Worin unterscheidet sich eine Stadtfledermaus von einer Landfledermaus?



Bio-News vom 11.08.2022

Manche Fledermausarten kommen eher in Städten als auf dem Land vor. Ein Wissenschaftsteam untersuchte nun, welche Merkmale typisch für Fledermäuse des städtischen und ländlichen Raums sind. Das Team fand heraus, dass sich stadtaffine Fledermausarten durch niedrige Ruffrequenzen und relativ lange Rufdauern ihrer Echoortung, eine geringe Körpergröße und eine Flexibilität bei der Wahl des Tagesquartieres auszeichnen.

Die zunehmende Urbanisierung des ländlichen Raums könnte diese Arten begünstigen, während relativ große Arten mit hoher Ruffrequenz und kurzen Rufdauern sowie spezifischer Quartierwahl ins Hintertreffen geraten könnten, argumentiert das Autorenteam in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift „Global Change Biology“.

Städte sind für viele Wildtiere Extremstandorte mit höheren Umgebungstemperaturen als im direkten Umland und einer Vielzahl von durch den Menschen verursachten Störungen. Gleichzeitig bieten Städte auch viel Potenzial für Wildtiere, etwa bei der Suche eines Quartieres oder durch ein erweitertes Nahrungsangebot. So nutzen einige Fledermausarten bevorzugt Quartiere an oder in Gebäuden, beispielsweise auf nicht genutzten Dachböden, in Kellern oder in leerstehenden Häusern. Einige Fledermausarten erreichen in Städten besonders hohe Populationsdichten, während sie in ländlichen Räumen eher selten sind. Was macht aber eine Stadtfledermaus zu einer Stadtfledermaus, und eine Landfledermaus zu einer Landfledermaus? In welchen Merkmalen unterscheiden sich die stadtbewohnenden von den landbewohnenden Arten?


Rauhautfledermaus.

Publikation:


Wolf JM, Jeschke JM, Voigt CC, Itescu, Y
Urban affinity and its associated traits: a global analysis of bats
Global Change Biology

DOI: 10.1111/gcb.16320



„Anhand mehrerer Indizes untersuchten wir eine globale Datenbank von Fledermausarten hinsichtlich ihrer räumlichen Nähe zu städtischen Gebieten und leiteten daraus einen Wert für die Stadtaffinität jeder Art ab“, erklärt Erstautor Janis Wolf, aus dessen Masterarbeit in der Arbeitsgruppe von Prof. Jonathan Jeschke an der Freien Universität Berlin und dem IGB diese Publikation entstanden ist und der nun an der Universität Greifswald promoviert. „Wir nutzten verschiedene Indikatoren, um stadtaffine von weniger stadtaffinen Arten zu differenzieren. Anschließend analysierten wir, welche Merkmale der Arten - zum Beispiel die durchschnittliche Körpergröße, die Flügelform, die Frequenz ihrer Echoortungsrufe oder die Flexibilität bei der Wahl des Schlafplatzes - mit der jeweiligen Raumpräferenz und Lebensweise korrelieren.“

Basierend auf den Merkmalen und Raumdaten von 356 weltweit verbreiteten Fledermausarten (ein Viertel der 1.400 Fledermausarten auf unserem Planeten) ermittelte das Team, ob die jeweilige Art eher im städtischen oder eher im ländlichen Raum ihren Verbreitungsschwerpunkt hat. „Natürlich lagen die meisten Fledermausarten entlang eines Kontinuums, das reine stadtbewohnende Fledermausarten von jenen unterschied, die eher im ländlichen Gebieten wohnten“, erläutert PD Dr. Christian Voigt, Leiter der Abteilung für Evolutionäre Ökologie am Leibniz-IZW. „Wir stellen fest, dass besonders kleine Fledermausarten, und solche deren Echoortungsrufe relativ niedrigfrequent und lang waren, besonders häufig in Städten vorkommen“, so Voigt. Eine flexible Quartierwahl scheint ebenso vorteilhaft zu sein, da dies stadtbewohnenden Fledermäusen erlaubt, bei Störungen durch den Menschen kurzfristig zwischen verschiedenen Quartierstypen zu wechseln.

Im Rahmen ihrer Studie verwendete das Team verschiedene Indikatoren zur Beschreibung der Affinität von Fledermäusen für städtische Umgebungen. „Nachdem wir mehrere methodische Ansätze zur Quantifizierung der Stadtaffinität von Arten getestet hatten, stellten wir fest, dass die einfacheren Indizes ebenso gut waren wie die komplexeren. In der Praxis sollten die einfacheren Indizes daher die bevorzugte Wahl für künftige Studien sein", schließt Dr. Yuval Itescu vom IGB und der Freien Universität Berlin. Damit ist es nun möglich, die entsprechenden Indizes für die urbane Affinität auch auf andere Tiergruppen anzuwenden. Die Autoren argumentieren, dass die Identifizierung von Merkmalen, die erfolgreiche und weniger erfolgreiche Stadtbewohner kennzeichnen, nützlich sein kann, um diejenigen Arten zu identifizieren, die durch den weltweit rasch fortschreitenden Urbanisierungsprozess besonders bedroht sind. Solche Arten können anschließend für Schutzmaßnahmen priorisiert werden.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V. via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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