Emil von Behring


Emil Adolf von Behring

Emil Adolf von Behring (* 15. März 1854 in Hansdorf, Kreis Rosenberg in der Provinz Westpreußen, als Emil Adolf Behring; † 31. März 1917 in Marburg) war ein deutscher Bakteriologe und Serologe sowie Träger des ersten Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.

Besonders aufgrund seiner Forschungsarbeiten an der Diphtherieerkrankung, an der seinerzeit nahezu jedes zweite Kind starb, und seiner wissenschaftlichen Erfolge diesbezüglich wurde er lange Zeit als „Retter der Kinder“ tituliert.

Leben

Emil Adolf von Behring, 1917
Mausoleum
Diphtherie-Impfausweis mit Hinweis auf von Behring

Emil Adolf Behring (ab 1901 Emil von Behring) wurde als Sohn des Grundschullehrers Georg August Behring (1819–1886) und dessen zweiter Frau Augustine Zech (1828–1892) geboren. Sein Vater hatte aus erster Ehe bereits vier Kinder, und Emil war das erste von weiteren neun. Ein Stipendium des preußischen Staates ermöglichte ihm das Abitur. Ein Freund der Familie finanzierte ihm das Studium der Medizin. Am 2. Oktober 1874 trat er in die Kaiser-Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen in Berlin ein. 1878 wurde er an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität mit der Dissertation Neuere Beobachtungen über die Neurotomia opticociliaris zum Dr. med. promoviert. Danach war er als Truppenarzt in der Provinz Posen tätig.

Die an Militärhygiene, Versorgung von Wunden und Verhinderung von Seuchen orientierte Aus- und Fortbildung der Militärärzte sensibilisierte Behring für Seuchenprävention und Hygiene. Weitere wichtige Eindrücke erhielt Behring in seiner Zeit als Assistent von Robert Koch und später als Oberarzt an der klinischen Abteilung von Kochs Preußischem Instituts für Infektionskrankheiten. Seine Arbeiten an der Serumtherapie begann Behring 1890 mit dem Japaner Shibasaburo Kitasato, mit dem er den Aufsatz „Über das Zustandekommen der Diphtherieimmunität und der Tetanusimmunität bei Thieren“ veröffentlichte. Er gilt als Grundlage der Serumtherapie. Ende des Jahres 1891 gelang es Behring, zwei an Diphtherie erkrankte Kinder mit einem aus dem Serum von wenigen Schafen gewonnenen Gegengift zu heilen. Dazu trug maßgeblich die Mitarbeit seiner Freunde Paul Ehrlich und Erich Wernicke bei. Aus wissenschaftlicher Sicht war der Durchbruch gelungen, es fehlte Behring jedoch an finanzstarken Partnern, um seine bahnbrechende Idee zu verwirklichen: Den bei einer Infektion zur Überwindung der Intoxikation gebildeten Überschuss von Antitoxinen zur Herstellung von Heilserum zu verwenden. Allerdings erkannte im Herbst 1892 das Vorstandsmitglied der Farbwerke Hoechst, August Laubenheimer, die Tragweite der Ideen Behrings und gewann ihn für eine Zusammenarbeit mit dem Unternehmen. Nur die durch diesen Einsatz von Drittmitteln gestattete Tierhaltung ermöglichte die Großproduktion des Diphtherieserums in Höchst ab 1894. Die Farbwerke boten ein Diphtherieheilserum nach Behring an, das eine Heilungsrate von 75 Prozent bei dieser bis dahin meist tödlichen Kinderkrankheit erzielte. Zum Professor ernannt wurde Behring 1893 auf Grund der Fürsprache von Friedrich Althoff.

1895 berief der preußische Staat Behring, der in Halle keinerlei Lehrerfolge verzeichnen konnte, an die Universität Marburg als Ordinarius für Hygiene und Direktor des Hygienischen Instituts. Noch im gleichen Jahr war auf dem Schlossberg ein für damalige Verhältnisse sehr gut ausgestattetes Privatlaboratorium, mit Mitteln der Farbwerke und 25.000 Goldfranc aus dem ihm in Frankreich verliehenen „Prix Alberto Levi“, eingerichtet worden, zu dem auch ein kleiner Stall für die Versuchstiere gehörte. Im Jahr 1901 wurde Behring mit dem ersten Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet und nobilitiert (ab dann Emil von Behring). Den Gedanken an ein eigenes Unternehmen erwog Behring im Laufe des Jahres 1903, woraufhin 1904 noch weitere Ländereien und ein Gutshof am Schlosspark zu dem Laboratorium hinzukamen, die den Grundstock für das Behringwerk bildeten. Ein Grund, die Selbständigkeit in einem eigenen Unternehmen anzustreben, war die Veränderung der bisherigen Vertragsverhältnisse mit den Farbwerken in Höchst, bei denen der bis dahin als Mittler fungierende August Laubenheimer 1903 aus dem Vorstand ausschied.

Behring notierte anlässlich seiner Unternehmensgründung folgende Worte: „Die umfangreichen und recht kostspieligen Baulichkeiten, Ländereien, Viehbestände, Laboratoriumseinrichtungen, wozu noch auf besondere Ziele gerichtete Abteilungen mit zahlreichem Dienerpersonal kommen, sind vereint zu einem Gesamtunternehmen, das den Namen Behringwerk bekommen hat.“ Doch trotz der nun gewonnenen Selbständigkeit bedurfte Behring eines Geschäftspartners, da er von der kaufmännischen Führung eines Betriebes und vom Vertrieb seiner Produkte nicht viel verstand. Am 7. November 1904 stand ihm bei der Eintragung des neuen Unternehmens ins Handelsregister der Marburger Apotheker Carl Siebert als Teilhaber und Partner zur Seite. Der Betrieb wurde mit anfänglich zehn Mitarbeitern aufgenommen. Ein rasantes Wachstum des Unternehmens bedingte 1914 die Umwandlung des Behringwerkes in die Behringwerke Gesellschaft mbH.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Produktion enorm ausgeweitet, da Behrings Tetanusheilserum für die in den verdreckten Schützengräben liegenden Soldaten nun zum Retter vor dem tödlichen Wundstarrkrampf wurde. Neben dem Tetanusheilserum wurden auch Dysenterie- und Gasbrandserum, sowie Choleraimpfstoff für das Heer produziert.

