Chemokinrezeptor

3D-Strukturmodell des Chemokinrezeptors CXCR4 mit einem gebundenen Antagonisten

Chemokinrezeptoren sind Proteine in der Oberflächenmembran von Zellen, die an Chemokine binden. Diese Bindung aktiviert den Rezeptor und löst eine Wanderung der Zellen aus, die sich daraufhin in Richtung der höchsten Chemokinkonzentration bewegen (Chemotaxis). Die ungefähr 20 bekannten Chemokinrezeptoren gehören zu der pharmakologisch wichtigen Gruppe der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Die Signaltransduktion erfolgt vor allem über heterotrimere G-Proteine der Gi-Familie. Weit verbreitet sind sie bei den Zellen des Immunsystems, die in der Regel mehrere unterschiedliche Chemokinrezeptoren tragen.

Struktur und Chemokinbindung

Wie alle G-Protein-gekoppelten Rezeptoren weisen Chemokinrezeptoren sieben Transmembranbereiche sowie je drei intrazelluläre und extrazelluläre Schleifen auf. Die Bindung des Chemokins erfolgt vermutlich in zwei Schritten [1]: Zuerst bindet der Hauptkörper des Chemokins an den extrazellulären Teil des Rezeptor, woraufhin der flexible Amino-Terminus des Chemokins seine räumliche Struktur verändert. Im zweiten Schritt bindet der Amino-Terminus an Bindungsstellen innerhalb der Transmembrandomänen des Chemokinrezeptors und löst seinerseits eine Strukturänderung aus, die sich auch auf den intrazellulären Teil des Rezeptors auswirkt. Zwischen Rezeptor und Chemokin besteht also eine Vielzahl von Bindungsstellen, und nur eine möglichst vollständige Bindung löst eine Aktivierung des Rezeptors aus.

Nomenklatur

Die Nomenklatur der Chemokinrezeptoren leitet sich aus der Familienzugehörigkeit der Bindungspartner ab.[2] Chemokine können vier unterschiedlichen Familien zugeordnet werden und jeder Rezeptor bindet ausschließlich an Mitglieder einer bestimmten Chemokinfamilie. Der Name des Rezeptors setzt sich nun zusammen aus der Kurzbezeichnung der Chemokinfamilie (CC, CXC, CX3C oder XC), einem R für Rezeptor und einer fortlaufenden Nummerierung. Er kann also beispielsweise CCR1 oder CXCR2 lauten.

Name Alternative Bezeichnungen Endogene Liganden
CCR1 CD191 CCL3, CCL5, CCL7, CCL8, CCL13, CCL14, CCL15, CCL16, CCL23
CCR2 CD192 CCL2, CCL7, CCL8, CCL13
CCR3 CD193 CCl5, CCL7, CCL8, CCL11, CCL13, CCL15, CCL24, CCL26
CCR4 CD194 CCL17, CCL22
CCR5 CD195 CCL3, CCL4, CCL5, CCL8, CCL14
CCR6 CCL20
CCR7 BLR2, EBI1 CCL19, CCL21
CCR8 CCL1, CCL4, CCL17
CCR9 CCL25
CCR10 CCL26, CCL27, CCL28
CXCR1 CD181, CD128a, IL-8Ra CXCL6, CXCL8
CXCR2 CD182, CD128b, IL-8Rb CXCL1, CXCL2, CXCL3, CXCL5, CXCL7, CXCL8
CXCR3 CD183 CXCL9, CXCL10, CXCL11
CXCR4 CD184, Fusin, LESTR CXCL12
CXCR5 CD185, BLR1 CXCL13
CXCR6 BONZO, TYMSTR CXCL16
CXCR7 RDC1 CXCL11, CXCL12
CX3CR1 CX3CL1
XCR1 XCL1, XCL2

Pathologie

Varianten der Gene CCR2 und CCR5 sind für erbliche Immunität gegenüber Infektion mit dem HI-Virus verantwortlich. CCR5-Mutationen können außerdem zu erblichem Diabetes mellitus und zur Anfälligkeit gegenüber Infektionen mit dem Westnilvirus führen [3].

Mutationen im CXCR4-Gen sind ursächlich für das WHIM-Syndrom. Eine CXCR6-Variante, die in Afrika häufig ist, erhöht die Überlebenszeit bei Infektion mit HIV und Pneumocystis carinii-Pneumonie signifikant. Eine weitere Variante in CXCR1 schützt vor raschem Verlauf der AIDS-Krankheit. Mutationen in CX3CR1 können zu reduziertem Risiko für koronare Herzkrankheit, aber auch erhöhtem Risiko für altersbedingte Makuladegeneration (AMD) und raschem Verlauf bei AIDS führen.[4]

Literatur

  • Charles A. Janeway, Paul Travers, Mark Walport: Immunobiology. B&T; 6. Auflage (2005) ISBN 0-8153-4101-6
  • S. J. Allen et al.: Chemokine: receptor structure, interactions, and antagonism. In: Annu. Rev. Immunol. Bd. 25, 2007, S. 787-820. Abstract

