Miozän


System Serie Stufe ≈ Alter (mya)
höher höher höher jünger
Neogen Pliozän Piacenzium 3,6–2,588
Zancleum 5,332–3,6
Miozän Messinium 7,246–5,332
Tortonium 11,608–7,246
Serravallium 13,82–11,608
Langhium 15,97–13,82
Burdigalium 20,43–15,97
Aquitanium 23,03–20,43
tiefer tiefer tiefer älter

Das Miozän ist in der Erdgeschichte eine chronostratigraphische Serie des Neogens, früher des Tertiärs. Es begann vor etwa 23,03 Millionen Jahren und endete vor etwa 5,332 Millionen Jahren. Vor dem Miozän liegt die Serie des Oligozäns, das ist der jüngste Abschnitt des Paläogens. Nach dem Miozän folgt die Serie des Pliozäns.

Namensgebung und Geschichte

Der Name wurde von Charles Lyell 1847 vorgeschlagen und leitet sich von griech. μεϊον meiōn „kleiner, geringer, weniger“ und καινός kainos „neu, ungewöhnlich“ her.

Definition und GSSP

Die untere Grenze der Miozäns (und auch der Stufe des Aquitaniums) wird durch folgende Ereignisse in der Erdgeschichte definiert: Basis der Magnetischen Polaritäts-Chronozone C6Cn.2n, Erstauftreten der Foraminiferen-Art Paragloborotalia kugleri und durch das Aussterben der kalkigen Nannoplankton-Art Reticulofenestra bisecta (Basis der Nannoplankton-Zone NN1). Die Obergrenze (und zugleich die Obergrenze der Messinium-Stufe bzw. die Untergrenze der Zancleum-Stufe) ist der Top der Magnetischen Polaritäts-Chronozone C3r (rund 100.000 Jahre vor der Thvera normal-polaren Subchronozone C3n.4n). Knapp oberhalb der Grenze liegt der Aussterbehorizont der kalkigen Nannoplankton-Art Triquetrorhabdulus rugosus (Basis der CN10b-Zone) und das Erstauftreten der kalkigen Nannoplankton-Art Ceratolithus acutus. Der GSSP (globaler Eichpunkt) für die Basis des Miozäns (und der Aquitanium-Stufe) liegt in der Nähe von Carrosio, nördlich von Genua in Italien.

Untergliederung

Das Miozän wird derzeit in drei chronostratigraphische Unterserien und in sechs chronostratigraphische Stufen unterteilt:

  • Serie: Miozän (23,03–5,332 mya)
    • Unterserie: Oberes Miozän (oder Obermiozän)
    • Unterserie: Mittleres Miozän oder Mittelmiozän
    • Unterserie: Unteres Miozän oder Untermiozän

Im Miozän wurden in Europas tektonischen Becken gewaltige Sediment-Massen abgelagert. Da diese Ablagerungen oft nur sehr schwierig mit den internationalen Stufen zu korrelieren sind, wurden für den Bereich der zentralen Paratethys und für das Norddeutsche Tertiärbecken eigene, regionale Stufen vorgeschlagen. Für die zentrale Paratethys lautet die Stufengliederung:

Für das Norddeutsche Tertiärbecken wurden folgende regionalen Stufen vorgeschlagen (und verwendet):

Die für die Gliederung der Sedimente des Norddeutschen Tertiärbecken benutzten Unterserienbegriffe, „Unteres Miozän“, „Mittleres Miozän“ und „Oberes Miozän“ entsprechen nicht der internationalen Untergliederung der Miozän-Serie.

