Livyatan


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Livyatan

Schädel von Livyatan melvillei im Naturkundemuseum von Lima (Ansicht von unten).

Zeitliches Auftreten
Mittleres Miozän (Serravallium)
13 bis 12 Mio. Jahre
Fundorte
  • Pisco-Formation (Peru)
Systematik
Höhere Säugetiere (Eutheria)
Laurasiatheria
Wale (Cetacea)
Zahnwale (Odontoceti)
Physeteroidea
Livyatan
Wissenschaftlicher Name
Livyatan
Lambert, Bianucci, Post, de Muizon, Salas-Gismondi, Urbina & Reumer, 2010
Art
  • Livyatan melvillei

Livyatan ist eine ausgestorbene Pottwalgattung aus dem mittleren Miozän vor 13 bis 12 Millionen Jahren. Die einzige bislang bekannte Art, Livyatan melvillei, wurde 2010 anhand eines zu 75 % erhaltenen Schädels und eines mit Zähnen besetzten Unterkiefervorderteils beschrieben. Die Fossilien wurden 2008 in der Pisco-Formation im südlichen Peru (35 km südwestlich von Ica) gefunden. Weitere Zahnfunde kamen in der Bahia-Inglesa-Formation im nördlichen Chile zu Tage.

Die Gattung wurde nach dem biblisch-mythologischen Seeungeheuer Leviathan und die Art Livyatan melvillei nach dem Autor des Romans Moby Dick, Herman Melville, benannt. Da der Gattungsname Leviathan bereits 1841 eingeführt worden war (heute als Synonym für die Gattung Mammut Blumenbach, 1799 betrachtet), wurde der Gattungsname von den Beschreibern wenig später in die hebräische Form Livyatan geändert.

Merkmale

Der Schädel hat eine Länge von drei Metern und ist an der breitesten Stelle 1,9 Meter breit, die Zähne in Ober- und Unterkiefer erreichen einen Durchmesser von 8,1 bis 12,1 Zentimetern und eine Maximallänge von 36 Zentimetern. Die Zähne zusammen mit den Kieferknochen sind eines der größten Beißwerkzeuge eines Wirbeltiers und das größte bekannte eines Tetrapoden, das jemals gefunden wurde. In jedem Unterkieferast (Dentale) befinden sich elf tiefe Zahnfächer (Alveolen), in jedem Maxillare neun. Das Prämaxillare ist zahnlos. Mit Ausnahme einiger Individuen des Zwergpottwals hatte Livyatan damit von allen Pottwalverwandten die wenigsten Zähne.[1] Ein Zahnfund aus dem nördlichen Chile weist eine Länge von 32,2 Zentimetern bei einem Durchmesser von 10,9 cm auf. Die Spitze steht außerhalb der Zahnachse.[2]

Die Schnauze ist kurz und nur wenig länger als der Hinterschädel. Sie ist an der Basis breit und läuft spitz zu. Eine große konkave Struktur auf dem Vorderschädel von Livyatan könnte ein mit Walrat gefülltes Organ beinhaltet haben. Das Schädelfenster ist sehr groß und unterscheidet sich deutlich vom kleineren Schädelfenster des Pottwals. Die Gesamtlänge des Wals wird auf 13,5 bis 17,5 Meter geschätzt. Er war damit der größte bisher gefundene Pottwalverwandte.

Ökologie

Aufgrund der starken Bezahnung wird vermutet, dass Livyatan melvillei sich ähnlich wie der zur selben Zeit lebende große Hai Otodus megalodon von größeren Wirbeltieren ernährte; unter anderem von großen Fischen, Robben und Bartenwalen. Das Miozän bildete einen Höhepunkt für die Diversität der Bartenwale, bisher sind mehr als 25 Gattungen nachgewiesen, und an der Fundstelle von Livyatan wurden mehr als 20 Skelette eines bisher nicht beschriebenen Bartenwals aus der Familie der Cetotheriidae gefunden. Livyatan nahm also eine völlig andere ökologische Nische ein als der sich von tiefseebewohnenden Kopffüßern ernährende Pottwal. Mit dem Ende des mittelmiozänen klimatischen Optimums ging die Artenvielfalt der Bartenwale zurück und die räuberisch von Großwirbeltieren lebenden Pottwalverwandten starben aus. Ihre ökologische Rolle wurde später von den Schwertwalen aus der Familie der Delfine übernommen.

Isotopenuntersuchungen an dem Zahn aus der Bahia-Inglesa-Formation erbrachten relativ geringe Werte für das Kohlenstoff-Verhältnis. Dies spricht dafür, dass die Jagdgründe von Livyatan wohl südlich des 40. südlichen Breitengrades lagen. Im Vergleich mit den Isotoptenwerten von Funden großer Bartenwale aus der gleichen Gesteinseinheit gehörten diese aber offensichtlich nicht zum Beutespektrum. Dadurch ernährte sich Livyatan wahrscheinlich nicht ausschließlich von großen Beutetieren. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass er diese in weitaus südlicheren Meeresgebieten jagte. Die Zähne von Livyatan wiesen eine dicke, rund 600 Mikrometer messende Zahnschmelzschicht auf, die von deutlichen „Hunter-Schreger-Bändern“ durchzogen ist. Diese offene oder geschlossene Prismen bildenden Strukturen erhöhen die Festigkeit der Zähne und lassen diese so größere Krafteinwirkungen widerstehen, etwa verursacht durch kräftige Bisse. Heutige Pottwale haben weit einfacher gebauten Zahnschmelz ohne „Hunter-Schreger-Bänder“, der sich zudem während der Lebzeit häufig abnutzt. Demnach ging der komplexe Zahnschmelz im Verlauf der Evolution der Pottwal-Verwandtschaft verloren.[2]

Systematik

Livyatan melvillei ist mit dem rezenten Pottwal und Zwergpottwal verwandt, unterscheidet sich von diesem aber vor allem durch den bezahnten Oberkiefer. Die systematische Stellung von Livyatan melvillei verdeutlicht folgendes Kladogramm:

Schädel eines Pottwalverwandten aus dem Miozän von Kalifornien, der dem Schädel von Livyatan sehr ähnlich ist. Die starke Bezahnung und das große Schädelfenster sind deutlich sichtbar.
  Physeteroidea  

 Eudelphis


   


 Acrophyseter


   

 Zygophyseter


   

 Brygmophyseter




   

 Livyatan


   

 Placociphius


   

 Orycterocetus


   
  Physeteridae  

 Physeterula


   

 Aulophyseter


   

 Pottwal (Physeter)




  Kogiidae  

 Aprixokogia


   

 Thalassocetus


   

 Scaphokogia


   

 Praekogia


   

 Zwergpottwale (Kogia)












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Literatur

  • Olivier Lambert, Giovanni Bianucci, Klaas Post, Christian de Muizon, Rodolfo Salas-Gismondi, Mario Urbina & Jelle Reumer: The giant bite of a new raptorial sperm whale from the Miocene epoch of Peru. In: Nature. Band 466: S. 105–108, 1. Juli 2010, doi:10.1038/nature09067.

Einzelnachweise

  1. 2,0 2,1 Carolina Loch, Carolina S. Gutstein, Nicholas D. Pyenson und Mark T. Clementz: But did it eat other whales? New enamel microstructure and isotopic data on Livyatan, a large physteroid from the Atacama region, northern Chile. 79th Annual Meeting of the Society of Vertebrate Palaeontology, Abstracts of Papers, 2019, S. 143.

Weblinks

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