Durchblutung


Als Durchblutung oder Perfusion (exakter Hämoperfusion) wird die Versorgung von Organen oder Organteilen mit Blut bezeichnet. Die Zufuhr erfolgt über Arterien, der Abfluss über Venen (und Lymphgefäße). Dies dient der Versorgung von Geweben mit Sauerstoff, Nährstoffen und anderen lebensnotwendigen Blutbestandteilen sowie dem Abtransport von Stoffwechselprodukten und Kohlenstoffdioxid. Die Organperfusion kann künstlich aufrechterhalten werden. Als Reperfusion wird die Wiederdurchströmung eines Organs nach vorübergehender Unterbrechung der Blutzufuhr (z. B. nach einer Embolie) bezeichnet.

Störungen unterschiedlichster Ursache werden als Durchblutungsstörungen bezeichnet und können akute und chronische Beeinträchtigungen verschiedenster Organ- und Gewebsfunktionen bewirken und im äußersten Fall zur Zerstörung der minderdurchbluteten Organbezirke führen.

Quantifizierung

Auch als Perfusion (im Sinne einer quantifizierbaren Größe) bezeichnet wird das Blutvolumen $ \Delta V $, das pro Zeiteinheit $ \Delta t $ durch ein Organ oder allgemeiner durch biologisches Gewebe der Masse $ m $ strömt. Abhängig von der Bezugsgröße ist die physikalische Einheit der Perfusion entweder (auf ein Organ wie etwa die Nieren bezogen):

$ \left[{\frac {\Delta V}{\Delta t}}\right]={\frac {\text{ml}}{\text{min}}} $

oder (auf die regionale Durchblutung bezogen, auch als spezifische Perfusion bezeichnet):

$ \left[{\frac {\Delta V}{m\cdot \Delta t}}\right]={\frac {\text{ml}}{{\text{g}}\cdot {\text{min}}}} $.

Die (Gesamt-)Durchblutung der Nieren beträgt beispielsweise ca. 1200 ml/min[1]; die spezifische Perfusion ist ungefähr 4 ml/(g·min)[2]. Die Gesamtdurchblutung eines Organs lässt sich auch als Quotient des Druckabfalls $ \Delta p=p_{\text{a}}-p_{\text{v}} $ zwischen arteriellem ($ p_{\text{a}} $) und venösem Druck ($ p_{\text{v}} $) und dem Gefäßwiderstand $ R $ des Organs, also als $ \Delta p/R $ beschreiben[3].

Messbar ist die (spezifische) Perfusion mit verschiedenen bildgebenden Verfahren wie etwa der Perfusions-MRT, der Perfusions-CT oder mit nuklearmedizinischen Methoden.

Variabilität der Durchblutung

Es wird eine Ruhedurchblutung von einer maximal möglichen Durchblutung (oder Durchblutungsreserve) unterschieden. Dabei werden die einzelnen Organe sehr unterschiedlich stark mit Blut versorgt: In Ruhe erhalten die Nieren (im Verhältnis zu ihrem Gewicht) den relativ größten Blutanteil, bei maximaler Durchblutung sind dies die Muskulatur (Skelett- und Herzmuskulatur) und die Haut. Die bedarfsgerechte Anpassung des Blutflusses wird durch komplexe Steuerungsmechanismen gewährleistet.[4]

Einflussfaktoren

Unter physiologischen Bedingungen spielen neben dem systemischen Blutdruck zahlreiche systemische und lokale Faktoren eine Rolle:

Gefäßnerven

Die Wirkung des Sympathikus führt über die Freisetzung von Noradrenalin zu einer Verengung arterieller Widerstandsgefäße und damit zu einer verminderten Durchblutung von nachgeschalteten Gewebsbezirken. Die Funktion des Parasympathikus beschränkt sich mit seiner gefäßerweiternden Funktion auf seine Wirkung auf Schweiß- und Speicheldrüsen sowie die Genitalorgane.

Autoregulation der Durchblutung

Die Durchblutung wichtiger Organe wie des Gehirns (siehe Blutversorgung des Gehirns), der Nieren (siehe Autoregulation der Nierendurchblutung) und des Magen-Darm-Trakts (als einem Organsystem) wird durch Mechanismen gesichert, die in weiten Bereichen einen konstanten Blutfluss unabhängig vom systemischen Blutdruck gewährleisten sollen. Ein wichtiger Bestandteil dieser Autoregulation ist der sog. Bayliss-Effekt, der auch als myogene Reaktion (der zuführenden Blutgefäße) bezeichnet wird.

Schwangerschaft

In der Schwangerschaft erhöht sich die Durchblutung der Gebärmutter (über die Aa. uterinae) von 50 zu Beginn auf 500–750 ml am Ende der Schwangerschaft, was letztlich einem Anteil von 10–15 Prozent am mütterlichen (maternalen) Herzminutenvolumen (HMV) entspricht (uterine- bzw. maternoplazentare Durchblutung). Die treibende Kraft hier ist der mütterliche Blutdruck, während der fetale Blutdruck die sog. fetoplazentare Durchblutung ermöglicht. Von den gut 250–400 ml des fetalen HMV fließen an die 50–60 Prozent in die Nabelarterien (Aa. umbilicales).[5]

Einzelverweise

  1. Frans van den Berg (Hrsg.): Angewandte Physiologie 2: Organsysteme verstehen. 2. Auflage. Georg-Thieme-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-117082-4, S. 126. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  2. Robert F. Schmidt, Florian Lang, Gerhard Thews (Hrsg.): Physiologie des Menschen: Mit Pathophysiologie. 29. Auflage. Springer, Berlin Heidelberg New York 2005, ISBN 3-540-21882-3, S. 809. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  3. Péter Bálint: Normale und pathologische Physiologie der Nieren. VEB Volk und Gesundheit, Berlin 1969, S. 69−70. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  4. Rainer Klinke, Stefan Silbernagl (Hrsg.): Lehrbuch der Physiologie. 4. Auflage. Georg Thieme, Stuttgart, New York, ISBN 3-13-796004-5 (S. 169ff).
  5. H. Steiner, K. T. M. Schneider: Dopplersonographie in Geburtshilfe und Gynäkologie: Leitfaden für die Praxis. Springer, 2007, ISBN 3-540-72370-6 (S. 10f).

Siehe auch

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