Prospective Outlook on Long-term Energy Systems


Prospective Outlook on Long-term Energy Systems (POLES) ist ein Modell zur Simulation der weltweiten Energiewirtschaft, das unter der Software Vensim läuft. Es ist ein technisch-ökonomisches Modell mit einer endogenen Energiepreisbildung, einer kompletten Berechnung von Energienachfrage und -angebot verschiedener Energiesektoren und dazugehöriger Technologien und einem Abgas-Modul für Kohlenstoffdioxid und andere Treibhausgase.

Entwicklung

POLES wurde ursprünglich in den frühen 1990er Jahren im Institute of Energy Policy and Economics IEPE (jetzt LEPII) in Grenoble, Frankreich entwickelt. Es war zu Forschungszwecken gedacht, in Zusammenhang mit dem weltweiten Energieangebot, dem Klimawandel und den Langzeitauswirkungen der Energiepolitik. Die Entwicklung von POLES wurde anfangs durch eine detaillierte Beschreibung der Energienachfrage nach Sektoren, durch elektrische Kapazitätsplanung und die Erforschung und Produktion der fossilen Brennstoffe in den verschiedenen Regionen der Welt vorangetrieben. Während seiner Entwicklung floss theoretisches und praktisches Fachwissen der Bereiche der Mathematik, Ökonomie, Ingenieurwissenschaften, Energieforschung, Analyse des Welthandels und der technologischen Veränderung mit ein.

Die anfänglichen Entwicklungen von POLES wurden von den Programmen JOULE II und III des dritten und vierten Rahmenprogrammes (FP3,FP4) für Forschung und technologische Entwicklung (1990-1994 and 1994-1998) der Europäischen Kommission und vom französischen CNRS (Centre national de la recherche scientifique) finanziert. Seither wurde das Modell durch weitere Projekte finanziert, unter anderem durch FP5 und FP6, und in Zusammenarbeit mit dem LEPII, dem Beratungsunternehmen Enerdata und dem Europäische Gemeinsame Forschungsstelle (Joint Research Centre) IPTS, umfangreich weiterentwickelt.

Mit einer Entwicklung über zwanzig Jahre hinweg ist POLES eines der wenigen Energiemodelle das von einem kontinuierlichen Weiterentwicklungsprozess und einem Fachwissen über eine solch ausgedehnte Zeitspanne profitiert.

Struktur

Das Modell bietet ein komplettes System zur Simulation und ökonomischen Analyse des weltweiten Energiesektors bis ins Jahr 2050. POLES ist ein Modell mit partiellem Gleichgewicht, einem jährlichen rekursiven Simulationsprozess und einer Mischung aus preisbedingten Verhaltensgleichungen und einem auf Kosten und Leistung basierenden System für alle Technologien im Energiebereich. Die internationalen Energiepreise sind entgegen vieler anderer Energiemodelle endogen. Die exogenen Hauptvariablen sind das Bruttoinlandsprodukt und die Bevölkerungszahl der jeweiligen Länder und Regionen.[1]

Die Struktur des Modells basiert auf miteinander verbundenen Modulen und gliedert sich in drei Ebenen der Analyse: der internationale Energiemarkt, das regionale Energiegleichgewicht und die nationale Energienachfrage (welche neue Technologien, Stromproduktion, System der primären Energieproduktion und Emission der Treibhausgase nach Sektoren beinhaltet).

POLES gliedert die Welt in 57 Regionen (45 Länder, darunter die 27 Länder der Europäischen Union, und 12 Land-Aggregate) mit 13 verschiedenen Sektoren für Energienachfrage in jeder Region.

Nachfrage der verschiedenen Sektoren

Die Beschreibung der Nachfragesektoren ist sehr detailliert und beinhaltet Indikatoren für Aktivität, Kurz– und Langzeitenergiepreise und dazugehörige Elastizität und technologische Entwicklungstrends (d. h. Berücksichtigung technologischer Lernprozesse). Dies erlaubt eine solide ökonomische Beständigkeit der Anpassung von Angebot und Nachfrage pro Region, denn relative Preisschwankungen in einem Sektor können alle Hauptvariablen der regionalen Sektore beeinflussen. Die Berechnung des Mehrwerts aller Sektore ist endogen.

Die Nachfrage der verschiedenen Brennstoffe in einem Sektor folgt dem Wettkampf der Marktanteile angetrieben durch Energiepreise und Faktoren in Bezug auf Politik und Hypothesen der technologischen Entwicklung. Das Modell beinhaltet folgende Nachfragesektoren :

  • Wohn- und Dienstleistungsektoren: zwei Sektoren
  • Industrie:
    • Energetische Anwendung: vier Sektoren, detaillierte Simulation der energieintensiven Industrie wie zum Beispiel die Stahlindustrie, Chemieindustrie, Zement– oder Glasindustrie.
    • Nicht energetische Anwendung: zwei Sektore, Transformationssektore wie beispielsweise Plastikproduktion und Produktion von chemischen Rohstoffen.
  • Transport: vier Sektoren ( Lufttransport, Zugtransport, Strassentransport und andere). Der Strassentransport beinhaltet verschiedene Fahrzeugtypen (Personenwagen, Lastkraftwagen usw.) und erlaubt den technologischen Wettkampf mit unter anderem alternativen Fahrzeugtypen wie Hybridfahrzeuge oder Elektro – und Brennstoffzellenfahrzeuge.
  • Agrarindustrie: ein Sektor.

