Joop (Unternehmen)
Die JOOP! GmbH ist ein 1986 vom deutschen Modedesigner Wolfgang Joop in Hamburg gegründetes, international operierendes Modeunternehmen für Damen- und Herrenmode sowie Accessoires und Heimtextilien, das seit 2001 ohne Wolfgang Joop geführt wird und seit 2008 zur Kreuzlinger Holy Fashion Group gehört. Große Bekanntheit erlangte das Unternehmen ab Ende der 1980er Jahre durch die Lancierung zahlreicher Parfüm-Produkte unter dem Namen JOOP!.
Geschichte
Gründung
Nachdem der Mode-Designer Wolfgang Joop 1982 unter seinem Nachnamen eine in Lizenz gefertigte Damenmodekollektion entworfen, 1985 eine Herrenkollektion präsentiert und sich als deutscher Designer einen Namen gemacht hatte, gründete er 1986 mit seinem Geschäftspartner, dem Lancaster-Manager Herbert Frommen, in Hamburg die JOOP! GmbH. Die Idee, den Namen Joop in Großbuchstaben mit einem Ausrufezeichen zu einem Markenzeichen und Logo zu verbinden, hatte Joop Anfang der 1980er Jahre gehabt. Frommen, der zuvor für die Etablierung der Parfüm-Linien der Modemarken von Etienne Aigner, Willy Bogner und Jil Sander verantwortlich gewesen war, schloss als Lancaster-Chef mit der Joop! GmbH einen 20-jährigen Vertriebsvertrag ab und lancierte das erste Joop-Parfum, JOOP! Femme.[1] Alle bestehenden Lizenzvereinbarungen mit JOOP! wurden gekündigt und neu verhandelt. Die Verkaufspreise wurden halbiert, um JOOP! als Lifestylemarke im oberen Mittelpreissegment zu etablieren und nicht länger als Designerlabel zu vermarkten und damit größere Käuferschichten zu erreichen. 1988 wurde die JOOP! Jeans Zweitlinie in Zusammenarbeit mit Mustang in Künzelsau etabliert. JOOP! stellte ab Anfang der 1990er nichts mehr in Eigenproduktion her, sondern vergab alle Aufträge an Lizenznehmer; Joops Design-Atelier in Hamburg wurde auf Drängen Frommens geschlossen.[2] 1993 wurde Frommen vom neuen Eigentümer von Lancaster, Joh. A. Benckiser, entlassen und wurde geschäftsführender Gesellschafter der Joop GmbH, an der er und Wolfgang Joop jeweils 50 % hielten. Pressesprecher des Unternehmens war Joops damaliger Lebensgefährte Edwin Lemberg. Die Mode von Joop wurde bei den Modenschauen in New York präsentiert und auch von amerikanischen Kaufhäusern, wie Saks Fifth Avenue, geführt. JOOP! betrieb eigene Boutiquen (Hamburg, Frankfurt Airport, Düsseldorf), die von Partnern geleitet wurden, und zeitweise Franchise-Boutiquen (Hannover, Kampen, Stuttgart Flughafen, Potsdam, St. Petersburg, Belgrad, Tallinn). Eine stilisierte Kornblume - Joops Lieblingsblume - war neben dem Schriftzug JOOP! und dem Ausrufezeichen, welches ab Mitte der 1990er auch alleine auf Bekleidung als Markenzeichen - bspw. in weiß auf rotem Etikett an Jeans-Gesäßtaschen - erschien, als Erkennungszeichen für JOOP! etabliert worden.
Lizenzunternehmen
Als erste Lizenz des neu gegründeten Unternehmens wurde 1987 eine Parfüm-Lizenz von Wolfgang Joop vergeben. Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche Duftwässer und Kosmetik von Lancaster/Coty unter dem Namen JOOP! lanciert, darunter Klassiker wie JOOP! Le Bain (1988), JOOP! Homme (1988), JOOP! Nuit d'Été (1990), JOOP! Berlin (1991), JOOP! Nightflight (1992), All about Eve (1996) uvm. Das Lizenzgeschäft mit Parfüm machte einen großen Teil der Umsätze von JOOP! aus, bspw. im Jahr 1992 ca. 190 Mio. DM von insgesamt 450 Mio. DM Konzernumsatz.[3] Die Flakons der Joop-Düfte wurden vom Industriedesigner Peter Schmidt entworfen.
