Olof Rudbeck der Ältere


Olof Rudbeck d.Ä.

Olof Rudbeck der Ältere, auch Olaus Rudbeckius (* 13. September 1630 in Västerås; † 12. Dezember 1702 in Uppsala) war ein schwedischer Polyhistor. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „O.J.Rudbeck“.

Leben

Olaus Rudbeck war der Sohn des Bischofs von Västerås, Johannes Rudbeckius. Er besuchte das von seinem Vater gegründete Gymnasium in Västerås, 1648 die Universität Uppsala, wo er Anatomie studierte, unter anderem die Schriften von William Harvey.

1652 entdeckte er, dass die lymphatischen Gefäße ein eigenes Organsystem darstellen.[1] Es kam zu einem Streit mit dem Dänen Thomas Bartholin über die Priorität der Entdeckung. 1653 begann er ein Studium in Leiden (Arzneiwissenschaft, daneben Musik, Mechanik, Malerei und Altertumswissenschaften) mit einem Stipendium von Christina von Schweden und Axel Oxenstierna, dem Kanzler der Universität von Uppsala, jedoch ohne Abschluss. Rudbeck kehrte 1654 als Adjunkt der Medizin nach Uppsala zurück. Als Dozent der Botanik an der Universität Uppsala tätig, legte er dort den botanischen Garten an, der durch Carl von Linné große Bedeutung erlangte. 1660 wurde er Professor der Naturgeschichte, 1661–1670 war er Rektor der Universität. Er erhielt später die Professur der Anatomie und wurde dann auch Kurator der Universität.

Er reformierte nicht nur das Studium und entwarf den modernsten Seziersaal Europas (Theatrum anatomicum), der gegen Gebühr auch von den Bürgern von Uppsala besucht werden konnte, sondern erfand auch Fischreusen, Windmühlen und eine Hebebrücke, richtete einen Postdienst zwischen Uppsala und Stockholm ein und sicherte die Wasserversorgung Uppsalas durch ein Aquädukt.

Rudbeck war auch als Ausgräber tätig, er untersuchte nach eigenen Angaben 16.000 Grabhügel, die er über die Dicke der Humusschicht datierte. Er war Vater von Olof Rudbeck d. J. Alfred Nobel ist einer seiner Nachfahren.

Universität Uppsala

Nach Ansicht Rudbecks (1685) sollte die Universität keine Elementarschule oder Kirchenschule sein, letzteres damals ihr Hauptzweck, sondern für alle, die ein Staatsamt anstrebten, ob geistlich oder weltlich, zivil oder militärisch da sein, auch für „Maurermeister, Zimmerleute, die Erbauer von Hammerwerken und Springbrunnen und andere“. Er legte also großes Gewicht auf die Vermittlung praktischer Kenntnisse und bildete seine Studenten unter anderem im Vermessungswesen, dem Schiffbau und der Konstruktion von Springbrunnen und im Feuerwerkswesen aus, dem seine besondere Leidenschaft galt.

Sein Nachfolger auf dem Lehrstuhl für Medizin wurde sein Sohn Olof Rudbeck der Jüngere.

Werke

Rudbeck schuf ein großes Tafelwerk mit Holzschnitten, in dem er alle bekannten Pflanzen abbilden wollte; er zeichnete hierfür an die 11.000 Pflanzen. 1701 erschien der zweite Teil des Werkes als Campi Elysii liber secundus, 1702 der erste Teil. Bei einer Feuersbrunst 1702 wurden sämtliche Exemplare des ersten Teils bis auf zwei und die meisten Exemplare des zweiten Teils zerstört. Eine neue Auflage des ersten Teils in 20 Exemplaren erschien erst 1863.[2]

Titelseite Atland eller Manheim, Atlantica sive Manheim, vera Japheti posterorum sedes et patria

Von 1670 bis zu seinem Tode arbeitete Rudbeck an dem Werk Atland eller Manheim, Atlantica sive Manheim, vera Japheti posterorum sedes et patria (Upsala 1675–98, 4 Bände). Es erschien gleichzeitig auf schwedisch und in Latein, wobei schwedisch die Urfassung war und die lateinische Version durch einen Übersetzer erstellt wurde.

