Polypodium hydriforme



Polypodium hydriforme

Polypodium hydriforme, links: Stolon, rechts: frei lebendes Stadium mit Tentakeln

Systematik
Abteilung: Gewebetiere (Eumetazoa)
Stamm: Nesseltiere (Cnidaria)
incertae sedis
Familie: Polypodidae
Gattung: Polypodium
Art: Polypodium hydriforme
Wissenschaftlicher Name der Familie
Polypodidae
Poche, 1914
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Polypodium
Usow, 1885
Wissenschaftlicher Name der Art
Polypodium hydriforme
Usow, 1885

Polypodium hydriforme ist ein Parasit, der den größten Teil seines Lebens in den Oozyten von Fischen aus der Ordnung der Störartigen (Acipenseriformes) verbringt. Das Adultstadium lebt frei im Süßwasser. Die systematische Stellung von Polypodium hydriforme war lange Zeit umstritten. Neuere Untersuchungen belegen nun seine Stellung innerhalb der Nesseltiere (Cnidaria); die genaue Stellung ist jedoch nach wie vor unklar. Es ist die einzige Art der Gattung Polypodium Usow, 1885 sowie der monogenerischen Familie Polypodiidae Poche, 1914.

Merkmale und Lebenszyklus

Polypodium hydriforme hält sich die meiste Zeit seines Lebens in den Oozyten von Störartigen (Acipenseriformes) auf. Er entwickelt sich über mehrere Jahre von einer zweikernigen Zelle (Embryo) mit 15 bis 30 μm im Durchmesser in eine, quasi nach außen gestülpte Planula-ähnliche Larve und später in einen länglichen, ebenfalls umgestülpten Stolon. Die Umstülpung findet wahrscheinlich im Gastrulastadium statt. In beiden Entwicklungsstadien liegt die Epidermis also innen und die Gastrodermis außen. Der Embryo, die Larve und das Stolon sind von einer schützenden polyploiden Zelle umgeben, die auch Verdauungsfunktion hat bzw. Nährstoffe aufnehmen kann. Diese Lage verschwindet in älteren Stadien der Stolonen. Die Larve wächst bis auf etwa 2,5 mm Länge heran, bevor sie sich in das Stolon umbildet. Das Stolon kann über zwei Zentimeter lang werden und bis etwa 100 Knospen haben. Bereits in diesem Stadium werden bis sechs Tentakeln pro Knospe ausgebildet, die jedoch im Innern des Organismus liegen. Kurz vor dem Laichen des Wirtes, stülpen sich die Zelllagen des Parasiten um, die Epidermis kommt nach außen zu liegen, die Gastrodermis innen. Während dieser Umstülpung füllt sich der zukünftige Gastralraum mit Dotter der Wirtsoozyte. Dadurch wird der Parasit für das zukünftige Leben im freien Wasser mit ausreichend Nährstoffen versorgt. Nach dem Ablaichen der Eier des Wirtstieres verlassen die Parasiten die Eier und das Stolon zerlegt sich in zahlreiche, medusen-ähnliche Individuen mit zunächst 24 Tentakeln ohne ausdifferenziertem Gastralraum. Die Tentakeln sind mit Nesselzellen (Cnidozyten) besetzt. Die Nesselzellen gehören alle zum Typ der atrichen Isorhizen[1]. Etwa zwei Tage später teilen sich die Medusen-ähnlichen Individuen ungeschlechtlich der Länge nach. Die meisten Polypen haben nun zwölf Tentakeln. Es bilden sich Gastralraum und Mund aus[2]. Dabei ist allerdings nicht ganz sicher, ob dieses medusenähnliche Stadium tatsächlich dem Medusenstadium der Medusozoa entspricht, oder eher dem Polypenstadium. Sie erreichen mit ausgestreckten Tentakeln einen Durchmesser von über einem Zentimeter. Nach dem Aufbrauchen des Dottervorrates werden auch Wenigborster (Oligochaeta) (Tubifex), Strudelwürmer (Turbellaria) und Rädertierchen (Rotifera) erbeutet. Sie pflanzen sich später auch geschlechtlich fort. Die Details sind bisher aber kaum bekannt. Die Gametophoren werden von den adulten Exemplaren von Polypodium hydriforme bereits an die Prälarven mit noch großem Dottervorrat von z.B. Acipenser stellatus angeheftet. Wie die befruchteten Eier dann in die Oozyten gelangen, ist nicht bekannt.

Systematik

Nach der neuesten molekulargenetischen Untersuchung ist Polypodium ein Nesseltier. Zwar war dies aufgrund der Nematozysten schon vorher vermutet worden, doch war z.B. auch ein Schwestergruppenverhältnis mit den Myxozoa postuliert worden. Dann wäre der Besitz von Nesselzellen jedoch nicht mehr einzigartig für die Nesseltiere gewesen. Die Position innerhalb der Cnidaria ist dagegen weniger sicher. Mit einiger Wahrscheinlichkeit gehört Polypodium zu den Medusozoa (d.h. Hydrozoa, Scyphozoa, Staurozoa und Cubozoa). Raikova (1994) stellte für diese Art eine eigenständige Klasse Polypodiozoa innerhalb der Nesseltiere auf. Eine Besonderheit stellt zudem der Lebensraum dar, das Süßwasser. Allerdings gibt es mindestens zwei Hydrozoen-Gruppen, die unabhängig voneinander den Wechsel in das Süßwasser vollzogen haben.

Geographische Verbreitung

Polypodium hydriforme war lange nur aus Osteuropa bekannt, wo er als Schädling bei der Produktion von Kaviar bekannt war. Er wurde später auch in weiten Gebieten Europas bei Störartigen nachgewiesen. 1979 gelang erstmals auch der Nachweis in Störartigen in Nordamerika[2].

Quellen

Einzelnachweise

  1. Ekaterina V. Raikova: Fine structure of the nematocytes of Polypodium hydriforme Ussov (Cnidaria). Zoologica Scripta, 19(1): 1-11, Oslo 2005 doi:10.1111/j.1463-6409.1990.tb00236.x
  2. 2,0 2,1 E. V. Raikova, V. Ch. Suppes, G. L. Hoffman: The Parasitic Coelenterate, Polypodium hydriforme Ussov, from the Eggs of the American Acipenseriform Polyodon spathula. The Journal of Parasitology, 65(5): 804-810, Lawrence 1979

Literatur

  • Nathaniel M Evans, Alberto Lindner, Ekaterina V. Raikova, Allen G. Collins und Paulyn Cartwright: Phylogenetic placement of the enigmatic parasite, Polypodium hydriforme, within the Phylum Cnidaria. BMC Evolutionary Biology, 8:139 2008doi:10.1186/1471-2148-8-139
  • Ekaterina V. Raikova: Life Cycle, Cytology, and Morphology of Polypodium hydriforme, a Coelenterate Parasite of the Eggs of Acipenseriform Fishes. Journal of Parasitology, 80(1): 1-22, Lawrence, 1996

Weblinks

Commons: Polypodium hydriforme – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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