Emil von Behring starb noch vor Ende des Ersten Weltkrieges, am 31. März 1917, im Alter von 63 Jahren in Marburg, sein Grab befindet sich in einem Mausoleum in einer parkähnlichen Anlage in Marburg-Marbach.

Seit 1874 war er Mitglied, später Ehrenmitglied des Pépinière-Corps Suevo-Borussia, welches bis heute als Corps Guestphalia et Suevoborussia Marburg besteht.[1]

Privates

Von November 1907 bis Sommer 1910 befand sich Behring in ärztlicher Behandlung bei dem Internisten Rudolf von Hoesslin (1858–1938) in dessen Sanatorium Neuwittelsbach im Münchener Stadtteil Nymphenburg, wo er „Erholung von der aufreibenden Arbeit zu finden hoffte“ (nach Zeiss und Bieling 1940/1941, S. 497). Zumindest in dieser Zeit litt er unter starken Depressionen. Das berichtet auch einer der berühmtesten Patienten von Sigmund Freud, der „Wolfsmann“, in seinen Memoiren. Er hatte Behring bei einem Sanatoriums-Aufenthalt 1908 in der Nähe von Schloss Nymphenburg in München gesehen (Behring „litt an einer schweren Depression, die man ihm direkt vom Gesicht ablesen konnte“); die Klinik wurde von dem bekannten Psychiater Emil Kraepelin mit betreut.[2]

Familie

Er heiratete am 29. Dezember 1896 Else Spinola (1876–1936). Sie war die Tochter des Geheimrates und Vizedirektors der Charité Werner Bernhard Spinola (1836–1900) und dessen Frau Elise Charlotte Bendix (1846–1926). Das Paar hatte sechs Söhne.

Ehrungen

Briefmarke der Reichspost (1940) zur 50. Jährung der Entdeckung des Serums
Westdeutsche Briefmarke (1954) zum 100. Geburtstag von Paul Ehrlich und Emil von Behring
  • Der Mondkrater von Behring ist nach ihm benannt.
  • 1940, zur 50. Jährung der Entdeckung des Diphtherie-Serums gab die Deutsche Reichspost zwei Gedenkbriefmarken heraus
  • 1954, zum 100. Geburtstag, gab die Deutsche Bundespost eine Gedenkbriefmarke für den nur einen Tag älteren Paul Ehrlich und Emil von Behring heraus
  • HELIOS Klinikum Emil von Behring, Berlin-Zehlendorf
  • Emil-von-Behring-Kaserne, Giebelstadt, Landkreis Würzburg, Sanitätsschule der Luftwaffe (Kaserne seit 1996 außer Dienst)
  • Emil-von-Behring-Gymnasium, Spardorf, Landkreis Erlangen-Höchstadt
  • Emil-von-Behring-Gymnasium, Großhansdorf, Kreis Stormarn
  • Emil-von-Behring-Schule (Gesundheit – Ernährung – Soziales), Geislingen/Steige
  • Emil-von-Behring-Schule in Marburg
  • Emil-von-Behring-Straße in Langenhagen
  • Mindestens 11 Emil-von-Behring-Straßen in deutschen Städten
  • Mindestens 11 Von-Behring-Straßen in deutschen Städten

Behring-Archiv

Das 2011 der Philipps-Universität Marburg übereignete Archiv des Forschers wurde bis Mai 2012 für das Internet aufbereitet und steht dort unter www.uni-marburg.de/behring-digital zu Verfügung.[3]

Ausstellung

  • 2001: Mit aller mir zu Gebote stehenden Rücksichtslosigkeit. Emil von Behring. Marburger Nobelpreisträger 1901. Ausstellung des Kulturamtes der Stadt Marburg, 12. Dezember 2001 bis 28. Januar 2002 im Rathaus der Stadt Marburg
  • 2011: Leben und Wirken Emil von Behrings, Südsaal, Landgrafenschloss Marburg aus Anlass der Übereignung des persönlichen und des Firmenarchivs an die Philipps-Universität Marburg

Literatur

  • Heinz Zeiss, Richard Bieling: Behring. Gestalt und Werk. 2. überarb. Aufl. Berlin: Schultz, 1941.
  • Hans Schadewaldt: Die Anfänge der Immunologie. Emil Behrings Serumtherapie, in: Heinz Schott (Hg.): Meilensteine der Medizin. Dortmund 1996, S. 375-380.
  • Derek S. Linton: Emil von Behring. Infectious Disease, Immunology, Serum Therapy, Philadelphia 2005.
  • Erich Bauereisen: Behring, Emil von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 14 f. (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. Kösener Corpslisten 1960, 61, 99.
  2. Der Wolfsmann vom Wolfsmann. Hrsg. Von Muriel Gardiner. Frankfurt am Main 1972, S. 75.
  3. Briefe und Notizen im Internet in: FAZ vom 5. Mai 2012, Seite 58

Weblinks

Commons: Emil Adolf von Behring – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien