Quartär (Geologie)

< Neogen | Q u a r t ä r
vor 2,588 Millionen Jahren bis heute
Quartär (Global)
Atmosphärischer O2-Anteil
(Durchschnitt über Periodendauer)
ca. 20,9 Vol %[1]
(heutiges Niveau)
Atmosphärischer CO2-Anteil
(Durchschnitt über Periodendauer)
260 ppm[2]
(ca. 70 % heutiges Niveau)
Bodentemperatur (Durchschnitt über Periodendauer)
ca. 11 °C[3]
(3 °C unter heutigem Niveau)
System Serie Stufe ≈ Alter (mya)
Quartär Holozän Holozän 0,0117–0
Pleistozän Jungpleistozän
(Tarantium)
0,126–0,0117
Mittelpleistozän
(Ionium)
0,781–0,126
Altpleistozän
(Calabrium)
1,806–0,781
Gelasium 2,588–1,806
tiefer tiefer tiefer älter

Das Quartär ist der jüngste Zeitabschnitt der Erdgeschichte einschließlich des Holozäns und damit der Gegenwart.

In der Historischen Geologie repräsentiert das Quartär ein chronostratigraphisches System bzw. eine geochronologische Periode. Es beginnt vor etwa 2,6 Millionen Jahren und dauert bis heute an. Es umfasst das gesamte Quartäre Eiszeitalter, in dem sich auch die Hominisation des heutigen Menschen abspielte.

Nachdem Antarktika bereits längere Zeit vergletschert war, kam es zu Beginn des Gelasiums auch zur Vergletscherungen in der Nordhemisphäre. Der Beginn dieser Vereisungsperiode, die mit einem Wechsel von Kaltzeiten und Warmzeiten bis heute andauert, wird von den Geologen als geeignete Abgrenzung des Quartärs von dem vorangegangenen Zeitabschnitt des Neogens angesehen. Zuvor war lange Zeit die Grenze zwischen „Tertiär“ und Quartär vor 1,806 Millionen Jahren gezogen worden. Wegen der nach geologischen Maßstäben relativ kurzen Zeitdauer des Quartärs und seiner unterschiedlichen Entwicklung im marinen und im kontinentalen Bereich war eine schlüssige Abgrenzung zum davor liegenden Zeitraum nicht oder nur schlecht möglich, die Grenze zum Tertiär war umstritten. Das führte im Jahr 2004 sogar zu einer Streichung der Begriffe Tertiär und Quartär aus der Geologischen Zeitskala.

2005 waren die Bemühungen der verschiedenen Vereinigungen für Quartärgeologie erfolgreich, zumindest dem Begriff Quartär wieder einen Stellenwert in der Stratigraphie einzuräumen. Doch es erforderte noch weitere Jahre der Diskussion, bis die Wiedereinführung des Quartärs in die Geologische Zeitskala beschlossen wurde. Das Quartär folgt nun innerhalb des Känozoikums (Erdneuzeit) den Perioden des Paläogens und des Neogens. In diesem Sinne ist es durch die chronostratigraphische Stufe des Gelasiums als seine unterste Einheit definiert[4] und beginnt 2,588 Millionen Jahre vor der Gegenwart. Damit wurde eine bessere Abgrenzung zu den davor liegenden Zeiträumen erreicht und die gesamte Zeitspanne der eiszeitlichen Klimaschwankungen der Erde konnte unter dem Begriff Quartär zusammengefasst werden.

Gleichzeitig wurde das Pleistozän, die ältere Epoche des Quartärs, ebenfalls um das Gelasium verlängert, und dadurch das Pliozän, die jüngste Epoche des Neogens, um den gleichen Zeitabschnitt verkürzt. Auf das Pleistozän folgt innerhalb des Quartärs das Holozän, klimatisch gesehen eine Warmzeit innerhalb des Eiszeitalters, das die zuletzt vergangenen 11.700 Jahre bis heute umfasst.

Entstehung des Begriffs

Der Begriff „Quartär“ wurde schon 1760 von Giovanni Arduino in der Literatur benutzt, als er vier aufeinanderfolgende Gruppen von Schichten unterschied: Primär, Sekundär, Tertiär und Quartär.[5] 1829 griff Jules Desnoyers den Begriff wieder auf, um Sedimente im Pariser Becken anzusprechen, die deutlich jünger als die tertiären Ablagerungen waren. Die quartären Schichten waren zwar in bestimmten Beckenlagen sehr mächtig, aber geologisch nur von geringem Alter. Dadurch kam es zu einer sehr ungleichgewichtigen Unterteilung der Erdneuzeit (Känozoikum) in das 63,7 Millionen Jahre dauernde Tertiär und das nur 1,6 Millionen Jahre dauernde Quartär. Dieses Ungleichgewicht führte bei der Neufestlegung der Geologischen Zeitskala (GTS 2004) zu einer Ersetzung der Begriffe Tertiär und Quartär durch die Begriffe Paläogen und Neogen mit neuen stratigraphischen Grenzen und Bedeutungen. Diese Grenzen wurden jedoch in der International Stratigraphic Chart[6] der ICS aus dem Jahr 2008 revidiert, ohne eine endgültige Beschlussfassung vorweg zu nehmen. Die endgültige Ratifizierung erfolgte am 30. Juni 2009.[7]

Unterteilung

Das Quartär wird wie folgt unterteilt:

Vorlage:Navigationsleiste Quartär

Literatur

  • Leopold Benda (Hrsg.): Das Quartär Deutschlands. Borntraeger, Berlin 1995
  • Edmund Blair Bolles: Eiszeit. Wie ein Professor, ein Politiker und ein Dichter das ewige Eis entdeckten. Berlin 2000, ISBN 3-87024-522-0. Zur Forschungsgeschichte, insb. Louis Agassiz, Charles Lyell und Elisha Kent Kane
  • John A. Catt: Angewandte Quartärgeologie. Enke, Stuttgart 1992
  • Jürgen Ehlers: Allgemeine und historische Quartärgeologie. Enke, Stuttgart 1994
  • Josef Klostermann: Das Klima im Eiszeitalter. Stuttgart 1999, ISBN 3-510-65189-8
  • Wighart V. Königswald: Das Quartär: Klima und Tierwelt im Eiszeitalter Mitteleuropas. In: Biologie in unserer Zeit 34 (3/2004), S. 151–158, ISSN 0045-205X
  • Hansjürgen Müller-Beck: Die Eiszeiten. Naturgeschichte und Menschheitsgeschichte. München 2005, ISBN 3-406-50863-4. Knappe Einführung aus der Beck’schen Reihe
  • Brad Pillans, Tim Naish: Defining the Quaternary. Quaternary Science Reviews, 23, S. 2271–2282, Oxford 2004 ISSN 0277-3791.
  • Frank Preusser: Annäherung in Quartär-Kontroverse. In: Geowissenschaftliche Mitteilungen (GMIT), Bonn 2007, ISSN 1616-3921(?!?!)
  • Albert Schreiner: Einführung in die Quartärgeologie. 2. Aufl. Schweizerbart, Stuttgart 1997, ISBN 3-510-65152-9

Einzelnachweise

Weblinks

Commons: Quaternary – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Die News der letzten Tage

29.03.2023
Entwicklungsbiologie | Neurobiologie | Zytologie
Wenn Nervenzellen hungern
Die Entwicklung unseres Gehirns benötigt die richtigen Nährstoffe zur richtigen Zeit. Diese liefern die notwendige Energie für zelluläre Prozesse, die der Gehirnbildung zugrunde liegen. Was passiert aber, wenn diese Stoffe nicht verfügbar sind?
29.03.2023
Neurobiologie
Anders als gedacht: Gehirn verarbeitet Seheindrücke auch rückwärts
Warten wir auf der Straße auf jemanden, mit dem wir verabredet sind, erkennen wir die Person meistens oft schon von Weitem zwischen anderen Menschen.
28.03.2023
Mikrobiologie | Physiologie | Vogelkunde
Darmflora von Seevögeln durch Mikroplastik verändert
Je mehr Mikroplastik wilde Seevögel wie Eissturmvogel und Corysturmtaucher mit der Nahrung aufnehmen, desto stärker verändert sich die mikrobielle Vielfalt im Darm.
28.03.2023
Klimawandel | Ökologie
Frost im Frühling: Wie Bäume damit zurechtkommen
Durch den Klimawandel treiben viele Laubbäume früher aus, doch das Risiko von Spätfrösten im Frühjahr bleibt hoch und extreme Trockenphasen werden häufiger.
28.03.2023
Klimawandel | Primatologie
Klimawandel bedroht Lemuren auf Madagaskar
Mausmaki: Auch vermeintlich anpassungsfähige Säugetierarten haben ein erhöhtes Aussterberisiko.
23.03.2023
Genetik | Physiologie
Gene für Augenfarbe wichtig für eine gesunde Netzhaut
Forscher untersuchten, wie vier Gene der Fruchtfliege Drosophila, die für die Farbgebung der Augen verantwortlich sind, auch für die Gesundheit des Netzhautgewebes essentiell sind.
23.03.2023
Genetik | Physiologie
An der „Auferstehung“ sind viele Gene beteiligt
Manche Pflanzen können Monate ohne Wasser überleben, um dann nach einem kurzen Regenguss wieder zu ergrünen.
22.03.2023
Physiologie
Startschuß zur optischen Wahrnehmung
Forschende haben den molekularen Vorgang entschlüsselt, der als Allererstes im Auge abläuft, wenn Licht auf die Netzhaut trifft.
22.03.2023
Neurobiologie
Wettbewerb zwischen den Gehirnhälften im Schlaf
Der Mensch ist beidseitig symmetrisch: unser Gehirn besteht aus zwei Hälften, den so genannten Hemisphären.
22.03.2023
Neurobiologie | Physiologie
Warum wir von Schokoriegeln und Co. nicht die Finger lassen können
Schokoriegel, Chips und Pommes - warum können wir sie im Supermarkt nicht einfach links liegen lassen?
22.03.2023
Biochemie | Genetik | Zytologie
Aus Perspektive eines Ingenieurs ist Biologie chaotisch und unvollkommen
Der Vorteil von Redundanz in biologischen Systemen.
21.03.2023
Paläontologie
Neue Augen bei Trilobiten entdeckt
Wissenschaftler*innen der Universitäten Köln und Edinburgh entdecken bisher übersehene Augen bei Trilobiten.
21.03.2023
Bionik, Biotechnologie und Biophysik | Bioinformatik
Molekularbiologie trifft auf Quantenphysik
Biologische Systeme sind hochkomplex: Sie werden vor allem über genregulatorische Netzwerke gesteuert, in denen Gene, Proteine und RNA auf vielfältige Art interagieren.