Afrikanisierte Honigbiene


Afrikanisierte Honigbiene

Afrikanisierte amerikanische Honigbienen sind Honigbienen in den tropischen und subtropischen Zonen des amerikanischen Doppelkontinents. Sie entstehen immer wieder durch die Vermischung (Kreuzung) imkerlich bewirtschafteter Bienenvölker mit gelegentlich zugesetzten Königinnen aus europäischer Abstammung und Drohnen dominanter, wild lebender Bienenvölker afrikanischer Abstammung.[1] Sowohl diese Hybride als auch nur die wild lebenden Bienen werden wegen ihrer Angriffslust oft auch als „Killerbienen“ bezeichnet.

Die Honigbiene war sowohl in Nord- als auch in Mittel- und Südamerika vor der Ankunft der Europäer nicht heimisch. Trotzdem wurde von den Ureinwohnern, z. B. den Maya, Honig gewonnen. Dieser stammte von Arten der mit den Honigbienen verwandten Stachellosen Bienen (Meliponini). Im Zuge der Kolonisierung führte man dann europäische Honigbienen, meist deutsche oder italienische Rassen, ein. In tropischen Klimaten erwiesen sich diese Bienen aber als nicht besonders leistungsfähig. Deshalb versuchte man durch die Einkreuzung afrikanischer Bienen die Leistung der Honigbienen zu erhöhen.

Geschichte

Ausbreitung der Afrikanisierten Honigbiene in den USA, Stand 2005

Der Bienenzüchter Warwick Estavam Kerr fuhr im Rahmen seiner Bienenforschung 1955 nach Afrika und brachte deshalb auf Wunsch des brasilianischen Agrarministeriums im Jahre 1956 insgesamt 120 afrikanische Bienenköniginnen der Unterart Apis mellifera scutellata aus Johannesburg nach Rio Claro in Brasilien, das etwa auf 22° südlicher Breite liegt, um durch Kreuzung mit den dortigen Bienen europäischer Herkunft leistungsfähigere Honigbienen zu erhalten. Im Jahre 1957 entkamen durch Zufall 26 Schwärme mit afrikanischen Königinnen, die man nicht wieder einfangen konnte. Mitschuld an diesem Desaster trägt auch ein Angestellter, der das Gitter am Bienenstock entfernte und vorher nicht richtig instruiert worden war. Entgegen den bis dahin gemachten Erfahrungen, dass sich Honigbienen in den tropischen Gebieten Brasiliens kaum freilebend etablieren könnten, erwiesen sich die afrikanischen Honigbienen dem tropischen Klima gut gewachsen. Mit Dichten von bis zu 100, wenn auch kleinen Kolonien pro Quadratkilometer breiteten sie sich mit einer Geschwindigkeit von 300 bis 500 km pro Jahr rasend schnell über den ganzen Kontinent aus.

Dabei kreuzten sie sich immer wieder mit den bereits vorhandenen, von Imkern gehaltenen Bienen. Erstaunlicherweise führte das nicht dazu, dass die Bienen europäischer wurden, sondern die afrikanischen Anteile verdrängten die europäischen Anteile völlig, da die Königinnen mit afrikanischem Erbgut etwa einen Tag früher schlüpfen und so eine größere Chance haben, den Schwarm zu übernehmen. Neben anderen Unterschieden sind diese afrikanischen oder afrikanisierten Bienen auch wesentlich aggressiver gegen Menschen als europäische Bienen, was ihnen auch den Namen „Killerbienen“ einbrachte, da eine sehr große Zahl von Bienenstichen durchaus tödlich sein kann. Erst in den gemäßigteren Breiten Südamerikas, etwa ab der Höhe von Buenos Aires, bildete sich eine Übergangszone, in der die Bienen immer europäischer wurden, bis sie schließlich in kühleren Gegenden, ungefähr auf der Höhe der Bahía Blanca, die dortigen europäischen Honigbienen nicht mehr verdrängen konnten. Innerhalb von weniger als 40 Jahren sind sie dann auch im Süden der USA angekommen, wo sie wohl erst in den nördlicheren Breiten den althergebrachten europäischen Bienen unterlegen sein werden. In Europa dürften diese afrikanisierten Bienen auch keine Chance zur Ausbreitung haben, da die Winter zu kalt sind.

