Infektionsverstärkende Antikörper


Als Infektionsverstärkende Antikörper (engl. antibody dependent enhancement, ADE) werden Antikörper bezeichnet, die an die Oberfläche von Viren binden, jedoch diese nicht neutralisieren, sondern zu einer verbesserten Aufnahme des Virus in eine Zelle führen und damit die Ausbreitung und Vermehrung des Virus begünstigen. Infektionsverstärkende Antikörper werden bei einer Erstinfektion mit einigen Viren gebildet und bewirken erst bei einer Zweitinfektion mit dem gleichen oder einem ähnlichen Subtyp des Virus einen schwereren Krankheitsverlauf. Dieser Mechanismus schränkt die Möglichkeit einer Impfung bei einigen Viren erheblich ein, da die Erstinfektion in diesem Fall durch Gabe eines Impfstoffes zur aktiven Immunisierung imitiert wird und infektionsverstärkende Antikörper gebildet werden können. Hyperimmunglobuline zur passiven Immunisierung können auch infektionsverstärkende Antikörper enthalten und ebenfalls einen gegenteiligen Effekt verursachen.

Das Phänomen des ADE wurde zuerst 1979 bei Infektionen von Rhesusaffen mit verschiedenen Subtypen des Dengue-Virus beobachtet, denen man zuvor als passive Immunisierung gegen Dengue-Virus gerichtete Antikörper verabreichte.[1] Ursache für den infektionsverstärkenden Effekt ist die Bildung von schlecht oder nicht neutralisierenden Antikörpern bei einer Infektion mit einem der vier Subtypen des Dengue-Virus oder eine zu geringe Konzentration von neutralisierenden Antikörpern. Besonders die Subtypen-übergreifenden (kreuzreagierenden) Antikörper, die gegen Epitope des E-Proteins der Dengue-Viren gebildet werden, zeigen eine infektionsverstärkende Wirkung. Werden beispielsweise nach einer Infektion mit dem Subtyp 1 Antikörper gebildet, so vermögen diese eine erneute Infektion mit dem Subtyp 1 zu verhindern und die Viren zu neutralisieren. Erfolgt eine Infektion mit einem sehr ähnlichen Subtyp 2, neutralisieren die gegen Subtyp 1 gebildeten Antikörper nicht den Subtyp 2, das bedeutet, nicht alle Oberflächenproteine eines Virions werden von Antikörpern abgedeckt. Die Viren binden nun die IgG-Antikörper mit ihrem Fab-Fragment, während das Fc-Fragment nach außen weist. Dieses Fc-Fragment wird von Fc-Rezeptoren der Makrophagen und Monozyten gebunden und eine Aufnahme der Viren und Infektion dieser Zellen eingeleitet.

Die infektionsverstärkende Wirkung von spezifischen Antikörpern beim Dengue-Fieber erschwert die Entwicklung von klassischen Impfstoffen erheblich.[2]

Infektionsverstärkende Antikörper werden auch bei der infektiösen Peritonitis der Katze beobachtet, wenn es zu Reinfektionen mit den beiden Serotypen des felinen Coronavirus kommt. Dabei tritt der Effekt auch bei Reinfektionen mit dem gleichen Serotyp auf.[3] ADE wird auch bei Infektionen mit Picornaviren beobachtet und hier besonders bei Coxsackievirus-B-Infektionen ein Zusammenhang mit postinfektiösen Autoimmunerkrankungen diskutiert.[4]

Quellen

  • M. Recker et al.: Immunological serotype interactions and their effect on the epidemiological pattern of dengue. Proc Biol Sci. (2009) PMID 19369266 (Volltext)
  1. S. B. Halstead: In vivo enhancement of dengue virus infection in rhesus monkeys by passively transferred antibody. J. Infect. Dis. (1979) 140(4): S. 527-533 PMID 117061
  2. J. R. Stephenson: Understanding dengue pathogenesis: implications for vaccine design. Bull World Health Organ. (2005) 83(4): S. 308-814 (Review) PMID 15868023 (Volltext)
  3. T. Takano et al.: Antibody-dependent enhancement occurs upon re-infection with the identical serotype virus in feline infectious peritonitis virus infection. J. Vet. Med. Sci. (2008) 70(12): S. 1315-1321 PMID 19122397 (Volltext)
  4. P. Sauter, D. Hober D: Mechanisms and results of the antibody-dependent enhancement of viral infections and role in the pathogenesis of coxsackievirus B-induced diseases. Microbes Infect. (2009) 11(4): S. 443-451 PMID 19399964

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