Peter II. (Brasilien)


Kaiser Peter II. von Brasilien (Portrait von Victor Meirelles de Lima)

Dom Pedro II. (portugiesisch Dom Pedro de Alcântara João Carlos Leopoldo Salvador Bibiano Francisco Xavier de Paula Leocádio Miguel Gabriel Rafael Gonzaga de Bragança) (sprich do~ pedru segundo; * 2. Dezember 1825 in Rio de Janeiro, Brasilien; † 5. Dezember 1891 in Paris, Frankreich) war von 1831 bis 1889 Kaiser von Brasilien.

Leben

Der Kaiser im Krönungsornat

Dom Pedro de Alcântara war der älteste überlebende Sohn von Pedro I. (1798–1834), aus dessen erster Ehe mit Maria Leopoldine von Österreich (1797–1826), Tochter von Kaiser Franz II. Sein vollständiger Name lautete: Pedro de Alcântara João Carlos Leopoldo Salvador Bibiano Francisco Xavier de Paula Leocádio Miguel Gabriel Rafael Gonzaga de Bragança e Habsburgo.

Nachdem sein Vater Pedro I. auf Druck des Parlaments am 7. April 1831 abdanken und nach Portugal zurückkehren musste, wurde Dom Pedro II. im Alter von fünf Jahren zum Nachfolger ausgerufen. Ein vom Parlament eingesetzter Rat von Regenten führte die Amtsgeschäfte, bis er am 23. Juli 1840 mit 14 Jahren vorzeitig für volljährig erklärt wurde. Im darauf folgenden Jahr wurde er zum Kaiser von Brasilien gekrönt.

Er erhielt eine sorgfältig geplante Ausbildung durch ausgewählte Lehrer. Spanisch, Englisch, Französisch, Deutsch, aber auch Griechisch und Latein standen auf seinem Stundenplan ebenso wie die Naturwissenschaften und Künste.

Peter II., Fotografie 1876

Pedro II., den Victor Hugo einen Nachkommen Marc Aurels nannte, galt als einer der fähigsten Monarchen seiner Zeit. Während seiner Regierung, die fast ein halbes Jahrhundert dauerte, wuchsen Bevölkerung und Wirtschaft in zuvor ungeahntem Ausmaß. Kaffee nahm den Rang eines Nationalprodukts an, ab 1870 gefolgt von Kautschuk. Europäische Einwanderer strömten ins Land. Da er früh die Bedeutung von guten Verkehrswegen und Kommunikationssystemen für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung erkannte, ließ er ein Netz von Eisenbahnen, Telegraphen- und Telefonleitungen bauen. Er bescherte dem Land die ersten gepflasterten Straßen, Briefmarken und das Telefon.

Der Kaiser, mehrsprachig und belesen, war mehr Gelehrter als Politiker. Daher kam auch sein Spitzname „Oberlehrer der Nation“. Er förderte den wissenschaftlichen Fortschritt und die Künste. Privat interessierte er sich besonders für die Astronomie. So ließ er unter dem Dach seiner Sommerresidenz in der von deutschen, vor allem Tiroler Einwanderern erbauten Stadt Petrópolis eine kleine Sternwarte einrichten, in der er manche Nacht damit zubrachte, neue Himmelskörper zu entdecken. In einem anderen Teil des gleichen Sommerpalastes ließ er eine Schule für Waisenkinder einrichten. 1876 besuchte er Heinrich Schliemann bei seinen Ausgrabungen in Mykene.

Er war unter anderem einer der Mitbegründer des Instituts Louis Pasteur in Paris und unterstützte den Bau des Bayreuther Festspielhauses. Seine Regierungsjahre waren die stabilsten und, wenn man so will, „glücklichsten“ in der brasilianischen Geschichte – und dies, obwohl die kaiserliche Regierung mehrere Kriege führte: Sie unterstützte den erfolgreichen revolutionären Kampf gegen den Diktator Argentiniens Juan Manuel de Rosas und führte von 1865 bis 1870, verbündet mit Argentinien und Uruguay in der Tripel-Allianz, einen siegreichen Krieg gegen Paraguay.