Nest von verwilderten Honigbienen in Viçosa (Minas Gerais, Brasilien)

Der Unterschied der „Killerbienen“ gegenüber anderen Bienenrassen besteht darin, dass bei einer Bedrohung fast alle Bienen des Volkes angreifen, statt wie üblich nur eine kleine Anzahl von Tieren. Auch verfolgen die „Killerbienen“ ihre Opfer hartnäckig. Hierdurch kann sehr leicht die Schwelle von etwa 500 Stichen erreicht werden, bei der bereits ein Kind getötet werden kann, bei Erwachsenen wird es ab ca. 1.000 Stichen kritisch.

Kerr konnte im Jahre 1965 durch Einkreuzen von harmloseren Arten die Aggressivität nach eigenen Angaben bremsen, aber gleichzeitig betont er, dass es die Imker gewesen sind, die keine friedlicheren Bienen mehr hätten haben wollen, da die Afrikanisierten Honigbienen pro Schwarm 60 bis 80 Kilo Honig im Jahr produzieren, was der vierfachen Produktion der alten Arten entspricht. Im Jahr 2005 räumte Kerr ein, dass in Brasilien früher im Schnitt jährlich 25 Menschen durch Bienen getötet wurden. Nach den Bienenzüchtungen mit der „Afrikanisierten Biene“ stieg die Zahl auf 195. Die Zahl soll durch Einkreuzung weniger aggressiver Tiere aber wieder etwas gesunken sein. Die Bienen siedeln jedoch auch in der Wildnis, ohne dass die aggressiven Gene züchterisch ausgeschaltet werden.

Auf die Frage, ob er die Kreuzung noch einmal vornehmen würde, antwortete Kerr, dass die Forscher seinerzeit zu allen Bienenkongressen fahren und den Menschen erklären mussten, dass sie mehr Wert auf Schutzkleidung (insbesondere Handschuhe) legen sollten; bei weiteren Züchtungen ließen sich schließlich die aggressivsten Linien aussortieren. Und man dürfe nicht vergessen, dass Brasilien durch seine Züchtungen bei der Honigproduktion weltweit an dritter Stelle stünde, was für den armen Nordosten Brasiliens eine wichtige Neuerung bedeute. Er bekräftigte aber dann, dass er die Züchtung in dieser Form heute nicht mehr so durchführen würde.

Kerr geht davon aus, dass das sich aus der Züchtung ergebende Problem, wie bei Unfällen mit Haien, übertrieben dargestellt werde: „Wir haben in Brasilien jährlich knapp 200 Tote durch unsere Bienen. Auf einer bestimmten Straße in São Paulo sind es fünfmal so viele Verkehrstote.“

Imkerliche Nutzung

In eine Magazin-Beute umgesetztes Wildvolk (Bild s. weiter oben) der Afrikanisierten Honigbiene
Afrikanisierte Honigbienen, die eine europäische Bienenkönigin umringen, die mit einem rosafarbenen Punkt zur Identifikation markiert ist

Die Imker Südamerikas haben sich notgedrungen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen auf die Afrikanisierte Honigbiene eingestellt. Sie bringt, wohl nicht zuletzt durch die Erbanlagen aus der Italienischen Biene, sehr gute Honigerträge. Immer wieder werden Königinnen dieser volksstarken Bienenrasse in die Völker eingesetzt (eingeweiselt), die sich dann spätestens in der zweiten Generation mit Drohnen der Wildrasse gepaart (verkreuzt) haben.

Zum leichteren Bearbeiten der Bienenvölker werden bestimmte Tageszeiten genutzt, in denen besonders viele der wehrhaften Sammlerinnen unterwegs sind. Dies ist hauptsächlich der frühe Vormittag. Im Gegensatz zu den meisten anderen von Imkern gehaltenen Bienenrassen ist aber trotzdem eine komplette Schutzbekleidung (Schleier, Anzug, Handschuhe) erforderlich.

siehe auch

  • Die tödlichen Bienen mit einer Liste von Horrorfilmen zu diesem Thema
  • Im satirischen Dokumentarfilm Bowling for Columbine des amerikanischen Regisseurs Michael Moore wird die US-amerikanische Berichterstattung über das Thema „afrikanisierte Killerbienen“ als Beispiel für Massenhysterie aufgeführt.

Quellen

  1. http://edis.ifas.ufl.edu/MG113 University of Florida: African Honey Bee – What You Need to Know

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