Jungfernkranich



Jungfernkranich

Jungfernkranich (Anthropoides virgo)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Kranichvögel (Gruiformes)
Familie: Kraniche (Gruidae)
Unterfamilie: Echte Kraniche (Gruinae)
Gattung: Anthropoides
Art: Jungfernkranich
Wissenschaftlicher Name
Anthropoides virgo
(Linnaeus, 1758)
Jungfernkranich

Der Jungfernkranich (Anthropoides virgo) ist die kleinste Art der Familie der Kraniche (Gruidae). Die Art ist ein Brutvogel der borealen Zone sowie der Steppen- und Wüstenzonen von Südosteuropa über Zentralasien bis in den Nordwesten der Mongolei und dem Nordosten Chinas. In Mitteleuropa ist der Jungfernkranich ein sehr seltener Irrgast. Anerkannte Wildvogelbeobachtungen gibt es beispielsweise für die Niederlande in den 1990er Jahren.[1]

Erscheinungsbild und Stimme

Der Jungfernkranich erreicht eine Körperhöhe von 90 bis 100 Zentimeter und wiegt etwa 2.500 Gramm.[2] Seine Flügelspannweite beträgt 165 bis 185 cm. Er ist durch weiße Federbüschel hinter den Augen und ein langes dunkles Brustgefieder gekennzeichnet. Die Schulterfedern überragen den Schwanz. Dieser ist aber nicht so buschig wie beim Kranich.

Der Ruf des Jungfernkranich ist höher, härter und rauer als die des Kranichs.

Verbreitung

Der Jungfernkranich lebt in den Steppen Südrusslands, zwischen der Ukraine und dem Osten Sibiriens sowie in einigen Gegenden im Nordwesten Afrikas und zählt somit zu den Steppenformen der Kraniche. Er überwintert in Afrika und Indien (und dessen Nachbarländern Myanmar, Bangladesh und Pakistan[3]). Auf seinem Durchzug von und nach Afrika überquert er das östliche Mittelmeer.

Lebensweise

Der Jungfernkranich ernährt sich von Pflanzen und kleineren Tieren wie Würmern, Insekten, Schnecken, Eidechsen, Mäusen, Fröschen oder Küken.

Der Jungfernkranich brütet in Erdnestern. Ein Gelege besteht in der Regel aus zwei Eiern. Die Brutzeit beträgt 27 bis 29 Tage. Nach 55 bis 65 Tagen sind die Jungen flügge.

Bestand und Gefährdung

Die Populationsgröße wird auf 200.000 bis 240.000 Vögel geschätzt, nimmt aber stark ab. Vor allem die Zerstörung der Lebensräume und die Bedrohung durch Raubwild und verwilderte Hunde sind dafür verantwortlich. Zudem erbeuten indische und ostafrikanische Jäger pro Saison etwa ein Zehntel der Zugvögel auf ihrem Weg in die Hauptüberwinterungsgebiete. Die IUCN stuft den Jungfernkranich als "nicht gefährdet" ein.

Jungfernkranich und Mensch

Im Jahr 1758 gab Carl von Linné den Jungfernkranich den lateinischen Namen Ardea virgo.

Als Ziergeflügel wurden Jungfernkraniche sowohl in China („Vogel ersten Ranges“) und in Indien („Vornehmster aller Gefiederten“) als auch im Alten Ägypten gehalten. Davon berichten über 4000 Jahre alte Reliefs in ägyptischen Gräbern der Pharaonenzeit. Auch die Grabkammer des Ti weist darauf hin, dass diese Vögel sowie Graukraniche in halbzahmen Herden als Opfertiere gehalten und gemästet wurden.

Aus Schriften des Römers Varro lässt sich schließen, dass Jungfernkraniche auch später als Hausvögel gehalten wurden. Dabei wurden sie zur Bewachung von Haus und Hof eingesetzt, um mit ihrem lauten trompetenähnlichen Schreien zuverlässig vor Raubtieren und Greifvögeln zu warnen. Als Karl der Große jedoch ein salisches Gesetz änderte, ging dieser Brauch verloren.

Belege

Einzelbelege

  1. Hans-Günther Bauer, Einhard Bezzel und Wolfgang Fiedler (Hrsg): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes – Nichtsperlingsvögel, Aula-Verlag Wiebelsheim, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89104-647-2, S. 377
  2. Bergmann et. al., S. 167
  3. Ali, Salim: The Book of Indian Birds (engl.), 13th ed., Bombay Natural History Society, Oxford University Press, 2002, S. 124

Literatur

  • Wolfgang Mewes, Günter Nowald, Hartwig Prange: Kraniche - Mythen. Forschung. Fakten. G. Braun Verlag, Karlsruhe 2003, ISBN 3-7650-8195-7
  • Heiner-Heiner Bergmann; Siegfried Klaus, Franz Müller, Wolfgang Scherzinger, Jon E. Swenson, Jochen Wiesner: Die Haselhühner. Die Neue Brehm-Bücherei Band 77, Westarp Wissenschaften, Magdeburg 1996, ISBN 3-89432-499-6

Weblinks