Auf der Kippe: Brasiliens Küstenregenwald



Bio-News vom 03.05.2021

Wissenschaftler haben den Einfluss der aktuellen Landnutzung auf die Vogel- und Amphibienwelt des Atlantischen Regenwalds im südöstlichen Brasilien untersucht. Mit einer Studie zeigt das Team, dass die Aufforstung mit Eukalyptus-Monokulturen zu einer Veränderung der Artenzusammensetzungen führt und gebietsfremde Arten begünstigt. Die bislang festgesetzten „kritischen Umweltschwellenwerte“, nach denen es zu negativen Veränderung im Waldökosystem kommt, sind laut den Forschenden zu hoch angesetzt.

Der Atlantische Regenwald im Südosten Brasiliens steht unter einem starken vom Menschen verursachten Druck: Schätzungen zufolge sind nur noch zwischen 11 und 16 Prozent der ursprünglichen Waldfläche unversehrt. Seit den 1970er-Jahren werden hier auf den gerodeten Flächen immer häufiger Eukalyptus-Monokulturen angepflanzt.

„Fast 72 Prozent der brasilianischen Bevölkerung leben an den geografischen Grenzen dieses Gebietes und sind stark von den dort erbrachten Ökosystemleistungen abhängig“, erklärt Dr. habil. Raffael Ernst von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden und fährt fort: „Die Degradierung dieser Landschaft ist daher extrem besorgniserregend. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Brasiliens Staatschef Bolsonaro das Staatsbudget für den Umweltschutz gerade um fast ein Viertel gekürzt hat“.


Auch Vögel, wie der Bunttukan (Ramphastos dicolorus) sind massiv vom Landnutzungswandel in Brasilien betroffen.

Publikation:


Paula Ribeiro Anunciação, Fabio M. Barros, Milton Cezar Ribeiro, Luis Marcelo Tavares de Carvalho, Raffael Ernst
Taxonomic and functional threshold responses of vertebrate communities in the Atlantic Forest Hotspot
Biological Conservation Volume 257, May 2021, 109137

DOI: 10.1016/j.biocon.2021.109137



Ernst hat gemeinsam mit brasilianischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die derzeitige Landnutzung im Atlantischen Regenwald und deren Auswirkung auf die Amphibien und Vogelgemeinschaft anhand von 47 verschiedenen Probengebieten nordöstlich von São Paulo analysiert. Dabei untersuchten sie anhand von acht Umweltparametern, wann „Schwellenwerte“ für ein ungestörtes Ökosystem überschritten werden. „Unser Studie zeigt, dass die Schwellenwerte bislang viel zu hoch angesetzt wurden – die derzeitige Landnutzung verändert die Artenzusammensetzungen in den von uns untersuchten Organismengruppen bereits deutlich. Speziell die massive Aufforstung mit Eukalyptus führt dazu, dass gebietsfremde Arten, wie etwa der Amerikanische Ochsenfrosch sich ausbreiten, während heimische Arten und auch solche, die beispielsweise aufgrund ihrer Funktion als Samenausbreiter, wichtige Ökosystemfunktionen übernehmen verschwinden.“


Phyllomedusa burmeisteri – eine der vielen Froscharten, die im Atlantischen Regenwald heimisch sind.

Das Team zeigt anhand ihrer Daten, dass Amphibiengemeinschaften sich bereits ändern, wenn weniger als 10 Prozent ihres Lebensraums mit Eukalyptus bepflanzt werden. Die Artenzusammensetzung bei Vögeln ändert sich bereits ab einem Verlust von 20 Prozent der ursprünglichen Waldfläche. „Frösche und Co sind vergleichsweise schneller betroffen, da sie weniger mobil sind und sich dadurch auch nicht so leicht einen neuen Lebensraum suchen können“, ergänzt der Dresdner Herpetologe.

Die Forschenden zeigen aber auch, dass die Arten nicht einfach aussterben, sondern dass vielmehr neue Artengemeinschaften entstehen – über deren funktionale Bedeutung für das Ökosystem aber noch wenig bekannt ist.



Diese Newsmeldung wurde mit Material des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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