Das kaiserlich brasilianische Wappen

Mehrere Faktoren trugen zum Sturz der Monarchie bei: die wachsende republikanische Bewegung, die ein brasilianisches Kaiserreich zunehmend als anachronistisch und unamerikanisch empfand, der Konflikt mit Teilen des Klerus und schließlich die Sklavenbefreiung, die die Großgrundbesitzer der Krone entfremdete. Am 15. November 1889 riefen Generäle die Republik aus, der Kaiser ging mit seiner Familie nach Frankreich ins Exil, wo er 1891 starb. Kurz vor seinem Tod hatte die Bayerische Akademie der Wissenschaften ihn in Anerkennung seiner Lebensleistung zu ihrem Ehrenmitglied ernannt. Bereits seit längerem war er Ehrenmitglied der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.

Die brasilianische Monarchie wurde durch einen Militärputsch unter Führung des Marschalls Manuel Deodoro da Fonseca gestürzt. Der Putsch stützte sich allerdings auf die gebildete Elite (geschätzte 8.000 Menschen verfügten über eine höhere Schulbildung) und weitverbreitete Gefühle des Nationalismus und der Ablehnung der ehemaligen Kolonialmacht Portugal, als dessen Repräsentant Peter II. noch immer angesehen wurde. In den rasch folgenden Wahlen wurde Marschall Manuel Deodoro da Fonseca als erster Präsident Brasiliens bestätigt.

Die neue Verfassung vom 5. Oktober 1988 behob diesen „Geburtsfehler“ der Republik, indem sie die Staatsform zum Gegenstand eines Referendums machte: etwa 12 % der Wähler sprachen sich am 21. April 1993 für die Rückkehr zur Monarchie aus.

Die kaiserliche Familie (von links nach rechts): Leopoldina, Peter II. von Brasilien, Teresa Maria Cristina von Neapel-Sizilien und Isabella

Sklaverei

Die innenpolitisch wichtigste Herausforderung erwuchs aus einer ausgedehnten Bewegung für die Aufhebung der Sklaverei. Während es in Brasilien als Folge des Humanismus, der französischen Revolution und später des amerikanischen Bürgerkrieges bereits früh eine Emanzipationsbewegung gab, stieß diese doch auf ein geteiltes Echo. Sklaverei war in der Bevölkerung tief verankert; der Besitz eines Sklaven (juristisch als Sache bezeichnet) war selbst in tieferen Bevölkerungsschichten ein Statussymbol. Sklaven stellten eine beträchtliche Investition für ihre Herren dar, was ihre wirtschaftliche Bedeutung und den Widerstand gegen ihre Befreiung erklärt.

Die „Einfuhr“ afrikanischer Sklaven wurde auf Druck Englands bereits 1830 für illegal erklärt, in der Praxis jedoch erst 1849 bekämpft und innerhalb von zwei Jahren vollständig gestoppt, während Sklaverei an sich legal blieb. Die Bevölkerungsgruppe der Sklaven wurde durch Todesfälle, Loskäufe und Begnadigungen kleiner. Innerstaatlicher Sklavenhandel gewann deutlich an Bedeutung.

Eine organisierte Kampagne für die Emanzipation der 2,5 Millionen Sklaven in Brasilien begann einige Jahre später. Die Abolitionisten errangen ihren ersten Sieg 1871, als das Parlament alle Kinder, die von Sklavinnen geboren wurden, für frei erklärte (Gesetz des freien Schoßes, „Lei do Ventre Livre“). Das offenbar liberale Gesetz hatte jedoch einige Haken: Der Sklavenhalter entschied, den Kindern gegen staatliche Entschädigung die Freiheit zu schenken oder sie bis Vollendung des 21. Lebensjahres für sich arbeiten zu lassen. Gegeben die äußerst niedrige Lebenserwartung eines Sklaven, hatte das Gesetz nur geringe Auswirkungen.

Etwa um die gleiche Zeit entstand eine republikanische Bewegung, die in den folgenden Jahren mehr und mehr Zulauf erhielt. 1885 wurden schließlich alle Sklaven über 60 Jahre für frei erklärt, das Gesetz sah nach Widerstand der Großgrundbesitzer schließlich 65 Jahre vor – eine utopische Zahl. Der Kaiser, der selbst ein überzeugter Anhänger der Sklavenbefreiung war, wäre am liebsten behutsam auf diesem Wege voran geschritten. Aber das Gesetz, das schließlich am 13. Mai 1888 alle restlichen Sklaven emanzipierte („Goldenes Gesetz)“, wurde während eines Kuraufenthalts Dom Pedros II. in Europa in seiner Abwesenheit von der Regentin, Prinzessin Isabel, unterzeichnet. Rein zahlenmäßig war die Sklaverei inzwischen ohne Belang: es gab noch 500.000 Sklaven bei einer Gesamtbevölkerung von 13,5 Millionen. Jedoch beraubte die Sklavenbefreiung die kaiserliche Regierung ihres letzten Rückhalts bei den Großgrundbesitzern und bereitete den Boden für die Ausrufung der Republik im November des folgenden Jahres.