In der Atlantica versuchte Rudbeck nachzuweisen, dass Schweden das Atlantis des Platon sei. Gomer, der Sohn Japhets habe sich nach der Sintflut in Schweden angesiedelt, das damit die Heimat der meisten europäischen Völker sei (Vagina gentium, ein Ausdruck, der sich schon bei Jordanes findet). Damit war Rudbeck ein früher Vertreter der These Ex septentrione lux. In Schweden seien die Schrift (Runen) und die Astronomie erfunden worden. Des günstigen Klimas und der guten Ernährung wegen seien die schwedischen Frauen sehr fruchtbar (Rudbeck berichtete, dass auch zu seiner Zeit manche ihm namentlich bekannte Frauen 8–16 Kinder zur Welt brachten, ja sogar 34, und die Frauen selten völlig unfruchtbar waren). Schweden sei wegen seines Fischreichtums ausgewählt worden, da Fische kurz nach der Sintflut das wichtigste Nahrungsmittel gewesen seien; auch andere frühe Völker hätten überwiegend am Meer gesiedelt.

Skandinavien entspreche dem Atlantis Platos, wie seine Topographie beweise. Insgesamt führte Rudbeck 44 direkte und 102 indirekte Beweise für seine These an. Die Hauptstadt von Atlantis habe bei Uppsala gelegen. Die Gräben, von denen Plato berichtete, fänden sich in einigen Wasserläufen wieder, seien aber größtenteils verlandet. Indem er antike Überlieferung, die Bibel, Georgios Synkellos und Snorris Edda miteinander verband, stellte Rudbeck eine detaillierte Chronologie des Altertums auf. Auch betrachtete er den Wikinger als „unseren starken, kriegerischen, ehrbaren, heidnischen und primitiven Vorfahren“, was im Zuge der Zeit lag, eine eigene nordische Identität zu entwickeln.[3]

Ereignis Datum AM (Anno mundi)
Geburt Noahs 1056
Sintflut 1656
Turmbau zu Babel 1700
Erfindung der Runen 1861
erste nordische Eroberungswelle 2200–2500
Ende des Kupferzeitalters, Beginn des heroischen Zeitalters (Zeitalter der Götter) 2300
Gründung Trojas 2500
Zerstörung Trojas 2700
Alexander der Große 3700

Der vierte Band der Atlantica blieb unvollendet, nur die ersten Kapitel wurden gedruckt und fast alle im großen Brand von Uppsala im Sommer 1702 zerstört.

Während Rudbeck heute vor allem wegen seiner bizarren Schlussfolgerungen bekannt ist, werden die soliden wissenschaftlichen Prinzipien, auf denen diese Schlussfolgerungen beruhen, erst in jüngster Zeit zunehmend anerkannt. Erikson[4] sieht Atlantica als einen Punkt, an dem sich der Humanismus der Renaissance und moderne Wissenschaft berühren. Erikson charakterisiert das Buch als „ein geschichtliches Werk von extremem Patriotismus“.[5] Rudbeck selbst betonte allerdings vehement, dass seine Liebe zur Wahrheit größer sei als die zu seinem Vaterlande.[6]

Taxonomische Ehrung

Carl von Linné benannte ihm zu Ehren die Gattung Rudbeckia der Pflanzenfamilie der Korbblütler (Asteraceae).[7][8]

Werke

  • Axel Nelson (Hrsg.), Olaus Rudbecks Atlantica: Svenska originaltexten. 5 vols. Studier och källskrifter utgivna av Lärdomshistoriska samfundet (Stockholm: Almqvist & Wiksell 1937–50).
  • Disputatio anatomica, de circulatione sangvinis. Västerås, Eucharius Lauringer 1652.

Literatur

  • Ernst Ekman: Gothic Patriotism and Olof Rudbeck. In: The Journal of Modern History. 34/1, 1962, 52–63.
  • Gunnar Eriksson: The Atlantic Vision. Uppsala Studies in the History of Science 19. Science history publications 1994.
  • Eintrag im Svenskt biografiskt handlexikon (schwedisch)

Einzelnachweise

  1. Olai Rudbeck Sueci Professoris Medicinae Upsaliensis, Nova Exercitatio Anatomica, Exhibens Ductus Hepaticos Aquosos Et Vasa Glandularum Serosa.
  2. Esberg: Laudatio funebris Olai Rudbeckii patris (Upsala 1703)
  3. Frands Herschend: „Wikinger“. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). Bd. 34, Berlin 2007, S. 55–59 (englisch) S. 58.
  4. Gunnar Eriksson: The Atlantic Vision. Olaus Rudbeck and Baroque Science. Uppsala Studies in the History of Science 19. Science history publications 1994, ISBN 0-88135-158-X, S. 139
  5. Eriksson 1994, vii
  6. Atlantika Bd. 2, 137
  7. Carl von Linné: Critica Botanica. Leiden 1737, S. 94
  8. Carl von Linné: Genera Plantarum. Leiden 1742, S. 415

Weblinks

Meyers Konversationslexikons logo.svg Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890.
Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn du den Artikel so weit überarbeitet hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt, dies mit Quellen belegt ist und er den heutigen sprachlichen Anforderungen genügt.

Die News der letzten Tage