Starker Rückgang einer einst zahlreichen Tierart
Bio-News vom 07.01.2021
Eine erneute Untersuchung der Puku-Antilopen im Kasanka Nationalpark in Sambia dokumentiert einen starken Rückgang. Das Wissen um die Populationen von Antilopen und deren Dynamik ist ein Schlüssel für ihren Schutz.
Säugetierkundler des Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig – Leibniz Institut für Biodiversität der Tiere (ZFMK) in Bonn haben eine erneute Untersuchung der Boviden im Kasanka Nationalpark in Sambia im November 2019 durchgeführt mit einem Fokus auf der Population der Puku-Antilope (Kobus vardonii). Die Ergebnisse der nun veröffentlichten Studie zeigt einen Rückgang der Population der Pukus um 84% im Vergleich zu einer früheren Untersuchung im Jahr 2009-2010. Änderungen in der Populationsstruktur und der Raumverteilung deuten darauf hin, dass Wilderei in Kombination mit weiteren ungünstigen Faktoren die Pukus negativ beeinflusst hat, und ebenso die anderen Arten der Boviden.
Publikation:
Vera Rduch and Thalia Jentke
Alarming decline of bovids in Kasanka National Park, Zambia: A case study of the puku antelope (Kobus vardonii)
Mammalian Species: 52 (994): 86-104
DOI: 10.1111/aje.12843
Die Populationsgrößte der Pukus wurde in den Jahren 2009-2010 auf 5.038 Individuen geschätzt. „Diese Erhebung der Population der Pukus im Kasanka Nationalpark war damals Teil meiner Dissertation, in der ich die Ökologie und den Populationsstatus von Pukus in ausgewählten Gebieten Sambias untersucht habe“, erzählt Dr. Vera Rduch vom ZFMK (Zentrale Koordinatorin von GBOL III: Dark Taxa und Sektion Theriologie), die führende Spezialistin für Pukus. Sie hat ebenfalls den kürzlich erschienenen Beitrag über die Pukus im Rahmen der „Mammalian Species“ geschrieben, die von der American Society of Mammalogists herausgegeben wird.
„Seit dieser Zeit habe ich meine Beziehungen nach Sambia, zum Kasanka Trust und dem Department of National Park & Wildlife gepflegt. Mehrere Male kam ich zurück nach Sambia um Gespräche zu führen, Vorträge zu halten und Ideen zu Antilopen und ihrem Schutz auszutauschen. Während meiner Reise im Jahr 2018 habe ich nur wenige Pukus im Kasanka Nationalpark gesehen, was mich sofort dazu gebracht hat, die Gemeinschaft der Boviden in diesem Schutzgebiet erneut zu untersuchen.“ Thalia Jentke, wissenschaftliche Hilfskraft in der Sektion Säugetiere, die bei der Datensammlung und –auswertung assistierte erwähnt: „Unser Ziel war es nicht nur eine einfache Schätzung der Anzahl der Tiere in der Population durchzuführen. Wir wollten zusätzliche Informationen über die Situation im Innern der Population und über die Verteilung der Tiere.“
Antilopen sind ein zentrales Element des Ökosystems der Afrikanischen Savannen. In Kombination mit Regenfällen, Feuer und den Nährstoffen in Boden regulieren Antilopen das Verhältnis von Bäumen und Gräsern im wechselnden Mosaik der Habitate. Da sie Beute der Fleischfresser sind, beeinflussen ihre Anzahl und Dynamik das Vorkommen und die Diversität der Raubtiere. Der Kasanka Nationalpark liegt im Norden der Zentralen Provinz und ist einer der kleinsten Nationalparks in Sambia. Er wird von einer Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Organisationen, vom Kasanka Trust Ltd. und dem Department of National Parks and Wildlife, geführt.
