Chronostratigraphie


Korrespondierende Einheiten
in Chronostratigraphie und
Geochronologie
Chronostratigraphie Geochronologie
Äonothem Äon
Ärathem Ära
System Periode
Serie Epoche
Stufe Alter

Die Chronostratigraphie bzw. -grafie (gr. χρόνος chrónos = Zeit; Stratigraphie) ist eine Unterdisziplin der geologischen Stratigraphie und gliedert Gesteinskörper nach dem Alter ihrer Entstehung [1].

Definition

Im Gegensatz zur Geochronologie, die eine rein abstrakte Zeitgliederung darstellt, ist die Chronostratigraphie per definitionem an physische Gesteinskörper gebunden. Für jede chronostratigraphische Einheit existiert als Zeitintervall eine korrespondierende geochronologische Einheit.

Die relative Stellung chronostratigraphischer Einheiten innerhalb einer Hierarchiestufe wird aufgrund ihres Wesens als stratigraphische Gesteinskörper immer in einer oben-unten-Beziehung ausgedrückt. Diese Beziehung drückt sich auch in Namen konkreter chronostratigraphischer Einheiten aus, wenn die Position innerhalb einer übergeordneten Einheit adjektivisch oder durch eine Vorsilbe ausgedrückt wird. So wird das System Karbon in die zwei Serien Unterkarbon und Oberkarbon unterteilt. In anderen Systemen wird die adjektive Ausdrucksweise häufiger verwendet (z. B. Unterer Jura, Mittlerer Jura, Oberer Jura).

Historische Entwicklung des Konzepts

Charakteristische Fossilien (Leitfossilien) ermöglichen die Zuordnung von Gesteinen zu chronostratigraphischen Einheiten.

Innerhalb der Stratigraphie ist die Chronostratigraphie in ihrer reinen Form eine vergleichsweise junge Disziplin. Die älteste Form einer stratigraphischen Gliederung wurde 1669 mit der Entdeckung des stratigraphischen Prinzips durch Nicolaus Steno eingeführt. Hier war das Gliederungskriterium, anhand dessen die Gesteinskörper vertikal abgegrenzt wurden, die Beschaffenheit des Gesteins an sich. Dieser, ausschließlich lithostratigraphische Ansatz zur Parallelisierung von Gesteinskörpern erwies sich jedoch überall da als unfruchtbar, wo in regional entfernten Gebieten die als Referenz an einem Ort aufgenommene Schichtenfolge über mehrere Gesteinseinheiten hinweg differierte. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden durch William Smith die Horizontbeständigkeit und die konstante vertikale Abfolge von Fossilien oder deren Vergesellschaftungen entdeckt und stratigraphisch zur Parallelisierung entfernter, lithologisch unterschiedlich ausgeprägter Gesteine genutzt. Diese heute Biostratigraphie genannte Arbeitsweise setzte sich während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch und führte in vielen Fällen zu einer überregionalen Übertragung von Grenzen ehemals lokaler stratigraphischer Einheiten.

Diese Arbeitsweise wurde mit Verfeinerungen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts fortgeführt. Nun standen auch so viele lokale Daten zur Verfügung, dass eine globale Betrachtung der Zustände in einem durch eine Gesteinseinheit oder durch ein besonders markantes Ereignis in der Erdgeschichte definiertes Zeitintervall oder einen Zeitpunkt möglich war. Es zeigte sich, dass solche Auswertungen schwierig waren, weil eine global einheitliche, homogene, auf der relativen Zeit der Sedimentation von Gesteinen beruhende Gliederung nicht verfügbar war. Zudem unterschieden sich die hinter der Definition solcher Einheiten stehenden Konzepte, die von einer per Konvention als Referenz akzeptierten lokal verfügbaren lithostratigraphischen Grenze bis zu einer biostratigraphisch definierten Grenzziehung reichen konnten. Das Unbehagen über diese Situation wurde 1948 anhand des Beispiels der Pliozän/Pleistozän-Grenze während des 18. Internationalen Geologischen Kongresses in London artikuliert und führte neben der Empfehlung zur Auswahl eines Grenzprofils 1960 beim 21. Internationalen Geologischen Kongress in Kopenhagen auch zur Gründung der IUGS (International Union of Geological Sciences).[2] Die IUGS wurde beauftragt, die Konzepte und die Terminologie der stratigraphischen Disziplinen präziser zu definieren und eine international einheitliche Gliederung der Gesteine und der Erdgeschichte zu erstellen.

„Neue Stratigraphie“

Als erste chronostratigraphische Grenze wurde durch die IUGS die Grenze Silur/Devon festgelegt. Die Festlegung führte gleichzeitig das Prinzip der Festlegung einer chronostratigraphischen Grenze durch ein Referenzprofil mit einem Referenzpunkt in der Profilabfolge (GSSP-Verfahren) ein. Die aus dieser Festlegung gewonnenen Erfahrungen wurden 1976 in einer ersten Ausgabe des „International Stratigraphic Guide“ [3] dokumentiert: Im Gegensatz zu einem Verfahren der Grenz-Festlegung durch eine Nennung von Eigenschaften ist das verwendete Typus-Verfahren insoweit objektiv, indem es am Referenzprofil immer auf eine unveränderliche und nicht interpretierbare Eigenschaft verweist. Subjektiv bleibt alleine die Übertragung auf Vorkommen abseits des Referenzprofils. Eine solche Parallelisierung ist nur mithilfe anderer Disziplinen, so z. B. der Bio- oder Eventstratigraphie, möglich. Fortschritte in der Wissenschaft und die Entdeckung neuer Verfahren ermöglichen eine zunehmend präzisere Identifikation der Grenze in anderen Aufschlüssen.

