Licht ins Dunkel: unbekannte Insektenvielfalt in Deutschland
Bio-News vom 14.01.2022
In Deutschland gibt es wohl viel mehr noch unentdeckte Fliegen- und Mückenarten als bisher angenommen. Dies zeigen neue Ergebnisse des nationalen DNA-Barcoding-Projekts „German Barcode of Life III“ (GBOL III), welches gezielt bisher unbekannte Arten, sogenannte “Dark Taxa”, in unserer heimischen Fauna aufgespürt.
Wie viele noch unbekannte Tierarten gibt es in Deutschland? Dies erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Rahmen des DNA-Barcoding-Projekts „German Barcode of Life“ (GBOL) an der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM). Die Zoologinnen und Zoologen nehmen an, dass in Tiergruppen wie Insekten und Spinnentieren selbst in der heimischen Fauna noch Tausende unbekannter Arten zu entdecken sind. Eine neue genetische Studie zeigt nun, dass vor allem in der großen Insektengruppe der Zweiflügler (Diptera), zu denen Fliegen und Mücken gehören, hierzulande tausende von Arten existieren, die bisher nicht bekannt sind. In Deutschland kennt man bisher rund 9.500 Fliegen- und Mückenarten. Mindestens 1800-2200 Arten aus dieser Insektengruppe warten in Deutschland noch auf ihre Entdeckung, schätzen die Forscherinnen und Forscher der ZSM. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bezeichnen diese Arten als “Dark Taxa” - gemeint sind damit Arten, die noch keinen wissenschaftlichen Namen haben.
Publikation:
Chimeno C, Hausmann A, Schmidt S, Raupach MJ, Doczkal D, Baranov V, Hübner J, Höcherl A, Albrecht R, Jaschhof M, Haszprunar G, Hebert PDN
Peering into the Darkness: DNA Barcoding Reveals Surprisingly High Diversity of Unknown Species of Diptera (Insecta) in Germany
Insects. 2022; 13(1):82
German Barcode of Life„Der hohe Anteil unentdeckter Artenvielfalt in einem vermeintlich gut untersuchten Land hat uns überrascht. Wir kennen in Deutschland etwa 33.000 Insektenarten. Doch unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass es viel mehr Insektenarten bei uns gibt, als wir kennen. Mit „GBOL III: Dark Taxa“ schaffen wir eine wichtige wissenschaftliche Grundlage, um den Rückgang der Insekten insgesamt in Deutschland besser zu verstehen“, so Dr. Stefan Schmidt, einer der Leiter der DNA-Barcoding-Projekte an der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM).
Für die Studie wurden 48.000 Insekten genetisch untersucht. Die Proben wurden über einen Zeitraum von sechs Jahren an verschiedenen Standorten im Bayerischen Wald, den Allgäuer Alpen, und im städtischen Bereich auf dem Gelände der Zoologischen Staatssammlung München gesammelt. Die Gensequenzierung der Insekten erfolgte im Rahmen des nationalen Verbundprojektes „GBOL III: Dark Taxa“. Die DNA-Barcoding-Methode eignet ganz besonders für die Untersuchung von artenreichen, taxonomisch schwierigen Insektengruppen. Dabei werden genetische Kennsequenzen ermittelt, anhand derer sich unbekannte Arten entdecken lassen und mit denen bekannte Arten zuverlässig und schnell bestimmt werden können.
Zu den beteiligten Institutionen gehören das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn, das Staatliche Museum für Naturkunde in Stuttgart, die Universität Würzburg sowie die Entomologische Gesellschaft Krefeld. In dem Projekt sollen Methoden entwickelt werden, um die Erfassung und Identifizierung bisher unbekannter Insektenarten in der deutschen Fauna drastisch zu beschleunigen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
Freier Zugang zu einer Globalen Online-Bibliothek
Die Ergebnisse des Projekts werden in einer globalen Online-Bibliothek Fachleuten und der Öffentlichkeit frei zur Verfügung gestellt. Ziel der Initiative ist es, eine Datenbank zu schaffen, mit der jedes unbekannte Tier, das in Deutschland gefunden wird, anhand seiner DNA bestimmt werden kann. Bisher wurden von den Münchener Forschern genetische Kennsequenzen von weltweit etwa 50.000 Tierarten erstellt.
Diese Newsmeldung wurde mit Material Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.