Martin Wilckens


Martin Wilckens (* 3. April 1834 in Hamburg; † 10. Juni 1897 in Wien) war ein deutscher Tierzuchtwissenschaftler. Er ist einer der Begründer der wissenschaftlichen Tierzuchtlehre und des wissenschaftlichen Molkereiwesens[1].

Leben und Beruf

Martin Wilckens begann nach dem Abitur in Hamburg 1853 das Studium der Medizin in Göttingen, wo er auch der Burschenschaft Hannovera beitrat. Nach Semestern in Wien und Würzburg kehrte er nach Göttingen zurück, wo er 1858 zum Dr. med. promoviert wurde (Dissertation: Über die Verknöcherung der Haut und die sogenannten Hautsteine). Danach legte er die Staatsprüfung für Ärzte in Hamburg ab, ließ sich als praktischer Arzt nieder und wurde von der Stadt Hamburg zum Armenarzt bestellt. Darüber hinaus war er Dozent an der Anatomisch-Chirurgischen Anstalt in Hamburg.

1859 ging er nach Jena, wo er Volks- und Landwirtschaft studierte. Von seinem ererbten Vermögen kaufte er 1861 das Rittergut in Pogarth[2] (Regierungsbezirk Breslau) und bewirtschaftete es bis 1871. In dieser Zeit nahm er eine Lehrtätigkeit an der Universität Rostock auf. Zugleich studierte er Tierphysiologie an der Universität Göttingen und habilitierte sich dort im Dezember 1871 in der Medizinischen Fakultät für Tierphysiologie.

1872 übernahm er die erste außerordentliche Professur für Landwirtschaft an der Universität Rostock. Im Wintersemester 1872/73 wurde er ordentlicher Professor für Tierphysiologie und Tierzucht und zugleich Gründungsrektor der zu diesem Zeitpunkt entstandenen Hochschule für Bodenkultur in Wien. Er war Vorstand des Instituts für Anatomie und Physiologie der Haustiere; mehrere Jahre gehörte er der Prüfungskommission für Lehramtskandidaten landwirtschaftlicher Schulen an. 1886 ernannte ihn die Leopoldina – Akademie der Naturwissenschaftler – in Halle zu ihrem Mitglied.

Als Rektor der Hochschule für Bodenkultur war Martin Wilckens nicht unumstritten mit seiner Forderung, den Studenten eine möglichst wissenschaftsorientierte Ausbildung zu vermitteln. Seiner Auffassung sollten keine „landwirtschaftliche Praktiker gedrillt“, sondern für die österreichische Landwirtschaft „denkende und urteilsfähige Jünger bereitgestellt werden“. Deshalb plädierte er 1878 für eine Integration der von ihm geleiteten Hochschule in die Universität Wien. Das österreichische Landwirtschaftsministerium und ein Großteil der Gutsbesitzer lehnten solche Pläne ab, so dass sie nicht zur Ausführung kamen. Anerkennung als Wissenschaftler erlangte Martin Wilckens vor allem durch seine Studien über Rinderrassen. Im Jahr 1889 unternahm er eine Studienreise nach Nordamerika.

Martin Wilckens schied 1897 in Wien durch Freitod aus dem Leben[3].

1960 wurde in Wien-Döbling (19. Bezirk) der Wilckensweg nach ihm benannt[4].

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Beiträge zur landwirtschaftlichen Tierzucht (Leipzig 1871)
  • Die Alpenwirtschaft der Schweiz, des Algäus und der westösterreichischen Alpenländer (Wien 1874)
  • Die Rinderrassen Mitteleuropas (Wien 1876) mit 70 Tafeln
  • Form und Leben der landwirtschaftlichen Haustiere (Wien 1878)
  • Der Hochschulunterricht für Land- und Forstwirte (Wien 1879)
  • Grundzüge der Naturgeschichte der Haustiere (Dresden 1880; 2. Aufl. von Duerst, Leipzig 1905)
  • Untersuchungen über das Geschlechtsverhältnis und die Ursachen der Geschlechtsbildung bei Haustieren (Berlin 1886)
  • Briefe über landwirtschaftliche Tierzucht (Wien 1887)
  • Grundriss der landwirtschaftlichen Haustierlehre (Tübingen 1888–89, 2 Bde.; 2. Aufl. von Hagemann und Hansen, Tübingen 1903 bis 1904)
  • Nordamerikanische Landwirtschaft (Tübingen 1890)
  • Arbeitspferd gegen Spielpferd (Wien 1894)
  • (Herausg.) Wandtafeln zur Naturgeschichte der Haustiere (Rind und Pferd, Kassel 1878 u. 1880)

Literatur

  • Eisenberg, Ludwig: Das geistige Wien. Künstler- und Schriftsteller-Lexikon, 2. Band, Medizinisch-naturwissenschaftlicher Teil, Wien, 1983, S. 557 ff.
  • Bettelheim, Anton: Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog, IV. Band, Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1900, S. 42 und 62
  • Ebner, Paulus: Geschichte der Hochschule für Bodenkultur von den Anfängen bis 1934, Institut für Wirtschaft, Politik und Recht, Universität für Bodenkultur Wien, 1995

Einzelnachweise

Weblinks

Wikisource: Martin Wilckens – Quellen und Volltexte

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