Erstnachweis des Luchses im Thüringer Wald: Rückkehr der scheuen Katze nach 200 Jahren



Bio-News vom 10.03.2018

Wissenschaftler des Forschungszentrums iDiv und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) haben mit Unterstützung eines ortsansässigen Naturschützers im Thüringer Wald erstmalig den Luchs nachgewiesen. Nördlich von Oberschönau wurde ein erwachsenes Tier mit Hilfe einer Kamerafalle fotografiert. Damit ist die Rückkehr des scheuen Beutegreifers in den Thüringer Wald 200 Jahre nach seinem Verschwinden zweifelsfrei nachgewiesen.

Der Luchs ist ein scheues Tier. Aber Dirk Hirsch ist ein hartnäckiger Mann. Seit Jahren jagt der 49-Jährige nach einem wasserdichten Beweis, dass der Luchs zurück ist im Thüringer Wald. Hinweise hat er zur Genüge gefunden: ein gerissenes Hirschkalb mit Kehlbiss, Kratzspuren im Fell, Spuren im Schnee, eine unklare Sichtung. Als Beweis reichte dies nicht. Im Sommer 2017 nahm der gelernte Tischler und bekennende Naturschützer Kontakt auf mit der Forschungsgruppe „Biodiversität und Naturschutz“ des Forschungszentrums iDiv und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Die Forscher stellten Hirsch zwanzig Fotofallen – Kameras mit Bewegungsauslösern – zur Verfügung. In wenigen Monaten schoss Dirk Hirsch über 9.000 Fotos. Auf einem war ein Tier zu erkennen, das ein Luchs hätte sein können. Aber das Foto war unscharf, als Beweis reichte es nicht.


Eine Kamerafalle lieferte den Beweis: Der Luchs ist in den Thüringer Wald zurückgekehrt.

Publikation:


iDiv, Dirk Hirsch
Erstnachweis des Luchses im Thüringer Wald

Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung



Die Fotos von Mitte Februar 2018 lassen keinen Zweifel mehr zu: Der Luchs ist zurück im Thüringer Wald – 200 Jahre nach seiner Ausrottung. Die Aufnahmen und zusätzliche Spuren wurden mittlerweile vom Thüringer Landesamt für Umwelt und Geologie bestätigt. Umweltministerin Anja Siegesmund: „Wir freuen uns sehr, den Luchs endlich wieder auch im Thüringer Wald begrüßen zu können. Unsere Bemühungen nach unzerschnittenen Korridoren zeigen Wirkung. Das Engagement vieler für Wildkatze und Luchs wird nun belohnt. Willkommen Luchs!“

Prof. Henrique Pereira, Leiter der Forschungsgruppe „Biodiversität und Naturschutz“ bei iDiv und MLU ergänzt: „Dass der Luchs nach 200 Jahren in den Thüringer Wald zurückgekehrt ist, ist ein toller Erfolg für den Naturschutz. Selbst in unserer dicht besiedelten Landschaft ist so etwas möglich, wenn wir diesen Tieren Lebensraum bieten und bereit sind, die Rückkehr von Wildnis zuzulassen.“

Woher der Luchs gekommen ist, und ob er sich im Thüringer Wald ansiedelt oder nur auf der Durchreise ist – das ist noch nicht klar. Möglicherweise stammt das Tier aus dem Nationalpark Harz oder dem Bayerischen Wald, die als Kerngebiete des Luchses gelten. Falls der Luchs im Thüringer Wald sesshaft wird, könnte das Gebiet zu einem wichtigen Trittstein werden bei der weiteren Ausbreitung des Luchses.

Die Rückkehr von großen Säugetieren ist ein Phänomen, das in ganz Europa zu beobachten ist. Luchs und Wolf, aber auch Biber, Wildkatze und Huftiere erobern ursprüngliche Lebensräume zurück. Dabei profitieren sie vom Schutz gegen Bejagung und vom Schutz ihrer Lebensräume sowie von deren Vernetzung.

Die Wissenschaftler von iDiv und MLU untersuchen, wie große Säugetiere ihre Lebensräume nutzen und welche Effekte sie auf ihre Lebensräume haben. Forschungsprojekte dazu gibt es u.a. im Nationalpark Harz und in Portugal. Die Forscher erarbeiten Konzepte, wie wichtige Prozesse in Ökosystemen wiederhergestellt werden können – zum Beispiel die Ausbreitung von Tieren und Pflanzen oder die Regulierung von Wildbeständen. Ziel ist es, die Widerstandsfähigkeit der Natur gegen Umweltveränderungen zu verbessern. Die Rückkehr großer Säugetiere kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Dabei ist es ein erklärtes Ziel der Forscher, Maßnahmen zu entwickeln, die in Einklang stehen mit der umgebenden Kulturlandschaft und mit den betroffenen Menschen. Die Rückkehr des Luchses in den Thüringer Wald zeigt, dass dies möglich ist.


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