Außenpolitik

Pedro II. war ein entschiedener Gegner des argentinischen Diktators Juan Manuel de Rosas und unterstützte den Aufstand von Justo José de Urquiza, der 1852 zum Sturz von Rosas führte. Im 1863 ausgebrochenen uruguayischen Bürgerkrieg unterstützte er den Führer der Partei der Colorados Venancio Flores gegen die Blancos, hinter denen der paraguayische Diktator Francisco Solano López stand. Brasilianische Truppen marschierten in Uruguay ein und eroberten am 20. Februar 1865 die Hauptstadt Montevideo, worauf Flores als Präsident eingesetzt wurde.

Schon im Dezember 1864 hatte López Brasilien den Krieg erklärt, und die Streitkräfte Paraguays drangen in die brasilianische Provinz Mato Grosso ein. López verlangte von Argentinien ein Durchmarschrecht, um die brasilianischen Truppen in Uruguay angreifen zu können. Als der argentinische Präsident dies verweigerte, erklärte López auch Argentinien den Krieg. Darauf schlossen sich Brasilien, Argentinien und Uruguay am 1. Mai 1865 gegen Paraguay zur Tripel-Allianz zusammen, weswegen der Krieg Tripel-Allianz-Krieg genannt wird. Brasilien stellte den weitaus größten Teil der Allianztruppen. Als López nach schweren Niederlagen einen Friedensschluss erwog, war es Kaiser Pedro, der dies verhinderte. Der Kaiser bestand darauf, dass López zurücktreten und ins Exil gehen müsse. Das war für López unannehmbar. Daher wurde der Krieg bis zum vollständigen Sieg der Allianz fortgesetzt. Am 1. März 1870 wurde López auf der Flucht von brasilianischen Soldaten gestellt und erschossen. In Paraguay wurden brasilianische Besatzungstruppen stationiert.

Nachkommen

1842 heiratete Pedro II. Teresa Maria Cristina von Neapel-Sizilien (1822–1889), Tochter des Königs Franz I. beider Sizilien. Sie hatten vier Kinder:

  • Alfons (1845–1847)
  • Isabel (1846–1921) ∞ Comte d’Eu, Enkel des Bürgerkönigs Louis Philippe von Frankreich. Begründerin der bestehenden Linie Orléans-Braganza
  • Leopoldina (1847–1871) ∞ Ludwig August von Sachsen-Coburg und Gotha
  • Pedro (1848–1850)

Literatur

Sachbücher
  • Boris Fausto: História Concisa do Brasil. Edusp, São Paulo 2006, ISBN 85-314-0592-0.
  • Manuel Lucena Salmoral: Pedro II. emperador de Brasil. Anaya, Madrid 1989, ISBN 84-207-3449-7 (Biblioteca iberoamericana; 84).
  • Lilia Moritz Schwarcz: As barbas do Imperador. Dom Pedro II, um monarca nos trópicos. Companhia das Letras, São Paulo 1998, ISBN 85-7164-837-9.
  • Christian Haußer: Kaiser Pedro II. In: Nikolaus Werz (Hrsg.): Populisten, Revolutionäre, Staatsmänner. Politiker in Lateinamerika. Verlag Vervuert, Frankfurt/M. 2010, ISBN 978-3-86527-513-4, S. 142–170.
Belletristik
  • Gloria Kaiser: Pedro II. von Brasilien. Der Sohn der Habsburgerin; Roman. Verlag Styria, Graz 1997, ISBN 3-222-12522-8.
  • Florian Kienzl: Kaiser von Brasilien. Herrschaft und Sturz Pedros I. und Pedros II. Wegweiser-Verlag, Berlin 1952 (Roman).

Weblinks

Commons: Peter II. (Brasilien) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


Vorgänger Amt Nachfolger
Peter I. Kaiser von Brasilien
1831–1889

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