Inzwischen ist ein beträchtlicher Anteil der Gesteine des Phanerozoikums nach diesen Prinzipien der „neuen Stratigraphie“ gegliedert. [4]

Grundeinheit der Chronostratigraphie

Der Stufe kommt als Grundeinheit im hierarchischen System der Chronostratigraphie besondere Bedeutung zu: Sie ist die kleinste Einheit, die im globalen Maßstab verwendbar ist.

Chronozone

Als Chronozone wird ein Gesteinskörper bezeichnet, der durch eine andere stratigraphische Einheit außerhalb der Chronostratigraphie definiert ist. So definiert beispielsweise eine in der Biostratigraphie eingeführte Biozone eine mit demselben Eigennamen bezeichnete Biochronozone. Diese Chronozone umfasst alle in der maximalen Zeitspanne der Biozone sedimentierten Gesteine. Entsprechendes gilt für lithostratigraphische, magnetostratigraphische usw. Einheiten. Die Chronozone ist eine von der chronostratigraphischen Hierarchie (Äonothem, Ärathem, System, Serie und Stufe) unabhängige Einheit und hat als geochronologisches Äquivalent die Einheit „Chron“.[5]

Chronostratigraphie versus Geochronologie

Die strikte Unterscheidung zwischen Konzepten der Chronostratigraphie und Geochronologie fällt oftmals auch dem Fachwissenschaftler schwer. Es liegt nahe, eine durch isochrone Flächen begrenzte, sedimentäre Gesteinseinheit nicht mehr als physischen Körper, sondern als zeitliches Intervall zu interpretieren. Eine in einen kontinuierlichen Zeitstrahl projizierte Gliederung ist ein einfaches Konzept, das intuitiv auch von Nicht-Geologen bei der Auseinandersetzung mit stratigraphischen Einheiten benutzt wird. Britische Stratigraphen haben deshalb 2004 eine Vereinfachung der dualen Terminologie Chronostratigraphie/Geochronologie gefordert [6]. Der Vorschlag sieht in einem vereinigten Konzept die Übernahme der chronostratigraphischen Kategoriennamen Äonothem, Ärathem, System, Serie und Stufe vor, die nun jedoch Zeitintervalle bezeichnen sollen. Damit wäre die Verwendung der „früher/später“-Terminologie mit diesen Einheiten verbunden. Der Vorschlag hat international große Aufmerksamkeit gefunden und wird immer noch intensiv diskutiert (Stand 2008). Allerdings deutet sich eine Ablehnung dieses Vorstoßes durch die Forschergemeinschaft an.[7]

Einzelnachweise

  1. Steininger & Piller 1999: 4
  2. Vai 2001: 29
  3. Hedberg 1976
  4. ICS 2007
  5. Steininger & Piller 1999: 5
  6. Zalasiewicz et al. 2004
  7. Berggren et al. 2007

Literatur

  • W.A. Berggren & J.A. van Couvering & W. Piller & J.A. Zalesiewicz & B. McGowran: Chronostratigraphy: Beyond the GSSP. -- Penrose Conference, Schloss Seggau, Leibnitz, Austria, GSA-Report; 2007. -- Link
  • H.D. Hedberg (Hrsg.): International Stratigraphic Guide. -- 200 S; J. Wiley, New York 1976.
  • ICS 2007: Overview of Global Boundary Stratotype Sections and Points (GSSP's). -- Stand 2007, International Commission on Stratigraphy. -- Link
  • A. Salvador: International Stratigraphic Guide (A Guide to Stratigraphic Classification, Terminology and Procedures). 2. Aufl., XIX+214 S., International Union of Geological Sciences, Geological Society of America, Washington/D.C. 1994 ISBN 0-8137-7401-2.
  • St.M. Stanley: Historische Geologie. 2. Aufl., XIII + 710 S., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg & Berlin 2001 ISBN 3-8274-0569-6.
  • F.F. Steininger & W.E. Piller: Empfehlungen (Richtlinien) zur Handhabung der stratigraphischen Nomenklatur. Courier Forschungsinstitut Senckenberg, 209: 1-19, Frankfurt am Main 1999 ZDB-ID 530500-7.
  • G.B. Vai (2001): GSSP, IUGS and IGC: an endless story toward a common language in the Earth sciences. -- Episodes, Bd. 24 (1): 29-31; Boulder (Colo.)
  • J. Zalasiewicz & A. Smith & P. Brenchley & J. Evans & R. Knox & N. Riley & A. Gale & F.J. Gregory & A. Rushton & Ph. Gibbard & St. Hesselbo & J. Marshall & M. Oates & P. Rawson & N. Trewin: Simplifying the stratigraphy of time. -- Geology, Bd. 32 (1): 1-4, 1 Tab.; Boulder/Colo. 2004.