Kresse hat sich genetisch an schwermetall-verseuchte Böden angepasst



Bio-News vom 13.12.2018

Blei, Zink, Cadmium: Was Mensch, Tier und die meisten Pflanzen schwer krank macht, stört die Hallersche Schaumkresse wenig. Sie hat sich genetisch so angepasst, dass sie auch auf Böden wachsen kann, die mit Schwermetallen verseucht sind. Dies wiesen Forschende der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL an Pflanzen von unterschiedlich stark belasteten Standorten nach.

Die polnische Olkusz-Region, die eines der grössten Blei-Zink-Vorkommen der Welt und entsprechend viele Minen beherbergt, hält einen traurigen Rekord: Hier liegen einige der am stärksten verseuchten Böden Europas. Die mittleren Konzentrationen von Cadmium, Zink und Blei können fünf- bis zehnmal so hoch sein wie die Sanierungsgrenzwerte in der Schweiz. Pflanzen wachsen schlecht hier, denn die Schwermetalle verlangsamen die biologische Aktivität im Boden und behindern wichtige Prozesse in den Pflanzenzellen.

Die Hallersche Schaumkresse (Arabidopsis halleri) jedoch gedeiht in dieser Region prächtig. Sie hat im Laufe der Evolution einen besonders effektiven Umgang mit Umweltgiften erworben. Dies wiesen Forschende der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL gemeinsam mit Forscherinnen von der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN) in Krakau in einer genetischen Studie nach. Sie stützen sich dabei auf einen polnischen Feldversuch, bei dem Kressepflanzen von vier Standorten – zwei verseuchten und zwei unverseuchten – untersucht wurden.


Die Böden rings um Blei- und Zinkminen, wie hier in Olkusz-Boleslaw in der Woiwodschaft Kleinpolen, Polen, sind massiv mit Schwermetallen verseucht.

Publikation:


Christian Sailer et al.
Transmembrane transport and stress response genes play an important role in adaptation of Arabidopsis halleri to metalliferous soils
Scientific Reports, volume 8, Article number: 16085 (2018)

DOI: 10.1038/s41598-018-33938-2



Reaktion auf Umweltstress

Die WSL-Forscher Christian Sailer und Christian Rellstab haben das gesamte Genom der verschiedenen Gewächse untersucht. «Wir haben bei Pflanzen von Standorten mit und ohne Schwermetalle markante Unterschiede an bestimmten Stellen im Genom gefunden», sagt Rellstab. «Dies dürfte damit zusammenhängen, dass sich diese Kresse an Schwermetalle im Boden angepasst hat, und zwar durch genetische Veränderungen an genau diesen Stellen.» Die betreffenden Gene steuern Reaktionen, mit denen Pflanzen auf widrige Umweltbedingungen reagieren. In einem Fall handelt es sich um den Transport von Metallen in bestimmte Zellbestandteile, die Vakuolen, in denen Schwermetalle und andere Gifte eingelagert und so unschädlich gemacht werden. Andere der entdeckten Erbgutabschnitte gehören zum Reparatursystem, das durch Schwermetalle verursachte Schäden an Zellbestandteilen oder an der DNA korrigiert.

Böden mit Pflanzen reinigen

Diese Resultate, die in der Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht wurden, sind für die Sanierung von verseuchten Standorten von Bedeutung – möglicherweise auch in der Schweiz. Laut dem Altlasten-Kataster sind über 30‘000 Standorte auf einer Fläche von insgesamt 220 Quadratkilometern mit Chemikalien und Schwermetallen belastet, was der Grösse des Kantons Zug entspricht. Rund 4000 Standorte werden saniert. Die Begrünung mit Pflanzen ist ein möglicher Weg dafür, indem entweder der Bewuchs den belasteten Boden stabilisiert, oder indem die Pflanzen die Schadstoffe aufnehmen, welche dann durch Ernten entfernt werden können. Die Hallersche Schaumkresse ist zwar zu klein dafür, aber ein sehr gutes Forschungsobjekt. Sie kann nämlich nicht nur extrem hohe Schwermetallkonzentrationen aushalten, sondern auch grosse Mengen davon aus dem Boden aufnehmen und in ihren Pflanzenzellen unschädlich einlagern. Die aktuelle Studie zeigt, dass dabei vor allem die Transport-Gene eine wichtige Rolle spielen. Diese Mechanismen besser zu verstehen, könnte dabei helfen, besonders widerstandsfähige Pflanzen für die Bodensanierung zu züchten.

«Damit wir angepasste Pflanzen für die Sanierung verwenden können, müssen wir die Mechanismen der Schwermetall-Anpassung genau kennen», sagt der Pflanzenphysiologe Pierre Vollenweider von der WSL. Die Studie baut auf Erfahrungen der WSL-Forschenden mit dem Genom von A. halleri auf, sowie auf frühere Forschungsprojekte zur Anpassung von Pflanzen an Schwermetalle und andere Umweltbelastungen. Die Zusammenarbeit mit den polnischen Kolleginnen entstand durch das erste Sciex-Programm, ein Förderprogramm des Bundes im Rahmen der EU-Osterweiterung.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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