Kabeljaukriege
Die drei so genannten Kabeljaukriege (engl. Cod war) entwickelten sich vornehmlich zwischen Island und dem Vereinigten Königreich in den Jahren 1958–1975. Allerdings war auch die Bundesrepublik Deutschland an einigen Konflikten beteiligt. Island weitete seine Fischereigrenzen von vier auf zwölf, dann auf 50 und zuletzt auf 200 Seemeilen aus.
Ursachen
Island erwirtschaftet einen erheblichen Teil seiner Exporteinnahmen aus Fischereiprodukten, bei denen der – den Kriegen ihren Namen gebende – Kabeljaufang wiederum eine bedeutende Rolle spielt. Es unterhält selbst zwar eine Küstenwache, aber weder eine Marine, noch sonstige Streitkräfte (siehe auch: Militärische Situation Islands). Nach der Modernisierung der ausländischen Fangflotten kündigte Island 1952 das alte 3-Seemeilen-Abkommen, das 1901 zwischen Dänemark und dem Vereinigten Königreich über die isländischen Fischgründe abgeschlossen worden war, und richtete eine Schutzzone von vier Seemeilen ein. Aus Protest boykottierte Großbritannien den Import von isländischem Fisch. Daraufhin begannen die Isländer, leistungsfähige Tiefkühlanlagen zu bauen, und erschlossen neue Absatzmärkte vor allem in den USA und der UdSSR.
Erster Kabeljaukrieg
Wegen erneuter Überfischung entschloss sich Island 1958, die Zone auf zwölf Seemeilen zu erweitern, woraufhin Großbritannien Kriegsschiffe zum Schutz der britischen Fischtrawler in die 12-Seemeilen-Zone schickte. Es kam zu relativ harmlosen Auseinandersetzungen zwischen isländischen Küstenwachbooten und britischen Trawlern. Nach dem Protest der Isländer bei den Vereinten Nationen und vor dem NATO-Rat musste Großbritannien die 12-Seemeilen-Zone schließlich anerkennen und sich zurückziehen.
Zweiter Kabeljaukrieg
Nachdem es Anfang der 1970er Jahre wieder zum Zusammenbruch der Fischbestände in den isländischen Hoheitsgewässern kam und das Einkommen der Fischer stark sank, erweiterte man 1972 noch einmal die Schutzzone auf diesmal 50 Seemeilen. So beanspruchte nun Island 30 % der Grundfischerträge im Nordatlantik. Großbritannien und Deutschland wollten dies nicht anerkennen, was weitere Auseinandersetzungen zur Folge hatte. Die Isländer zerstörten die Fanggeräte fremder Fischerboote, die sich innerhalb der beanspruchten 50-Seemeilen-Schutzzone befanden.
Durch die Intervention der USA, die den möglichen Verlust eines ihrer Stützpunkte, der Luftwaffenbasis in Keflavík, befürchteten, wurde der Streit schließlich beigelegt. Nach dem Erhalt von Sonderfangrechten akzeptierte Großbritannien die Ausweitung der Zone.
Dritter Kabeljaukrieg
Die Erweiterung der Schutzzone zeigte nicht die erhoffte Wirkung und konnte auch nicht die wirtschaftlichen Probleme lösen. 1974 kündigte der isländische Ministerpräsident Geir Hallgrímsson die Ausweitung auf 200 Seemeilen an, die ein Jahr später ausgeführt wurde. Großbritannien schickte daraufhin wieder Trawler unter dem Schutz von Kriegsschiffen in die isländische Küstenregion. Die Isländer kappten wieder die Netze fremder Schiffe (u. a. auch deutscher Fischerboote) und rammten die britischen Kriegsschiffe. Zu einem gut dokumentierten Zwischenfall kam es am 7. Januar 1976, als das Patrouillenboot Thor der isländischen Küstenwache 35 sm vor der isländischen Küste die britische Fregatte HMS Andromeda rammte. Die Royal Navy vertritt den Standpunkt, dass die Thor versucht habe, die Fangnetze des Britischen Trawlers "Portia" zu kappen, dabei abrupt den Kurs änderte und die Fregatte rammte.[1] Die diplomatischen Beziehungen zwischen Island und Großbritannien wurden 1976 vorübergehend unterbrochen. Der Konflikt wurde auf dem Verhandlungsweg beigelegt, und am 2. Juni 1976 akzeptierte die britische Regierung in einem Interimsvertrag die 200-Seemeilen-Zone.
Ende des Streits
Das kleine und militärlose Island konnte seine Interessen in allen drei Konflikten gegen das weitaus mächtigere Vereinigte Königreich durchsetzen. Die 200-Seemeilen-Zone Islands wurde zum 1. Januar 1977 von allen EWG-Staaten anerkannt. Nach Artikel 57 des am 10. Dezember 1982 unterzeichneten Seerechtsübereinkommens der UN können die Fischereigrenzen nunmehr generell auf bis zu 200 Seemeilen ausgedehnt werden. Von Jahr zu Jahr konnten die Erträge der Isländer gesteigert werden. Internationale Abkommen über Fangquoten haben zum Ziel, den Rückgang der Fischbestände zu beenden.
Siehe auch
- Geschichte Islands
- Buttkrieg
Literatur
- Katrin Rupprecht: Der deutsch-isländische Fischereizonenstreit 1972-1976. Krisenfall für die NATO?. Peter Lang, Frankfurt a. M. 2011, ISBN 978-3-631-62042-7.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ world ocean reviwe 1 (20120): S. 124