Moskenstraumen


Der „Mahlstrom“ zwischen Værøy, Mosken und Moskenesøy
Der „Mahlstrom“ in der Renaissance-Illustration Carta Marina des schwedischen Bischofs Olaus Magnus von 1539
Fiktive, stark überzeichnete Darstellung eines Mahlstroms von Harry Clarke für Edgar Allan Poes Geschichte "Sturz in den Mahlstrom", 1919

Der Moskenstraumen, auch Mahlstrom oder Malstrom, ist ein Gezeitenstrom zwischen den Lofoten-Inseln Moskenesøy und Værøy in Norwegen.

Charakteristisch für den Strom sind starke Wasserwirbel. Er wurde damit zum Namensgeber für fiktive gefährliche Wasserwirbel in Legenden, Literatur, Malerei und Film, die oft übertrieben groß dargestellt werden.

In der Mythologie

Ein mythologischer Hintergrund des Mahlstroms findet sich in der Gróttasöngr der Edda. Hiernach erhält der dänische König Frodi eine Handmühle, mit der sich alles herbeimahlen lässt. Um die schweren Mühlsteine bewegen zu können, bedient er sich zweier Riesinnen, die er dem schwedischen König abkauft. Tag und Nacht nötigt er sie, Gold, Reichtum, Erfolg und Glück herbeizumahlen. Um zu entkommen, mahlen sich die Mägde eine Streitmacht herbei, die König Frode erschlägt und die Mühle samt Riesinnen auf einem Schiff mit sich nimmt. Der Anführer der Streitmacht entpuppt sich als ebenso unersättlich. Noch auf dem Schiff müssen die riesigen Mägde Unmengen an Salz herbeimahlen, das schließlich das Schiff zum Kentern bringt. Und noch heute mahlen am Meeresgrund die gewaltigen Mühlsteine das Meer salzig. Dieser Ort wird Mahlstrom genannt.

In Literatur und bildender Kunst

In dem vom Bischof Olaus Magnus 1562 (MDLXII) in Rom erschienenen Buch Historia de gentibus septentrionalibus[1] („Eine Beschreibung der Nordvölker“) wird erstmals eine Charybdis, ein Meeresungeheuer, zwischen den Inseln Loffoeth und Röst in Nordnorwegen beschrieben, die in Kapitel 8, De fluxu et refluxu Oceani mit der Bezeichnung „Mostastroom“ genannt wird.

In der 1797 gedichteten Ballade von Friedrich von Schiller Der Taucher spielt das Geschehen am Abgrund eines Mahlstroms, den Schiller dichterisch umschreibt, wenn es dort einleitend heißt:

„Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp,
Zu tauchen in diesen Schlund?
Einen goldnen Becher werf ich hinab,
Verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund.
Wer mir den Becher kann wieder zeigen,
Er mag ihn behalten, er ist sein eigen.“

Der König spricht es und wirft von der Höh
Der Klippe, die schroff und steil
Hinaushängt in die unendliche See,
Den Becher in der Charybde Geheul.
„Wer ist der Beherzte, ich frage wieder,
Zu tauchen in diese Tiefe nieder?“

Und weiter heißt es ein paar Verse später:

Und wie er tritt an des Felsen Hang
Und blickt in den Schlund hinab,
Die Wasser, die sie hinunterschlang,
Die Charybde jetzt brüllend wiedergab,
Und wie mit des fernen Donners Getose
Entstürzen sie schäumend dem finstern Schoße.

Und es wallet und siedet und brauset und zischt,
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,
Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt,
Und Flut auf Flut sich ohn Ende drängt,
Und will sich nimmer erschöpfen und leeren,
Als wollte das Meer noch ein Meer gebären.

Doch endlich, da legt sich die wilde Gewalt,
Und schwarz aus dem weißen Schaum
Klafft hinunter ein gähnender Spalt,
Grundlos, als ging’s in den Höllenraum,
Und reißend sieht man die brandenden Wogen
Hinab in den strudelnden Trichter gezogen.

Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefaßt,
Schoß jäh in die Tiefe hinab,
Doch zerschmettert nur rangen sich Kiel und Mast,
Hervor aus dem alles verschlingenden Grab.