Es folgten über 20 Lizenzen für verschiedene Segmente der Marke JOOP!, darunter Damenmode (produziert von Trend Trading Heidelberg, Jobis, Ica, Falber, Seidensticker, Windsor), Herrenmode (Windsor), Kindermode (Mustang, Kanz), Jeans (Mustang), Strickmoden (Damen: Fuzzi, Herren: Windsor), Krawatten (Windsor), Unterwäsche (Damen: Calida, Herren: Hanro, Mariner), Socken (Crönert), Strümpfe (Falke) Schuhe (Egana Goldpfeil, Calzaturificio Monique), Tücher, Lederwaren (Bjoern Pfeiff) und Taschen (Egana Goldpfeil), Gürtel (Egana Goldpfeil), Brillen (Menrad), Uhren (Junghans), Heimartikel wie Bettwäsche oder Porzellan. Die jeweiligen Firmen waren zum Teil selbst für die Werbung und den Markenauftritt ihrer Lizenzprodukte verantwortlich bzw. hatten sich ein Mitspracherecht gesichert, so dass im Laufe der Jahre mitunter ein uneinheitlicher, nicht aufeinander abgestimmter Markenauftritt von JOOP! als Gesamtmarke erfolgte.
Wünsche AG
Spätestens als Frommen mit Estée Lauder 1996 die Firma Palladio gründete, welche Duftwässer für andere Modemarken lancierte, kam es zwischen ihm und Joop zum Streit, der auch vor Gericht verhandelt werden musste, nachdem Joop versucht hatte, Frommen aus dem Konzern zu drängen.[4] Der Jahresumsatz von JOOP! lag Ende der 1990er bei mehr als einer halben Milliarde DM.[5] 1998 verkauften Joop und Frommen 95 % der JOOP! GmbH für ca. 150 Mio. DM an den Hamburger Mischkonzern (Textilien, Immobilien, Reederei etc.) von Kai Wünsche, die Wünsche AG.[6] Der Firmensitz wurde von Hamburg nach Potsdam verlegt. Weitere Kauf-Interessenten waren die ehemaligen Hugo Boss Manager und Brüder Jochen und Uwe Holy zusammen mit Peek & Cloppenburg (Düsseldorf) gewesen sowie der damalige Eigentümer von Hugo Boss, die italienische Marzotto-Gruppe. Unter der Leitung von Wünsche-Geschäftsführer Peter Littmann, zuvor Vorstandsvorsitzender von Hugo Boss, blieb Joop Kreativchef der Marke. Littmann sollte den bereits angeschlagenen Wünsche-Konzern sanieren, der auch 1998 wieder Verluste verbuchte. Dazu wollte er JOOP! zum Global Player ausbauen und scheiterte damit.[7] Auch ein geplanter Börsengang von JOOP! wurde nicht verwirklicht. Joop und Littman waren sich über den Ausbau der Marke und die Markenführung mit den Lizenznehmern nicht einig und stritten sich diesbezüglich medienwirksam. Zeitweise gab es Gerüchte, dass Joop seine Firma zurückkaufen wollte, und schließlich verließ Littmann Wünsche Ende 1999 im Streit.[8] Joop verkaufte die verbleibenden 5 % im Jahr 2001 für knapp 10 Mio. DM an Wünsche und schied aus dem von ihm gegründeten Unternehmen aus.[9] Ende 2001, auch nachdem für die JOOP! GmbH hohe Steuernachzahlungen fällig wurden und Wolfgang Joop per Gerichtsentscheid Honorarzahlungen in Millionenhöhe erwirkt hatte, meldete die Wünsche AG - zu der neben JOOP! zeitweilig auch die Modemarke Cinque, Anteile an der defizitären Filialkette Jean Pascale und dem Label Camera gehörten - nachdem ein Sanierungsplan gescheitert war Insolvenz an und wurde in Folge liquidiert.
Holy Fashion Group
2003 wurde die JOOP! GmbH nach einem Übernahmekampf mit Banken und Anteilseignern vom Wünsche-Insolvenzverwalter zu drei gleichen Teilen an die vormaligen Lizenznehmer von JOOP!, die Brüder Uwe und Jochen Holy (Windsor/Strellson - Modelizenz) sowie Hans-Jürgen Seeberger (EganaGoldpfeil - Lizenz für Lederwaren und Accessoires) und Lancaster (Coty - Lizenz für Parfüm und Kosmetik) verkauft, von welchen in Folge jeder für seinen Bereich verantwortlich war.[10] Die Mitarbeiterzahl bei JOOP! sank von über 100 auf etwa 30. Die JOOP!-Boutiquen wurden im Laufe der Zeit bis auf die Standorte Hamburg und Düsseldorf geschlossen. Die JOOP! Kids Kollektion für Kinder (ab 1993 von Mustang, ab 2002 von Kanz produziert) wurde 2004 eingestellt. 2006 wurde die Damenmode-Lizenz von Trend Trading Heidelberg durch Windsor zurückgeholt, daraufhin ein Jahr mit der Damenmode komplett ausgesetzt und 2007 eine neue Damenmodekollektion von JOOP! bei der CPD in Düsseldorf präsentiert. Ende 2006 wurde der Designer Dirk Schönberger, der unter seinem Namen von 2002 bis 2007 ein Modelabel in Paris betrieb, als Kreativdirektor bei JOOP! bestellt. Seine puristischen Kreationen wurden in der Fachwelt gelobt, die Kundschaft reagierte allerdings zurückhaltend auf die zum Teil fast avantgardistischen Designer-Entwürfe. Mitte 2007 verkaufte Coty Inc. den eigenen Anteil an JOOP! - allerdings nicht ohne sich die Rechte am Kosmetik-Geschäft der Marke zu sichern - zu gleichen Teilen an die 2006 gegründete Holy Fashion Group sowie an Egana-Goldpfeil, welche damit jeweils 50 % an JOOP! hielten. Ende 2008 übernahm die Holy Fashion Group, zu der auch die Marken Windsor, Strellson und in Lizenz Tommy Hilfiger Tailored gehören, den 50 %-Anteil der inzwischen insolventen Egana-Gruppe und wurde damit Allein-Eigentümer.[11] Die Joop-Zentrale wurde von Hamburg nach Kreuzlingen verlegt, die unzähligen Lizenzen neu koordiniert, das Markenportfolio einheitlich geführt. Eine Neuausrichtung der Marke und des Designs fand nach enttäuschenden Verkaufszahlen statt. Die Hauptlinie für Damen (in Bielefeld bei Windsor gefertigt) und Herren (in Kreuzlingen bei Holy gefertigt) wurde in JOOP! Collection umbenannt, die Denim-basierte Kollektion JOOP! Jeans wurde eingestellt und durch JOOP! Casual ersetzt.
