Bienwald


Bienwald vom Weltraum aus gesehen mit dem Ort Büchelberg als hellem Fleck rechts der Mitte
Übersicht: Die Wälder zwischen Pfälzerwald und Rheinniederung auf den Schwemmfächern der Bäche. Die beiden braunen Linien parallel zum Rhein markieren den Übergang vom Hochgestade zur Rheinniederung, dem Gebiet, in dem der Rhein früher mäanderte und seinen Flusslauf immer wieder verlegte. Die Schwemmfächer brechen an dieser Linie ab, weil der Rhein von den Bächen mitgeführte Sande abtransportierte.[1]

Der Bienwald ist ein etwa 120 km² großes[2] bewaldetes Landschaftsschutzgebiet in der Rheinebene im Südosten des Landes Rheinland-Pfalz. In dessen Eigentum als Staatsforst steht es zum überwiegenden Teil.[2]

Nach dem Bienwald benannt ist die Laufveranstaltung Bienwald-Marathon, die seit 1976 ausgetragen wird und auch durch den Nordteil des Waldgebiets führt.

Geographie

Geographische Lage

Das Waldgebiet liegt auf der Niederterrasse des Rheins in der Südpfalz und dort größtenteils innerhalb des Landkreises Germersheim, nur sein westlichster Zipfel gehört zum Landkreis Südliche Weinstraße. Der Bienwald erstreckt sich östlich der Deutschen Weinstraße von West nach Ost in die Rheinebene hinein und hat die Form eines unregelmäßigen Dreiecks. Dessen nordwestliche und längste Seite bildet die 20 Kilometer messende Linie Schweighofen–Rheinzabern zum sogenannten Viehstrich hin. Nach Ostsüdost verläuft das Hochufer des Rheins entlang einer 17 Kilometer langen Linie über Jockgrim–Hagenbach–Berg. Entlang der Südwestgrenze (16 Kilometer), die mit der Staatsgrenze zu Frankreich identisch ist, fließt die Lauter, deren Oberlauf auch Wieslauter genannt wird.

Das Waldgebiet gehört überwiegend zur Gemarkung der Stadt Wörth. Der westlichste Teil des Bienwaldes ist der Untere Mundatwald. Morphologisch ist auch der etwa 10 km² große Forêt de Wissembourg, der rechts der Lauter und damit jenseits der französischen Grenze im Elsass liegt, als Teil des Bienwaldes anzusehen; er wird jedoch üblicherweise nicht dazugerechnet.

Der Bienwald wirkt recht eben, er senkt sich von etwa 130 Meter im Westen fast unmerklich nach Nordosten hin auf 105 Meter; auf rund 20 Kilometer Strecke bedeutet dies ein Gefälle von nur gut einem Meter pro Kilometer. Geringe Anhöhen, die als vom Wind abgelagerte Dünenbuckel[2] anzusehen sind, gibt es im Unteren Mundatwald (141 Meter), am Nordrand (135 Meter) und östlich der Mitte (152 Meter).

Ähnlich entstandene Waldgebiete in der näheren Umgebung sind beispielsweise der Bellheimer und der Speyerer Wald.

Geologische Entstehung

Von den Randgebirgen des Oberrheingrabens streben zahlreiche Bäche dem Rhein zu, so auch vom Pfälzerwald über den Haardtrand in östlicher Richtung. In der letzten Eiszeit und mit deren Rückgang stand reichlich Schmelzwasser zur Verfügung, das große Mengen abgetragenen Gesteinsschuttes und Sande aus dem Gebirge in die Rheinebene transportierte. In der Ebene verteilte sich das Wasser, und durch Ablagerung von Kies und Sand bildeten sich sogenannte Schwemmfächer. Wie der Name vermuten lässt, besitzen sie eine dreieckige Form, die sich in die Ebene zum Rhein hin ausweitet. Weil der überwiegend sandige Boden für den Ackerbau wenig Ertrag versprach, konnten sich auf diesen Schwemmfächern Waldgebiete erhalten, während die Lössgebiete früh gerodet wurden.[3] Im Falle des Bienwaldes beginnt der Schwemmfächer mit dem Austritt der Lauter aus dem Pfälzerwald in die Rheinebene.

Gewässer

Der Ostteil des Bienwaldes war ehemals Teil des Mündungsdeltas der Lauter. Die Böden westlich der Bundesstraße 9 sind im Winterhalbjahr und nach Niederschlägen oft verhältnismäßig feucht. Daher werden Teile der Waldparzellen von zahlreichen Entwässerungsgräben wie dem Saugraben durchzogen, die den Bienwald über westliche Nebenflüsse des Oberrheins entwässern. Im Sommerhalbjahr trocknen die Bäche regelmäßig teilweise aus.[4]

Das größte Gewässer ist die Lauter, die den Bienwald von Wissembourg (deutsch Weißenburg) kommend nach Osten durchfließt und bei Scheibenhardt den Bienwald verlässt. In West-Ost-Richtung verlaufen auch der Heilbach, der von Kapsweyer nach Wörth fließt, der südlich parallele Aschbach, der nördlich von Büchelberg in den Heilbach mündet, der Otterbach, der bei Freckenfeld in den Bienwald eintritt, und der Erlenbach. Weitere Gewässer sind der Heßbach, der Wiebelsbach, der Bruchbach, der im Nordosten von rechts in den Otterbach mündet, und der Schmerbach.

Geschichte

Der Name Bienwald hat nichts mit der Insektengruppe der Bienen zu tun. Der erste Teil des Namens stammt vermutlich von dem keltischen Wort „behe“ oder „beje“, das einfach Wald bedeutet. Folglich hieße der Bienwald übersetzt „Waldwald“.[5]

Ab dem 12. Jahrhundert stand der größte Teil des Bienwaldes im Eigentum des Hochstifts Speyer. Die älteste urkundlich gesicherte Waldordnung stammt von 1442. Im Jahre 1685 entstand aus einer Ansiedlung französischer Arbeiter, die während des Pfälzischen Erbfolgekriegs Holz und Kalksteine für den Festungsbau von König Ludwig XIV. zu fördern hatten, das Dorf Büchelberg.[2]

Während der Koalitionskriege, die auf die Französische Revolution folgten, wurde am 23. August 1793 im Bienwald eine Schlacht ausgetragen. Dabei schlug ein österreichisches Heer unter Feldmarschall Dagobert Sigmund von Wurmser die französischen Revolutionstruppen und vereitelte damit den Entsatz der Stadt Mainz.

Biologie

Die Vielfalt der Biotope, unter denen sich sehr seltene befinden, die Größe der Gesamtfläche, ihre weitgehende Unzerschnittenheit und die Existenz einzelner sehr alter, ungestörter Teilbiotope sowie von Altbäumen machen den Bienwald zu einem besonders wertvollen und artenreichen Lebensraum.

Vegetation

Auf dem Schwemmkegel der Lauter entstand ein Gewirr aus Rinnsalen, Gräben und Bächen, die teilweise während der Sommermonate trockenfallen. Engräumig wechseln trockene und feuchte, arme und reiche Standorte ab. Dort, wo das Wasser lange im Jahr steht, wachsen die seltenen Erlenbruchwälder, dagegen sind lichte Eichen- und Kiefernwälder für die bis zu drei Meter hohen Dünen typisch. Im geplanten Schutzgebiet wurden mehr als 300 verschiedene Biotoptypen und Vegetationseinheiten kartiert.[6]

Auf den überwiegend aus nährstoffarmen Sandböden bestehenden Schuttfächern der Wasserläufe gedeihen neben anspruchslosen Nadelgehölzen (heute 56 Prozent) wie Kiefern, die erstmals 1576 angepflanzt wurden und derzeit 48 Prozent der Waldfläche einnehmen, auch die ursprünglich vorherrschenden Laubbäume (44 Prozent), besonders Eichen (25 Prozent), Rotbuchen und Hainbuchen. Die Kiefern wachsen auf den trockeneren, die Laubbäume auf den feuchteren Bodenanteilen.[2]

Es wurden im Bienwald 151 gefährdete und seltene Pflanzenarten nachgewiesen. Davon sind 86 Arten in Rheinland-Pfalz, 72 Arten sogar bundesweit in ihrem Bestand gefährdet.[6]

Fauna

Wildkatze

Die größten Säugetiere im Bienwald sind Schwarz- und Rehwild; Rotwild gibt es nicht mehr. Als Beutegreifer außer dem weit verbreiteten Fuchs und dem selteneren Baummarder sind in den letzten Jahrzehnten auch wieder Wildkatzen heimisch geworden. Ihr Bestand von 45 bis 60 Tieren ist das einzige bekannte Tieflandvorkommen in Europa.[6]

120 Vogelarten brüten im Bienwald, 143 Arten wurden beobachtet. Auf den Wiesenflächen insbesondere am Nordwestrand, im Viehstrich, ist dank der Bemühungen der Aktion Pfalzstorch die Wiederansiedelung des Weißstorchs gelungen, von dem es in der Südpfalz mittlerweile wieder eine starke Population gibt.

Im Bienwald sind alle 16 in Rheinland-Pfalz vorkommenden Amphibien-Arten beheimatet, das sind 75 Prozent aller in Deutschland heimischen Arten. Davon ist der Springfrosch als Charakterart für den Bienwald bekannt.

Im Bienwald sind 2200 Käferarten nachgewiesen, davon 190 Laufkäfer, was einem Drittel der in Deutschland vorkommenden Arten entspricht. 670 Arten von Totholzkäfern wurden festgestellt, mehr als in jedem anderen Wald in Europa. Außerordentlich artenreich sind auch die Libellen des Bienwaldes, es wurden 46 Arten gefunden.

Im Gewässersystem des Bienwaldes wurden 254 Arten bzw. Artengruppen von mit bloßem Auge erkennbaren Gewässerbodenlebewesen nachgewiesen, darunter in der Bruchbach-Otterbach-Niederung große Bestände der Bachmuschel. Der bundesweit stark gefährdete Frühjahrskiemenfuß, ein Urzeitkrebs, hat im Bienwald seine südliche Verbreitungsgrenze.

Wirtschaft und Infrastruktur

Besiedelung

Einzige Ortschaft innerhalb des Bienwaldes ist Büchelberg mit 900 Einwohnern, das in 152 Meter Höhe auf einer Rodungsinsel liegt und seit 1979 als Ortsbezirk der Stadt Wörth zugeordnet ist. Die Stadt selbst, vor dem Ostrand des Bienwalds am Rhein gelegen, ist vor allem wegen der Automobilindustrie wirtschaftlich mehr zur Region Karlsruhe auf der anderen Rheinseite orientiert. Als Hauptort der Bienwaldregion und „Tor zum Bienwald“ bzw. „Bienwaldstadt“ wird deshalb in der Regel die Kleinstadt Kandel am Nordrand angesehen. Mit dem Hochseil-Klettergarten Fun Forest findet man dort auch die bedeutendste Touristenattraktion des Bienwalds. Im Jahr 2007 wurde in Kandel die Bienwaldruhe geschaffen, ein Friedhof zur Naturbestattung.

Verkehr

Durch den Bienwald führen mit zwei Ausnahmen nur untergeordnete Straßen. Den Nordostzipfel durchquert auf vier Kilometer die Autobahn 65 (Landau–Karlsruhe). Der Streckenabschnitt der Bundesstraße 9 zwischen der Grenze bei Lauterbourg (deutsch Lauterburg) im Süden und Kandel im Norden ist gemäß Beschluss des Bundesrates seit Januar 2007 mit Lkw-Maut belegt. Umstritten ist der geplante Autobahn-Lückenschluss zwischen der französischen A 35 bei Lauterbourg und der deutschen A 65 bei Kandel oder Wörth. Eine solche vierspurige Trasse würde das Waldgebiet auf etwa zwölf Kilometer erheblich nachhaltiger zerschneiden als derzeit die zweispurige B 9; zudem würde sie eine linksrheinische Ausweichroute für die stark frequentierte rechtsrheinische A 5 (Frankfurt–Basel) eröffnen und könnte das Verkehrsaufkommen durch den Bienwald nachhaltig erhöhen.

Bewirtschaftung und Naturschutz

Verwaltet und bewirtschaftet wird der Bienwald durch das Forstamt Bienwald mit Dienststellen in Kandel und Hagenbach. Der Holzvorrat des Bienwaldes beläuft sich auf etwa 2,5 Millionen m³ insgesamt, von denen 210 m³ auf jedes Hektar entfallen. Der gesamte jährliche Zuwachs beträgt etwa 72.000 m³ entsprechend 6 m³ pro Hektar, beim jährlichen Holzeinschlag werden etwa 40.000 m³ entsprechend 4,5 m³ pro Hektar entnommen.[2]

2004 bewilligte die Bundesregierung das Naturschutzgroßprojekt Bienwald zur Errichtung und Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung.[7]

Weblinks

Naturschutzgroßprokekt
FFH-Gebiet
Vogelschutzgebiet
Geschichte

Einzelnachweise

  1. Anmerkung: Der eingezeichnete „Klingelbach“ heißt in Wirklichkeit Klingbach.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Verein zum Schutze des Weißstorchs Viehstrich e. V.: Der Bienwald. Abgerufen am 1. September 2010.
  3. Carola Schnug-Bögerding, Doris Herrmann: Infotafel Speyerer Wald (Aufstellung an der Walderholung im Auftrag der Stadtverwaltung Speyer)
  4. Johannes Becker, Forstamt Bienwald: Gräben und Bäche im Bienwald. , abgerufen am 21. Juni 2011.
  5. Rheinpfalz am Sonntag: Der Waldwald, 10. Juni 2007
  6. 6,0 6,1 6,2 Kreisverwaltung Germersheim, Fachbereich 32: Naturschutzgroßprojekt Bienwald – Besonderheiten. Abgerufen am 21. Mai 2012.
  7. Pollichia: Naturschutzgroßprojekt Bienwald. Abgerufen am 1. September 2010.

Koordinaten: 49° 1′ N, 8° 8′ O

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