Paläogeographie

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Die Erde im Unteren Miozän (um 20 Millionen Jahre), paläogeographische Rekonstruktion

Seit dem Erdmittelalter waren die Kontinente auseinander gedriftet, wobei sich zunächst Laurasia vom Südkontinent Gondwana getrennt hatte und schließlich beide Landmassen weiter in die heutigen Kontinente zerbrachen. Bereits im frühen Oligozän war die Antarktis von Australien und Südamerika getrennt, was einen zirkumpolaren Meeresstrom ermöglichte. So waren im Miozän Südamerika, Afrika, Australien und die Antarktis eigenständige Inselkontinente. Das Miozän war im Gegensatz dazu von Gebirgsbildungen geprägt, die durch das Aufeinanderprallen von Kontinentalplatten verursacht wurden. So drückte das Bruchstück Indien, das bereits seit dem frühen Eozän gegen den asiatischen Kontinent geprallt war, im mittleren Miozän immer stärker nach Norden, wodurch der Himalaya aufgefaltet wurde. Dies geht etwa aus den Sedimentbildungen im Indischen Ozean hervor. Gleichzeitig schob sich die Afrikanische Platte seit dem frühen Miozän nach Norden vor, was zur Verkleinerung des Tethysmeeres und zur Gebirgsbildung des Zagrosgebirges und der Alpen führte. Auch in Nordamerika, wo sich die Rocky Mountains erhoben, war das Miozän eine Phase der Gebirgsbildung[1].

Klima, Meeresspiegel und Vegetation

Das Klima im Miozän war global noch warm, obwohl eine allmähliche Abkühlung die bevorstehende Eiszeit des Pleistozäns ankündigte. Insgesamt war es relativ starken Schwankungen unterworfen. Am Ende des vorangehenden Oligozän war das Klima relativ kühl. Dabei hatte sich sogar eine antarktische Eiskappe gebildet. Seit dem Beginn des Miozän erwärmte sich das Klima wieder und die Polkappe verschwand zeitweise völlig, wodurch die Meeresspiegel anstiegen. Dadurch waren weite Teile Südeuropas, etwa das Rhone-Becken und das Tagus-Becken von Flachmeeren überflutet. Dies hatte zur Folge, dass Europa teilweise in kleinere Inseln zerfiel. Auch bestand eine Verbindung vom Mittelmeer zum Indischen Ozean. Vor 14 bis 16 Millionen Jahren war ein klimatisches Optimum erreicht, bei dem sich die Wassertemperatur der Tiefsee auf 7°C (von vorher 3°C) erhöht hatte. Bereits im frühen Miozän herrschte bis in nördliche Breitengrade ein warmtemperiertes bis subtropisches Klima. Die Pflanzengesellschaften des frühen Miozän, die in den Braunkohleschichten in Brandon (Vermont, USA) überliefert sind, lassen vermuten, dass die jährliche Durchschnittstemperatur in diesem Gebiet damals bei ca. 17°C lag. Heute liegt die Durchschnittstemperatur in Vermont bei lediglich 7,6°C. Auch waren die jährlichen Niederschlagsmengen deutlich höher. In der kanadischen Arktis, auf bis zu 75° nördlicher Breite, wo heute Permafrostböden und Tundren dominieren, war das Klima im frühen Miozän ebenfalls deutlich milder als heute. Auf Devon Island scheint die Vegetation aus Wäldern kühlgemäßigter Breiten bestanden zu haben, was einer jährlichen Durchschnittstemperatur von 11 bis 15°C entspräche. In den Rocky Mountains und im Gebiet des Großen Beckens herrschte im frühen Miozän eine Strauch- beziehungsweise Waldlandschaft vor, bei Anchorage in Alaska gediehen Zürgelbäume, Eichen, Walnussbäume, Magnolien und andere Baumarten. Auch in den übrigen Teilen der Erde war das Klima im frühen und mittleren Miozän wesentlich wärmer und feuchter als heute, aber auch wärmer als am Ende des Oligozän. In Europa dominierten immergrüne Laubwälder aus Eichen, Lorbeergewächsen, Magnolien, Kiefern, Feigen und Rattanpalmen, die auf ein subtropisches Klima hinweisen. In den Küstengebieten, die die Europäische Inselwelt dominierten, wuchsen Mangroven. In den warmen Meeren, die eine Temperatur von etwa 25 bis 27°C gehabt haben dürften, etablierten sich auch wieder Korallenriffe, die im Oligozän vorübergehend verschwunden waren[1]. Der antarktische Eisschild zog sich zurück und Pollenanalysen zeigen, dass die eisfreien Zonen der Antarktis eine erhebliche Vegetation aufwiesen [2].

