Erste Fluginsekten waren Gleitflieger
Bio-News vom 22.05.2014
Beweise durch fossiles Ur-Insekt.
Die Entwicklung der Flugfähigkeit ist eines der Schlüsselmerkmale, das zum Erfolg der Insekten als artenreichste Tiergruppe beitrug. Bei der Untersuchung eines 10 cm langen fossilen Rieseninsektes kamen Wissenschaftler des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart in Zusammenarbeit mit einem Kollegen der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Budweis zu bemerkenswerten Erkenntnissen: Die Forscher fanden konkrete Hinweise darauf, dass es sich bei dem Ur-Insekt Carbotriplura kukalovae um ein fossiles Bindeglied zwischen den ungeflügelten Silberfischchen und den Fluginsekten handelt, das den Ursprung der Fluginsekten als passive Gleitflieger nahe legt.
Publikation:
Staniczek, A.H., Sroka, P., Bechly, G.
Neither silverfish nor fowl: The enigmatic Carboniferous Carbotriplura kukalovae Kluge, 1996 (Insecta: Carbotriplurida) is the putative fossil sister group of winged insects (Insecta: Pterygota)
Systematic Entomology
DOI: 10.1111/syen.12076
Die Entwicklung der Flugfähigkeit ist eines der Schlüsselmerkmale, das zum Erfolg der Insekten als artenreichste Tiergruppe beitrug. Bis heute war jedoch umstritten, ob die frühen Ahnen der Fluginsekten passive Gleiter oder aktive Flatterer waren.
Bei der Untersuchung eines bereits vor 30 Jahren entdeckten, 10 cm langen fossilen Rieseninsektes, das vor über 300 Millionen Jahren in böhmischen Sumpfwäldern der Steinkohlezeit lebte, kamen Dr. Arnold Staniczek und Dr. Günter Bechly, Wissenschaftler des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart, in Zusammenarbeit mit ihrem tschechischen Kollegen Dr. Pavel Sroka, Tschechische Akademie der Wissenschaften in Budweis, zu bemerkenswerten Erkenntnissen:
Die Forscher fanden konkrete Hinweise darauf, dass es sich bei dem Ur-Insekt Carbotriplura kukalovae um ein fossiles Bindeglied zwischen den ungeflügelten Silberfischchen und den Fluginsekten handelt, das den Ursprung der Fluginsekten als passive Gleitflieger nahe legt.
Die Analyse der Wissenschaftler widerlegte frühere Hypothesen, die das Fossil zu den ungeflügelten Silberfischchen oder Wasser lebenden Eintagsfliegenlarven stellten. Mehrere Merkmale sprechen hingegen für eine nähere Verwandtschaft mit den Fluginsekten, so etwa lange Laufbeine und vergrößerte Mittel- und Hinterbrustsegmente, die später bei Fluginsekten die beiden Flügelpaare tragen. Weitere Merkmale, wie verkleinerte Hüften der Hinterleibsbeinchen, vergrößerte Komplexaugen sowie vor allem seitlich verbreiterte Rückenschilde an den Brust- und Hinterleibssegmenten unterstützen ebenfalls diese Hypothese. Die seitlich verbreiterten Rückenschilde an Brust und Hinterleib ermöglichten dem Insekt nach Auffassung der Wissenschaftler das Herabgleiten von urzeitlichen Bäumen.
Evolutionsbiologen postulierten seit langem die Existenz eines solchen „Missing Links“ und erstellten hypothetische Rekonstruktionen, denen das nun untersuchte Fossil frappierend ähnelt. Die neuen Ergebnisse bestätigen zudem die Theorie, dass die Flügel der Insekten sich aus tragflächenartigen Rückenplatten entwickelten, was die Stuttgarter Forscher schon 2011 bei ihrer Aufsehen erregenden Entdeckung der Chimärenflügler vermutet hatten.
Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.