Öl- und Gasversorgung

Es gibt 71 Regionen mit (inter-) regionalem Handel für die Öl- und Gasproduktion. Die Modelisation der fossilen Brennstoffversorgung berücksichtigt technologische Verbesserungen der Ausbeuterate von Öl, eine Bindung zwischen neuen Entdeckungen und kumulliertem Bohren und ein Feedback der Reserve-Produktions-Rate des Ölpreises. Des Weiteren unterscheidet das Modell zwischen OPEC- und Nicht-OPEC-Produktion und berücksichtigt ebenfalls unkonventionelle Ölquellen wie beispielsweise Ölschiefer und Ölsand.

Stromerzeugung

Es gibt 26 Technologien zur Stromerzeugung, von denen verschiedene noch nebensächlich oder in Planung sind, wie zum Beispiel thermische Produktion mit CO2-Abscheidung und -Speicherung oder neue nukleare Entwürfe. Preisbegingte Verbreitungsmittel wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz können als Einflussfaktor für Vorausplanungen zur zukünftigen Entwicklung neuer Energietechnologien integriert werden.

Das Modell unterscheidet vier typische Tageslastkurven innerhalb eines Jahres in Zwei-Stunden-Schritten. Die Lastkurven werden durch eine Rangfolge erstellt die auf Betriebs – und Wartungsgrenzkosten sowie annualisierten Kapitalkosten basiert. Die geschätzte Stromnachfrage eines Jahres beeinflusst Investitionsentscheidungen zur neuen Kapazitätsplanung des darauffolgenden Jahres.

Emissionen und Kohlenstoff-Preis

POLES beinhaltet eine Bilanzierung der Treibhausgasemissionen und erlaubt eine Visualisierung der Treibhausgasströme auf sektorieller, regionaler und globaler Ebene. Das Modell deckt Emissionen durch Brennstoffe in allen Sektoren und somit über die Hälfte der globalen Treibhausgasemissionen, die sechs Treibhausgase des Kyoto-Protokolls sind also mit inbegriffen (Kohlendioxid, Methangas, Stickstoffoxid, Schwefelhexafluorid, Hydrofluorkarbonat und Perfluorocarbon). Das Modell erlaubt es, die Empfindlichkeit des Energiesektors zum Kohlenstoff-Preis für fossile Brennstoffe auf regionaler Ebene zu testen, vorgesehen und experimentiert von Systemen des Emissionsrechtehandels wie der EU-Emissionshandel für Kohlendioxidemission.

Datenbank

Die Datenbank des Modells wurde vom IPTS, LEPII und Enerdata entwickelt. Die Daten der technologischen Kosten und Leistungen wurde von der TECHPOL Datenbank geliefert[2][3]. Die Daten der historischen Energienachfrage und des historischen Energieverbrauchs und Energiepreises werden von Enerdata er – und zur Verfügung gestellt[4].

Verwendung

Das Modell POLES wird heute benutzt um zukunftsorientierte Studien und Tests durchzuführen die den Einfluss verschiedener Energiequellen oder Energiepolitiken und verschiedener treibender Variablen der Energienachfrage zeigen sollen. Des Weiteren kann man die Penetrationsrate verschiedener Technologien zur Stromerzeugung und -endanwendung errechnen. POLES liefert nicht die direkten makro-ökonomischen Auswirkungen der Minderungsmassnahmen wie im Stern-Report vorgesehen, erlaubt jedoch eine detaillierte Abschätzung der Kosten im Zusammenhang mit Technologien mit wenig Energieverbrauch oder Nullenergietechnologen.

In Zusammenhang mit Profilen von Treibhausgasemissionen kann POLES sogenannte „Marginal abatement cost curves“ (MACC) (Grenzvermeidungskosten-Kurven) für jede Region und jeden Zeitpunkt errechnen. Diese dienen zur Messung der Reduzierungskosten der Treibhausgasemissionen oder zur Analyse strategisch wichtiger Zonen für Emissionskontrollpolitiken und Systeme für Emissionsrechtehandel unter verschiedenen Marktkonfigurationen und Handelsregeln[5][6].

Studien, die POLES-Simulationen beinhalten, wurden von internationalen Gremien beauftragt wie die Generaldirektionen der Europäischen Kommission[7][8], der nationalen Energie -, Umwelt -, Industrie- und Transportbehörden[9] oder privaten Akteuren des Energiesektors[10].

Kritik

POLES ist im Stande Veränderungen des sektoriellen Mehrwerts und Verschiebungen der Aktivität zwischen den Sektoren zu modellisieren. Dennoch ist POLES kein makro-ökonomisches Modell, da es das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Input benutzt, jedoch kein Feedback des BIPs integriert, das von der Entwicklung des Energiesystems resultieren könnte wie zum Beispiel Kohlenstoff-Preisangaben, fallende Ölproduktion und deren Einfluss auf Transport und Mobilität oder Wachstum bedingt durch technologische Innovation (wie z. B. der IT-Boom in den 90er Jahren). POLES liefert also nicht die gesamte Auswirkung auf die Gesellschaft von beispielsweise der Anpassung an das Klima oder daraus resultierenden Verringerungen. (es erlaubt jedoch die Einschätzung der Gesamtkosten der Energiesektoren, inklusive der Investitionen zur Entwicklung von Technologien mit wenig Energieverbrauch).

Das Modell integriert nicht alle Treibhausgasemissionen, wie solche die die Agrarindustrie, Flächennutzung, Veränderung der Flächennutzung und Forstwirtschaft betreffen. Insofern, kann die Klimakomponente des Modells nicht die gesamten Treibhausgasbestände, - konzentrationen und die verbundenen Temperatureanstiege des anthropogenen Klimawandels hochrechnen[11].

Siehe auch

  • UNFCCC

Weblinks

Einzelnachweise

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