1834 erschien vom Autor Archibald Duncan im The Mariner’s Chronicle in New Haven ein Artikel, der unter dem Titel „Ein Bericht über den Wirbelstrom von Drontheim“[2] im „Alexander's Weekly Messenger“ am 10. Oktober 1838 abgedruckt wurde. Darin beschreibt Duncan sehr detailliert den Wirbel des Mahlstroms bei den Lofoteninseln in Nordnorwegen erstmals in der amerikanischen Literatur - 300 Jahre nach der letzten europäischen Nennung in Historia de gentibus septentrionalibus.

Duncans Artikel wurde 1841 für Edgar Allan Poe die (teilweise wortwörtliche) Vorlage zu dessen Geschichte A Descent into the Maelstrom („Sturz in den Mahlstrom“) , die dann ins Französische übersetzt nach Europa kam und Einfluss auf Jules Verne (Vingt mille lieues sous les mers - „20.000 Meilen unter dem Meer“) u.a. hatte.

Duncan schrieb u.a. in seinem Artikel den Satz: „In the year 1645, early in the morning of Sexagesima Sunday, it raged with such noise and impetuosity that on the island of Moskoe the very stones of the houses fell to the ground.“ E.A.Poe adaptierte diesen Satz in seiner Geschichte: „In the year 1645, early in the morning of Sexagesima Sunday, it raged with such noise and impetuosity that the very stones of the houses on the coast fell to the ground.“[3]

Auf den Maler K. R. H. Sonderborg (1923–2008) übte der Mahlstrom Moskenstraumen eine große Faszination aus. Er zitierte in vielen seiner Bilder die kreisenden Bewegungen der Strudel. Er reiste zu Studienzwecken wiederholt an den Mahlstrom zwischen den Lofoteninseln.[4] In jüngerer Zeit spielte Walter Moers in seinem Roman Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär auf den Mahlstrom an, dem er unter dem Namen „Malmstrom“ fantastische Züge verleiht. Ebenso spielt ein Mahlstrom im zweiten Band der Eragon-Reihe von Christopher Paolini eine entscheidende Rolle. Auch hat er Einzug in die Welten der Computerspiele Warcraft und LEGO Universe gehalten.

Historische Nahrungsquelle

Durch die exponierte Lage der Lofoten in südwestlicher Richtung zieht der Moskenstraumen die Fischschwärme fast automatisch an. Vor allem der Laichzug des Barentssee-Dorsches in die südlichen Laichgründe bei Jahresbeginn ist von je her ein lukratives saisonales Geschäft. Der Vestfjord, zwischen dem Festland und den Lofoten gelegen, ist das Hauptlaichgebiet. Durch seine Keilform bindet er einen Teil des warmen Golfstromes, und ihm werden so ununterbrochen neue Nährstoffe zugeführt.

Im frühen Mittelalter begann vermutlich der Siegeszug des Stockfisches als Verkaufsschlager der Region. Die isländische Egils saga berichtet, dass der Lofot-Wikinger Þórólfr Kveldúlfsson um 875 Stockfisch nach England exportierte.

In der Hansezeit übernahm Lübeck mit Hilfe seiner norwegischen Tochter Bergen (Tyskebryggen) den europaweiten Verkauf.

Lofotenkutter mit Stockfisch um 1870

Die Rorbuer (dt. Rudererhütten) auf Å und Orte in der Umgebung zeugen noch heute vom Fischfang der zurückliegenden beiden Jahrhunderte. Mehrere tausend Saisonfischer aus ganz Nordnorwegen packten zu Weihnachten ihre „Lofotenkiste“ und wurden auf den kargen Eilanden in diesen Hütten untergebracht. Bis Ostern wurde der Fisch am Gestänge aufgehängt. An jedem Tag ist man in der kalten Jahreszeit zum Gezeitenstrom hinausgerudert. Zu Pfingsten war das Produkt Stockfisch fertig, und es wird nach wie vor in alle Welt verkauft.

Einzelnachweise

Weblinks

Koordinaten: 67° 48′ N, 12° 50′ O