Wie wir mehr aus unseren Wäldern herausholen können
Bio-News vom 22.11.2018
Die meisten europäischen Wälder dienen vor allem der Holzproduktion. Der Wald bietet aber auch Erholungsraum und speichert Kohlendioxid, aber es ist nicht klar, wie Wälder für diese vielfältigen Vorteile bewirtschaftet werden können. Eine neue Studie unter der Leitung der Universität Bern zeigt nun, was die Forstwirtschaft verbessern kann, so dass Waldflächen möglichst viele Funktionen erfüllen.
Die Holzproduktion ist in der Regel das Hauptziel der Forstwirtschaft in Europa. Deshalb bestehen unsere Wälder meist aus wenigen wirtschaftlich wertvollen Baumarten in einheitlichen Beständen, deren Bäume alle ungefähr gleich alt sind. Andere Wälder sind auf Funktionen wie Lebensraumerhaltung oder Erholungsgebiet ausgelegt. Allen diesen Wäldern ist gemeinsam: sie erfüllen ihren Hauptzweck, könnten aber noch viele andere Funktionen weit besser erledigen. Der Wald reguliert beispielweise auch unser Klima und speichert Kohlendioxid.
Bisher war unklar, welche Art der Waldbewirtschaftung am meisten unterschiedliche Vorteile erbringen würde. Um zu sehen, wie die Forstwirtschaft verbessert werden kann, damit der Wald mehrere Ökosystemleistungen erbringt, untersuchte eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung der Universität Bern verschiedene Waldmerkmale auf 14 Ökosystemleistungen in mitteleuropäischen Wäldern. Dem Forschungskonsortium gehören insgesamt 21 Forschungseinrichtungen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich an. Die Studie wurde in Nature Communications veröffentlicht.
Publikation:
Felipe-Lucia, M.R. et al.
Multiple forest attributes underpin the supply of multiple ecosystem services
Nature communications, 2018
DOI: 10.1038/s41467-018-07082-4
Alte Bäume und viele Sträucher
Frühere Studien unter der Leitung der Universität Bern zeigen, dass es durchaus Wälder gibt, die mehrere Ökosystemleistungen gleichzeitig erbringen. Jedoch wusste man nicht, was diese Waldflächen auszeichnet. Die neue Studie untersuchte viele verschiedene Waldattribute wie die Anzahl der Baum- und Straucharten im Wald, die Variabilität der Waldstruktur oder das Alter der Bäume. Die Forscherinnen und Forscher identifizierten dann, welche dieser Attribute bestimmte Dienstleistungen fördern. Die Studie zeigt, dass Wälder mit alten Bäumen, vielen verschiedenen Straucharten und einer heterogenen Struktur mit Lichtungen am besten geeignet sind, um viele verschiedene – aber nicht alle möglichen – Dienstleistungen zu erbringen.
Diese Studie liefert Handlungsmöglichkeiten für die Praxis in der Forstwirtschaft und stützt die jüngsten Schritte in Richtung Förderung von multifunktionalen Wäldern. Die Hauptautorin der Studie, María Felipe-Lucia vom Institut für Pflanzenwissenschaften (IPS) der Universität Bern, sagt: „Wir konnten zeigen, dass vielfältige und alte Wälder im Allgemeinen die Besten waren. Je nachdem, welche Dienstleistungen sie fördern wollen, sollten sich Försterinnen und Förster aber auf bestimmte Waldattribute konzentrieren.“
Den „perfekten Wald“ gibt es nicht
„In unserer Studie verwendeten wir einen neuen Ansatz, um zu identifizieren, welche Faktoren andere Faktoren positiv oder negativ beeinflussen und so Synergien oder Kompromisse schaffen“, erklärt María Felipe-Lucia. Eine nützliche Synergie ergebe sich beispielweise bei zunehmendem Alter der Bäume: damit erhöhe sich die CO2-Speicherung sowie auch das Potential zur Vogelbeobachtung. Einige Kompromisse zwischen den Dienstleistungen seien unvermeidlich: „Nadelwälder produzieren zum Beispiel sehr viel Holz. Dafür ist die CO2-Speicherung weniger gut und in Nadelwäldern wachsen auch weniger kulturell wertvolle Pflanzen.“
Studien-Letztautor Eric Allan vom IPS fügt hinzu: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass man viele Dienstleistungen erreichen kann, wenn man die richtigen Waldattribute fördert. Aber es gibt keinen Waldtyp, der alle Dienstleistungen erbringen kann, die wir uns wünschen. Wir sollten daher ein Forstsystem anstreben, in dem es eine Mischung aus verschiedenen Waldlandschaften gibt, die unterschiedliche Eigenschaften haben.“
Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.