Wälder beeinflussen den globalen Quecksilber-Kreislauf maßgeblich



Bio-News vom 12.04.2018

Neue Studie zeigt, dass Blätter schädliches Quecksilber vorübergehend einlagern können

Pflanzen und ihre Blätter sind vermutlich maßgeblich daran beteiligt, dass menschengemachte Emissionen des schädlichen Quecksilbers abgefangen werden – das zeigt eine neue Studie in der Fachzeitschrift Nature Geoscience, an der Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG) beteiligt sind.

Das internationale Team aus Forschenden des Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), des HZG und weiteren Forschungseinrichtungen veröffentlichte die Studie jetzt in der Fachzeitschrift Nature Geoscience.


Quecksilber (rot) folgt saisonalen CO2-Schwankungen (blau) in Birkenes (Norwegen). Dieser Effekt nicht auf Amsterdam (Ind. Ozean). Ergo: Quecksilberaufnahme i. Blättern wichtiger Faktor für atmosphärischen Kreislauf.

Publikation:


Dr. Torsten Fischer / Pressestelle
Wälder beeinflussen den globalen Quecksilber-Kreislauf maßgeblich
Helmholtz-Zentrum Geesthacht - Zentrum für Material- und Küstenforschung

Die Studie zeigt, dass der atmosphärische Schadstoff Quecksilber eine ähnliche Saisonabhängigkeit aufweist wie das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2). Die atmosphärischen CO2-Werte schwanken saisonal, da die Vegetation das Gas durch die Blätter aufnimmt, um Biomasse zu produzieren. Folglich ist der CO2-Gehalt im Sommer niedriger als im Winter. Die Forschung zeigt nun, dass die Aufnahme von Quecksilber durch die Vegetation auf globaler Ebene enorm wichtig ist. Die Wissenschaftler haben die Werte von 50 bewaldeten, marinen und städtischen Überwachungsstationen verglichen.

„Wir schätzen, dass die Vegetation jährlich die Hälfte aller weltweiten anthropogenen Quecksilberemissionen vorübergehend einlagern kann“, erklärt Co-Autor Dr. Ralf Ebinghaus, Umweltchemiker am HZG.

Dr. Johannes Bieser, Umweltwissenschaftler am HZG und ebenfalls Autor ergänzt: „Mit dieser Veröffentlichung ist jetzt ein Prozess in den Fokus gerückt, der vorher unterschätzt wurde.“

Jedes Jahr werden durch industrielle Aktivitäten zwischen zwei- und dreitausend Tonnen Quecksilber in die Atmosphäre emittiert. Mit einer langen atmosphärischen Lebensdauer von etwa sechs Monaten verbreiten sich die Quecksilberemissionen über den Globus. Was in die Atmosphäre steigt, muss letztendlich wieder herabsinken – das gilt auch für Quecksilber. Es wurde lange angenommen, dass das atmosphärische Quecksilber hauptsächlich durch Regen und Schneefall in den Boden gelangt. Neuere experimentelle Feld- und Modellierungsstudien legen jedoch nahe, dass Pflanzenblätter direkt gasförmiges elementares Quecksilber aus der Atmosphäre aufnehmen. Im Herbst wird das Quecksilber in den Pflanzen durch den Abbau der Blätter in das darunterliegende Bodensystem übertragen. Die Bedeutung dieses alternativen Ablagerungsweges auf globaler Ebene wurde jedoch nie vollständig erfasst.

Unter der Federführung der Erstautoren Martin Jiskra und Jeroen Sonke vom Labor von Géosciences Environnement Toulouse am CNRS hat sich ein Team aus Wissenschaftlern zusammengetan, die den atmosphärischen Quecksilber- und CO2-Gehalt weltweit messen. Von Kohlenstoffdioxid wissen wir, dass es saisonal abhängig ist und sein Konzentrationsminimum im Spätsommer, am Ende der Vegetation und der Blattwachstumssaison hat. Dementsprechend sind die Werte im Winter höher. Zu ihrer Überraschung stellten die Forscher fest, dass Quecksilber und CO2 an fünf bewaldeten Messstationen in der nördlichen Hemisphäre ähnliche saisonale Schwankungen aufweisen (siehe Abbildung).

Messungen von Quecksilber und CO2, die auf Amsterdam Island im Indischen Ozean gemacht wurden, erwiesen sich als Schlüssel zur Identifizierung der Rolle der Vegetation in diesem Kreislauf. Auf der Station von Amsterdam Island, die vom französischen Polarinstitut Paul Emile Victor betrieben wird und von 3.000 Kilometern Ozean in jede Richtung umgeben ist, weisen sowohl Quecksilber als auch CO2 kaum saisonale Schwankungen auf (siehe Abbildung). Dr. Ebinghaus ist im Rahmen dieser Forschung für eine zeitlich hoch-aufgelöste Langzeit-Messreihe in Mace Head verantwortlich – es ist die längste Messreihe, die es in gemäßigten Breiten gibt. Auch Dr. Bieser vom HZG war an der Studie beteiligt – der Umweltwissenschaftler unterstützte die Arbeit mit Modellstudien.

Als Nächstes wandten sich die Forscher an atmosphärische Messdatenbanken, die saisonale Quecksilberbeobachtungen für weitere 43 Standorte weltweit untersuchten, für die jedoch keine CO2-Beobachtungen vorlagen.

Sie fanden heraus, dass die Amplitude der saisonalen atmosphärischen Quecksilberschwankungen an den von der Küste entfernten Überwachungsstellen im Binnenland am größten ist. An allen Standorten auf dem Festland fanden sie negative Übereinstimmungen zwischen der beobachteten photosynthetischen Aktivität und den Quecksilberkonzentrationen. In Städten fehlte diese Abhängigkeit. Durch lokale anthropogene Quecksilberemissionen konnte keine Saisonalität gemessen werden. Die Forscher folgern daraus, dass die Vegetation als eine Art biologische Pumpe für atmosphärisches Quecksilber fungiert und eine dominierende Rolle in der beobachteten atmosphärischen Quecksilber-Saisonalität spielt.

Sie schätzen, dass jährlich etwa 1.000 Tonnen Quecksilber in der Vegetation durch Blattaufnahme gebunden werden. Diese Menge entspricht der Hälfte der jährlichen globalen anthropogenen Quecksilberemissionen. Die Ergebnisse legen auch nahe, dass der dokumentierte Anstieg der globalen Primärproduktion von Biomasse um 30 Prozent im Laufe des 20. Jahrhunderts wahrscheinlich die Aufnahme von atmosphärischem Quecksilber erhöht und dadurch die zunehmenden Quecksilberemissionen praktisch ausgeglichen hat.

Obwohl die Blätter durch die Aufnahme des Quecksilbers dieses aus der Luft entfernen, wird im Herbst das „zwischengelagerte“ Quecksilber in den Boden übertragen. Das Bodenquecksilber fließt schließlich in aquatische Ökosysteme, einschließlich Seen und Ozeane, wo sich das Quecksilber in Fischen ansammelt und eine Gefahr für diese darstellt. „Das ist natürlich nicht nur eine Gefahr für die Lebewesen im Meer – sondern für die gesamte Nahrungskette“, so Dr. Ebinghaus.

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