Kelvin-Helmholtz-Instabilität
Als Kelvin-Helmholtz-Instabilität bezeichnet man das Anwachsen kleiner Störungen in der Scherschicht zweier Fluide mit unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten.
Ein anschauliches Beispiel liefern Wellen auf einem See während eines Sturms oder der sich kräuselnde Rauch eines Räucherstäbchens in einem ansonst ruhigen Zimmer.
Phänomenologie
Als Wetterphänomen kann es an seltsamen Wolken, die einzeln oder in gleich aussehenden Gruppen am Himmel zu sehen sind, erkennbar werden. Sie entstehen durch eine Verwirbelung von zwei übereinander liegenden Luftschichten, die sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und/oder Richtung bewegen. Ähnlich wie wenn Wind über Wasser streicht, entstehen Wellen an der Grenzschicht, wobei Teile der meist feuchteren unteren Luftschicht so weit nach oben gewirbelt werden, dass ihr Taupunkt unterschritten wird und es zu Wolkenbildung kommt.
Physikalische Interpretation
Weit entfernt von der Grenzschicht sind die Strömungsgeschwindigkeiten konstant. Nahe der Grenzschicht muss sich aber ein Luftelement schneller über den Wellenbuckel bewegen als ein weiter entferntes (ähnlich wie bei einem Tragflügel). Nach der Bernoulli-Gleichung ist aber der Druck über der Welle infolge der höheren Windgeschwindigkeit kleiner als in der Umgebung. Infolgedessen gibt es eine Kraft, die den Wellenkamm nach oben zieht. Analog verhält es sich in einem Wellental: Die Luft fließt langsamer über die Oberfläche eines Wellentals als in der Umgebung, und darum ist der Umgebungsdruck lokal höher. Das Wellental wird nach unten gedrückt.
Theorie
Ein einfaches Modell für die Kelvin-Helmholtz-Instabilität erhält man, wenn man die folgende Frage zu beantworten sucht: Gegeben ist eine Strömung über einer Grenzschicht. Unter welchen Bedingungen ist die Grenzschicht stabil gegen kleine Störungen?
Störungsrechnung
Gegeben sei also eine Flüssigkeit mit der Dichte
Das Druckfeld lässt sich nun schreiben als
und das Geschwindigkeitsfeld als
wobei
und die Euler-Gleichung
Dort eingesetzt erhält man für die gestörten Größen
und
Diese zwei Gleichungen liefern für den gestörten Druck die Laplace-Gleichung
Nun sucht man nach einer Wellenmode, die exponentiell mit dem Abstand
Als Nächstes substituiert man dieses Resultat in die gestörten Euler-Gleichungen. Dabei erhält man
und
Nun müssen noch die Randbedingungen erfüllt sein: Zunächst muss die vertikale Komponente der Störung
direkt über der Scherschicht
direkt unter der Scherschicht
Löst man diese Gleichung nach
Zeitliches Wachstum der Störung
Nun kann man das Wachstum der Störung berechnen. Bewegt man sich mit der Geschwindigkeit
Räumliches Wachstum der Störung
Siehe auch
- Scherschicht
- Karmansche Wirbelstraße
- Clear Air Turbulence
Weblinks
- Praktikumsunterlagen bei der gwdg (PDF-Datei; 675 kB)
- http://www.amath.washington.edu/~rjl/clawpack/euler/sester/KH.html - animiertes Beispiel
- http://www.math.lsa.umich.edu/~krasny/k-h.html - zeitliche Momentaufnahmen
- Wolkenfotos gib es: hier
- http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,813437,00.html - Kelvin-Helmholtz-Wogen am 2. Februar 2012 über Birmingham (Alabama)