Der Kasanka Nationalpark ist berühmt für die Ansammlung von 10 Millionen Palmenflughunde (Eidolon helvum), die sich jedes Jahr zwischen November und Dezember einfinden. Weiterhin lebt hier die wohl dichteste und sehr gut sichtbare Population von Sitatunga-Antilopen (Tragelaphus spekii). Der Mittelpunkt dieser Studie ist die Puku-Antilope (Kobus vardonii Livingstone, 1857), eine mittelgroße, goldgelbe Antilope bei der nur die Männchen leierförmig geschwungene Hörner tragen. Sie ist entlang von Flüssen und Seen im südlichen zentralen Afrika verbreitet und während die größte Population in Tansania lebt, so kann Sambia als das Zentrum der Verbreitung angesehen werden.
Pukus sind in der Lage sich schnell zu vermehren. Eine bessere Bekämpfung der Wilderei kann helfen, die Situation für die Pukus zu verbessern – und hoffentlich für das gesamte einzigartige Ökosystem des Kasanka Nationalpark.
Dr. Vera Rduch vom ZFMK
Diese neue Untersuchung der Arten der Boviden hat genau die gleichen Methoden für die Datenerhebung und anschließenden Auswertungen verwendet, die für die vergangene Bestandserhebung 2009-2010 verwendet wurden. Das war die Grundlage, dass eine direkte Vergleichbarkeit zwischen beiden Untersuchungen gegeben ist, was vor allem die Daten aus dem November 2010 und dem November 2019 betrifft. Daten wurden im Feld im November 2019 über entlang von Linientransekten gesammelt. Für jede Sichtung, wurde die Art der Horträger sowie die Gruppengröße notiert. Weiterhin wurde eine der drei Habitat-Kategorien der Sichtung zugeordnet und, falls möglich, wurden Daten zu Geschlecht und Altersklasse sowie zur Körperverfassung der Tiere erhoben.
Die Ergebnisse sind alarmierend: die geschätzte Populationsgröße sank von 5.038 (3.268-7.238) Tiere in 2009-2010 auf 819 (250-2,708) Tiere im Jahr 2019. Das bedeutet einen Rückgang von 84%. Auch wurden kleinere Gruppen beobachtet. Innerhalb der Population konnten Anzeichen für Wilderei beobachtet werden: das waren Änderungen in der Populationsstruktur wie die Abnahme der Häufigkeiten von Männchen oder der geringere Anteil von Männchen-Gruppen. Zudem waren Änderungen in der Raumverteilung zur beobachten, wie etwa, dass der Rückgang der Populationsdichten entlang der Parkgrenzen besonders ausgeprägt war. Die Pukus sind wachsamer geworden, was sich in größeren Fluchtdistanzen im Vergleich von 2019 zu 2010 zeigte. Der Status der Pukus kann als Indikator für die gesamte Gemeinschaft der Boviden im Kasanka Nationalpark angesehen werden. Die Beobachtungen anderer Boviden in Bezug auf Arten, Häufigkeit und Anzahl der Tiere lag im November 2019 hinter dem, was vor 30 oder noch vor 10 Jahren berichtet wurde.
Eine ungünstige Kombination von mehreren, zum Teil zusammenhängenden Faktoren hat zu diesem Populationsrückgang der Pukus geführt. Die Wilderei hat aus verschiedenen Gründen in den letzten Jahren zugenommen und hat wohl den größten Einfluss, aber auch die letzten Jahre, die trockener waren als im Durchschnitt wirken sich ebenfalls aus. „Unsere Studie ist eine Momentaufnahme über den Status der Wildtiere im Kasanka Nationalpark“, sagt Dr. Vera Rduch „Pukus sind in der Lage sich schnell zu vermehren. Eine bessere Bekämpfung der Wilderei kann helfen, die Situation für die Pukus zu verbessern – und hoffentlich für das gesamte einzigartige Ökosystem des Kasanka Nationalpark.“ Das Schicksal dieser Antilope könnte mehr Aufmerksamkeit erregen, um eine angemessene Finanzierung für den Schutz zusammenzutragen und gemeinsame Anstrengungen zu mobilisieren, um diese einzigartige Wildnis zu bewahren.
Diese Newsmeldung wurde mit Material des Stiftung Zoologischens Forschungsmuseum Alexander Koenig, Leibniz-Instituts für Biodiversität der Tiere via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.