Quellen

  1. E. J. Fernandez et al.: Structure, function, and inhibition of chemokines. In: Annu. Rev. Pharmacol. Toxicol. Bd. 42, 2002, S. 469-499. Abstract
  2. P. M. Murphy et al.: International union of pharmacology. XXII. Nomenclature for chemokine receptors. In: Pharmacol. Rev. Bd. 52, Nr. 1, 2000, S. 145-176. Abstract
  3. 609423. In: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value). (englisch), 612522. In: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value). (englisch), 610379. In: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value). (englisch)
  4. 605163. In: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value). (englisch), 146929. In: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value). (englisch), 601470. In: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value). (englisch)

Die News der letzten Tage

20.09.2023
Biodiversität | Citizen Science | Ethologie | Vogelkunde
Das Erfolgsgeheimnis steckt im Verhalten
Während viele Arten gerade zahlenmäßig und hinsichtlich ihres Verbreitungsgebiets drastisch zurückgehen, scheinen andere gut zu gedeihen.
19.09.2023
Land-, Forst-, Fisch- und Viehwirtschaft
Vitamine vom Dach
Obst und Gemüse wird heute über Tausende von Kilometern nach Deutschland transportiert.
19.09.2023
Land-, Forst-, Fisch- und Viehwirtschaft
Optimierte Kakaobestäubung für höhere Erträge
Wie lässt sich der Anbau von Kakao durch die richtige Bestäubungstechnik verbessern?
18.09.2023
Mikrobiologie
Stinkender Schleim: Wohlfühlort für Würmer und Mikroben
Kieler Forschungsteam untersucht am Beispiel von Fadenwürmern in einem naturnahen Kompost-Experiment, welchen Beitrag Wirtslebewesen und Mikroorganismen zur gemeinsamen Anpassung an einen neuen Lebensraum leisten.
18.09.2023
Anthropologie | Evolution | Neurobiologie
Evolution der sprach-relevanten Hirnstrukturen aufgedeckt
Sprache ist ein Aspekt, der uns zu Menschen macht.
18.09.2023
Mikrobiologie | Taxonomie
Darmmikrobe produziert stinkendes Giftgas, schützt aber vor Krankheitserregern
Taurin abbauende Bakterien beeinflussen das Darmmikrobiom, so ein internationales Team von Wissenschafter*innen unter der Leitung des Mikrobiologen Alexander Loy von der Universität Wien.
17.09.2023
Insektenkunde | Ökologie
Dieselabgase schädigen Insekten: erstmals Auswirkungen auf Hummeln erforscht
Der Rückgang der Insekten bedroht weltweit viele Ökosysteme - Während die Auswirkungen von Pestiziden gut erforscht sind, fehlte es bisher an Erkenntnissen über die Folgen anderer anthropogener Schadstoffe.
17.09.2023
Mikrobiologie | Toxikologie
Wie man Giftschlangen auf den Zahn fühlt
Nicht nur in den Tropen führen Schlangenbisse zu gefährlichen Vergiftungen – auch Bisse europäischer Giftschlangen können ernste körperliche Beschwerden hervorrufen.
16.09.2023
Evolution | Paläontologie
Langzeitseen als Motor für die Evolution von Süßwasserschnecken
In Millionen Jahre existierenden Langzeitseen entwickelten Süßwasserschnecken im Laufe der Erdgeschichte eine besonders große Vielfalt an Arten.
13.09.2023
Biodiversität | Ökologie
Neue Bienenart aus dem Osten in Regensburg aufgetaucht
Neben der allseits bekannten Honigbiene sind aus Deutschland nach neuestem Stand 604 Wildbienenarten bekannt.
12.09.2023
Biochemie | Entwicklungsbiologie | Physiologie
Neues zur Bildung von Wurzelhaaren
Wurzelhaare sind ein wichtiger Bestandteil der Wurzeloberfläche, über die Pflanzen Nährstoffe aufnehmen: Bekannt ist, dass es bei einem leichten Stickstoffmangel zu einer Verlängerung der Haupt- und Seitenwurzeln kommt.
11.09.2023
Fischkunde | Physiologie
Große Fische werden kleiner und kleine Fische immer zahlreicher
Organismen werden im Laufe der Zeit weltweit immer kleiner – das liegt zum einen am Austausch der Arten untereinander und zum anderen an Veränderungen innerhalb der Arten selbst.
08.09.2023
Klimawandel | Paläontologie
Als üppige Laubwälder die Arktis bedeckten
Forschungsteam der Universität Tübingen untersucht das Pflanzenwachstum im nördlichen Polargebiet vor rund 50 Millionen Jahren – Paläoklima mit Parallelen zur aktuellen globalen Erwärmung.
07.09.2023
Fischkunde | Land-, Forst-, Fisch- und Viehwirtschaft | Meeresbiologie
Fast zwei Drittel aller Korallenriffe werden überfischt
Ein internationales Team von Forschenden hat mit einem umfangreichen Datensatz aus über 2000 Korallenriff-Standorten ermittelt, wie es um die Fischbestände und Vielfalt der Fischarten in den Riffen der Weltmeere bestellt ist.
06.09.2023
Land-, Forst-, Fisch- und Viehwirtschaft | Ökologie
Ackerbau-Studie zu Zwischenfrucht-Mischungen mit unerwartetem Ergebnis
Nach der Ernte im Herbst werden meist sogenannte Zwischenfrüchte angebaut, denn diese verhindern die Erosion und die Auswaschung von Nährstoffen.