Nach einem klimatischen Optimum vor ca. 15 Millionen Jahren wurde das Klima im Verlauf des mittleren Miozän wieder zusehends kühler und trockener. Dabei bildete sich eine antarktische Eiskappe, die bereits die heutigen Ausmaße erreichte[1].

Datei:Jay Matternes Miocene.jpg
Miozäne Fauna von Nordamerika (Zeichnung im Smithsonian Museum.)

Fauna und Flora

Während des Miozän breiteten sich erstmals große Savannengebiete auf der Erde aus. Die Tierwelt begann sich im Miozän bereits deutlich der heutigen anzunähern[1]. Die Landbrücke (Isthmus) zwischen Nord- und Südamerika existierte noch nicht, und die südamerikanische Tierwelt war weiterhin isoliert, während sich auf anderen Kontinenten die Vorfahren der heutigen Wölfe, Katzen, Pferde, Hirsche und Kamele entwickelten. Auch die Rüsseltiere erlebten eine Blütezeit. Darüber hinaus existierten im Miozän heute ausgestorbene Tiergruppen, wie die Chalicotherien und Barbourofeliden.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Sedimentgesteine des Miozäns sind für die Kohlenwasserstoff-Förderung und die Energiewirtschaft von großer Bedeutung. Vor allem im Bereich der Paratethys sind Erdöl- und Erdgaslagerstätten an Sandsteine des Miozäns gebunden.

Nördlinger Ries

Vor 14,3–14,5 Millionen Jahren entstand nach einem Meteoriteneinschlag das Nördlinger Ries. Nach dem Einschlag bildete sich der Ries-See, der von miozänen Sedimenten aufgefüllt wurde.

Literatur

  • Charles Lyell: Principles of geology: or the modern changes of the earth and its inhabitants. 7. Aufl., XVI, 810 S., Murray, London 1847.
  • Hans Murawski & Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 10., neu bearb. u. erw. Aufl., 278, Enke Verlag, Stuttgart 1998 ISBN 3-432-84100-0.
  • F. F. Steininger, M. P. Aubry, W. A. Berggren, M. Biolzi, A. M. Borsetti, J. E. Cartlidge, F. Cati, R. Corfield, R. Gelati, S. Iaccarino, C. Napoleone, F. Ottner, F. Rögl, R. Roetzel, S. Spezzaferri, F. Tateo, G. Villa und D. Zevenboom: The Global Stratotype Section and Point (GSSP) for the base of the Neogene. Episodes, 20(1): 23-28 Beijing 1997 ISSN 0705-3797.
  • John A. Van Couvering, Davide Castradori, Maria Bianca Cita, Frederik J. Hilgen und Domenico Rio: The base of the Zanclean Stage and of the Pliocene Series.. Episodes, 23(3): 179-187, Beijing 2000 ISSN 0705-3797 PDF.
  • Gitte v. Laursen, Niels E. Poulsen und Leif Banke Rasmussen: Correlation of Northwest European Miocene Stages with the international stages-preliminary results. Newsletters on Stratigraphy, 36: 55-61

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Prothero, D., R.: After the dinosaurs: the age of mammals. Indiana University Press, 2006, ISBN 0-253-34733-5, S. 181 ff.
  2. Sarah J. Feakins, Sophie Warny & Jung-Eun Lee: Hydrologic cycling over Antarctica during the middle Miocene warming. Nature Geoscience, (2012), doi:10.1038/ngeo1498

Weblinks

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