ausgesetzt wurden.
Über BAGGERSEE
Unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin startete in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Robert Arlinghaus (www.ifishman.de) am 01.06.2016 das Projekt BAGGERSEE in Zusammenarbeit mit dem Anglerverband Niedersachsen e.V. (AVN) und der Technischen Universität Berlin. Insgesamt 20 Angelvereine des AVN sind beteiligt.
Das Verbundprojekt aus Fischereiwissenschaft, Biologie, Ökonomie sowie Anglerinnen und Anglern erforscht den ökologischen und den sozialen Wert von Baggerseen und vergleicht den etablierten Fischbesatz mit anderen Hegemaßnahmen wie dem Einbringen von Totholz und dem Schaffen von Flachwasserzonen, die hauptsächlich auf die Aufwertung des Lebensraums ausgerichtet sind.
Durch die Umsetzung einer guten fachlichen Praxis in der Angelfischerei sollen die generelle Artenvielfalt sowie die Ökosystemleistungen kleiner Baggerseen (vor allem die Naherholung, inklusive Angeln) gefördert und miteinander in Einklang gebracht werden. Die Projektergebnisse sollen einen Beitrag zur Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung liefern.
BAGGERSEE wird gemeinsam vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)gefördert. Das BfN/BMU fördert im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt. Das Vorhaben trägt zur Forschung für Nachhaltige Entwicklungen (FONA, www.fona.de) bei.
„Die Ergebnisse sind ein Beleg, dass die anglerische Bewirtschaftung zur Etablierung natürlicher Fischgemeinschaften in Baggerseen beiträgt, nicht hingegen zur Verbreitung nicht-heimischer Arten und auch nicht zur Ausbildung naturferner Fischgemeinschaften. Auch zeigte sich, dass der Baggersee um die Ecke für eine Vielzahl von Fischarten ein geeigneter Lebensraum ist, der dem Rückgang der biologischen Vielfalt ein Stück weit Einhalt gebieten kann“, resümiert Projektleiter Prof. Dr. Robert Arlinghaus vom IGB und der Humboldt-Universität zu Berlin.
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