Ernährungsumstellung: Die Kreativität der fleischfressenden Pflanzen



Bio-News vom 30.01.2023

In tropischen Gebirgen nimmt die Zahl der Insekten mit zunehmender Höhe ab. Dadurch verschärft sich in Gebirgshochlagen die Konkurrenz zwischen Pflanzenarten, die sich auf den Fang von Insekten als wichtige Nährstoffquelle spezialisiert haben.

Wie kreativ einige dieser Pflanzenarten mit dieser Situation umgehen, zeigt ein Forschungsteam mit Prof. Dr. Gerhard Gebauer von der Universität Bayreuth in den „Annals of Botany“. Auf Borneo haben einige Arten der Kannenpflanze Nepenthes ihre Ernährung umgestellt: Mit ihren Fangfallen, die ursprünglich der Erbeutung von Insekten dienten, nehmen sie den Kot von Säugetieren auf und sind dadurch sogar besser mit Nährstoffen versorgt als zuvor.


Kannenpflanze der Gattung Nepenthes auf der Insel Borneo.

Publikation:


Adam T. Cross et al.
Capture of mammal excreta by Nepenthes is an effective heterotrophic nutrition strategy

Annals of Botany 130: 927–938 (2022)

DOI: 10.1093/aob/mcac134



Analysen im Labor für Isotopen-Biogeochemie der Universität Bayreuth haben die Entdeckung dieser erfolgreichen Strategie der Anpassung an eine verschärfte Konkurrenzsituation möglich gemacht. Aus früheren Untersuchungen war bekannt, dass Pflanzen, die sich entweder von erbeuteten Insekten oder von tierischen Exkrementen ernähren, im Vergleich mit „vegetarisch“ lebenden Pflanzen deutlich höhere Anteile des Stickstoff-Isotops 15N enthalten. Es war jedoch unklar, welche der beiden Ernährungsstrategien vorteilhafter ist. Der Bayreuther Biologe und Isotopenforscher Prof. Dr. Gerhard Gebauer und seine Masterstudentin Miriam Wickmann haben daher den Stickstoff in Kannenpflanzen-Arten analysiert, die aus Gebirgshochlagen des malaysischen Teils der Insel Borneo stammten.

Ernährungsumstellung: Die für Insekten bestimmte Fangfalle wurde zur Kloschüssel umfunktioniert.

In diesen Regionen ist der Stickstoff-Gewinn durch Insektenfang oder tierische Exkremente ein wichtiger Konkurrenzvorteil, da die Böden extrem arm an Stickstoff sind. Das Ergebnis der Analysen: Von einer Ausnahme abgesehen, enthielten alle untersuchten Arten in ihrem Gewebe mehr 15N als die in direkter Nachbarschaft lebenden „vegetarischen“ Pflanzenarten. Im Gewebe von Kannenpflanzen, die ihre Ernährung auf tierische Exkremente umgestellt hatten, war der 15N-Anteil sogar mehr als doppelt so hoch wie in denjenigen Kannenpflanzen, die am Insektenfang festhielten.

„Ein hoher Anteil des Stickstoff-Isotops 15N im pflanzlichen Gewebe ist ein eindeutiger Indikator für eine verbesserte Versorgung mit Stickstoff und anderen wichtigen Nährstoffen. Unsere Untersuchungen zeigen deshalb klar, dass sich der Umstieg auf Kot als neue Nahrungsquelle gelohnt hat. Um ihre Ernährung umzustellen, mussten die Kannenpflanzen einfach nur ihre Fangfallen umfunktionieren: Früher haben sie mit Farben und Dürften Insekten angelockt und eingefangen, jetzt laden sie mit ihren zuckerabsondernden Nektarien die auf Borneo heimischen Kleinsäugetiere ein, ihre Exkremente darin abzulegen. Aus Fangfallen sind Kloschüsseln geworden.

Diese Funktionsänderung ist ein überraschendes Beispiel dafür, dass Pflanzen in der Lage sind, ihre Ernährung kreativ anzupassen. Derartige Entwicklungen sollten künftig noch genauer untersucht werden. Die gewonnenen Erkenntnisse werden dazu beitragen, Pflanzen unter veränderten klimatischen und ökologischen Lebensbedingungen besser zu schützen“, sagt Gebauer. Von solchen Schutzmaßnahmen werden nicht zuletzt auch die Kannenpflanzen profitieren: 40 Prozent ihrer Arten werden zurzeit als stark gefährdet, gefährdet oder bedroht eingestuft.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Bayreuth via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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