Neue knurrende Froscharten aus Madagaskar beschrieben
Bio-News vom 15.12.2022
Arbeiten gegen Zeit: Es gilt neue Arten zu entdecken, bevor sie endgültig von unserem Planeten verschwinden - mit dem Ziel die verbleibende biologische Vielfalt besser schützen zu können. Jetzt hat ein internationales Zoologenteam die Taxonomie der Madagaskarfrösche ein großes Stück vorangebracht und gleich 20 neue Arten identifiziert und mit einem wissenschaftlichen Namen bedacht.
Die 20 neuen Froscharten gehören zur Gattung Mantidactylus, Untergattung Brygoomantis, die bisher nur 14 Arten umfasste. Diese kleinen, braunen Madagaskarfrösche sind zwar ausgesprochen häufig und leben oft entlang von kleinen Bächen in den feuchten Wäldern Madagaskars, sind aber für das Auge unscheinbar. Um die Weibchen anzulocken, stoßen die Männchen sehr spezielle Werberufe aus.
Publikation:
Scherz, M.D., Crottini, A., Hutter, C.R., Hildenbrand, A. et al.
An inordinate fondness for inconspicuous brown frogs: integration of phylogenomics, archival DNA analysis, morphology, and bioacoustics yields 24 new taxa in the subgenus Brygoomantis (genus Mantidactylus) from Madagascar.
Megataxa (2022)
„Die Rufe klingen typischerweise wie eine knarrende Tür oder ein knurrender Magen“, sagt der Erstautor Dr. Mark D. Scherz, Kurator für Herpetologie am Dänischen Naturhistorischen Museum, „Das Aufspüren der rufenden Männchen im Gelände ist eine echte Herausforderung, aber äußerst wichtig für die Identifizierung dieser vielen neuen Arten. Für uns Zoologen bedeutet das immer, eine Menge Zeit auf Händen und Knien kriechend im Schlamm zu verbringen.“
Entsprechend lange hat die Arbeit gedauert. „Diese Studie ist der Höhepunkt intensiver Feldarbeit in Madagaskar über mehr als 30 Jahre", sagt Dr. Frank Glaw, Kurator für Reptilien und Amphibien an der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM). „Unser Datensatz beinhaltet genetische Daten von über 1.300 Fröschen und morphologische Messungen von mehreren hundert Exemplaren.”
Eine entscheidende Komponente dieser Arbeit war der Einsatz modernster "museomics"-Technologien. Dabei wurde die DNA aus historischen Sammlungsexemplaren analysiert, um herauszufinden um welche Arten es sich handelt. Dies ist oft schwierig, da die DNA im Laufe der Zeit und durch verschiedene Chemikalien, die zur Konservierung von Tieren verwendet werden, zerfällt. Dem Team gelang es jedoch, von vielen relevanten Sammlungsstücken brauchbare DNA-Sequenzen zu erhalten.
„Dank Museomics konnten wir so etliche Exemplare eindeutig identifizieren, deren äußere Merkmale manchmal keine eindeutige Bestimmung zulassen", sagt Prof. Miguel Vences von der Technischen Universität Braunschweig, Letztautor der Studie. „Das gibt uns ein hohes Maß an Vertrauen in unsere Artbeschreibungen, das zuvor allein auf der Grundlage der Morphologie nicht möglich war.”
Dennoch gibt die Untergattung Brygoomantis den Forscherinnen und Forschern immer noch einige Rätsel auf. „Wir vermuten, dass es sich bei einigen genetischen Brygoomantis-Linien um eigenständige Arten handelt, für die uns aber noch nicht genügend Daten oder Material zur Analyse vorliegen", sagt Dr. Andolalao Rakotoarison, Ko-Vorsitzende der "Amphibian Specialist Group" für Madagaskar, „Auch bei den Arten, die nun einen wissenschaftlichen Namen tragen, haben wir bisher kaum Kenntnisse über ihre Biologie oder Ökologie. Um diese besser zu verstehen, müssen wir unsere Forschung in Madagaskar und in unseren Sammlungen noch einmal deutlich intensivieren.“
Diese Newsmeldung wurde mit Material Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.