Der Name Joop
Unter dem Namen Joop betreiben, voneinander unabhängig, die Holy Fashion Group das Label JOOP! und die Tochter von Wolfgang Joop seit 1996 ihr Mode- und Schmucklabel Jette Joop (wenngleich seit 2005 vornehmlich als JETTE). Wolfgang Joop selbst ist der Designer hinter seinem Mode-Label Wunderkind und hat in den vergangenen Jahren eigene Parfüms unter seinem Namen (Wolfgang Joop, Wolfgang Joop Freigeist) im Handel lanciert. Dieses "Verwirrspiel" um den Namen belastet nach Branchenkennern die Marke JOOP! im deutschen Markt.[12]
Produkte
Das Unternehmen JOOP! verkauft neben Damen- und Herrenmode weiterhin Accessoires (Taschen, Schuhe, Lederwaren, Brillen), Uhren und Schmuck, Unterwäsche (JOOP! Bodywear) sowie eine Heimkollektion (JOOP! Living, Raumtextilien, Bettwäsche, Möbelprogramme). Seit 2008 zeigte JOOP! die eigenen Kollektionen bei den 2007 gegründeten Berlin Fashion Week Modenschauen in Berlin. Schönberger verließ JOOP! Anfang 2010 und wurde als Chefdesigner bei adidas der Nachfolger von Michael Michalsky.[13] Für die Herrenkollektion zeichnet ab 2010 der Designer Marc Biggemann verantwortlich, für die Damenkollektion Stefanie Grosse. Biggemann wurde 2012 durch Matthias Rehbeck ersetzt, welcher zuvor die Lizenz-Kollektion Tommy Hilfiger Tailored bei der Holy Fashion Group verantwortete. Anfang 2010 machte Herren-Oberbekleidung 80 % der Joop-Umsätze aus, allein ein Drittel entfiel auf Herren-Anzüge. Die Markenbekanntheit von JOOP! liegt in Deutschland bei 82 %. JOOP! betreibt eigene Boutiquen in Hamburg und Düsseldorf sowie Outlets in Bielefeld bei Windsor, im Wertheim Village und in Metzingen. Hauptabsatzmarkt der Marke ist Deutschland; international spielt sie keine bedeutende Rolle.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Der Spiegel: Auf dem Ego-Trip (21. Oktober 1996).
- ↑ SZ: Träumen wie früher (27. April 2002).
- ↑ Absatzwirtschaft: Wer hat den besseren Riecher? (1. August 1993)
- ↑ Textilwirtschaft: Joop GmbH: Streit geht vor Gericht (6. März 1997).
- ↑ Textilwirtschaft: Joop will sich von 10 % seiner Kunden trennen (21. Januar 1999).
- ↑ brandeins: Joop - Wolfgang = ? (Februar 2005).
- ↑ Die Welt: Duell der Diven (7. Dezember 2001).
- ↑ Manager-Magazin: Männer-Feindschaft (26. April 2001).
- ↑ Handelsblatt: Joop fortan ohne Wolfgang (25. April 2001).
- ↑ Manager-Magazin: Joop - Geschäftsführer abgelegt (22. Juli 2003)
- ↑ Textilwirtschaft: Chefsache Joop! (17. Juni 2010)
- ↑ Handelsblatt: Holys setzen auf Strellson und Joop (24. Oktober 2007).
- ↑ Manager-Magazin: Fashion Week Berlin: Vision contra Wirklichkeit (20. Januar 2010).