Alpenföhn


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Das Föhnfenster nördlich der Alpen von Freising aus gesehen

Als Alpenföhn wird der Föhnwind des Alpenraumes bezeichnet. Die Bezeichnung „Föhn“ wurde erstmals für den im Winterhalbjahr auf der Alpennordseite Tauwetter bringenden aus südlicher Richtung wehenden Wind verwendet. Da diese Bezeichnung später zum Gattungsbegriff dieses in vielen Gebirgen der Welt auftretenden Phänomens wurde, wird zur Unterscheidung für den Föhn im Alpenraum auch der Ausdruck „Alpenföhn“ verwendet.[1] Er kann hier zu starken Stürmen mit Spitzengeschwindigkeiten von 150 km/h führen, wodurch er Schäden an Gebäuden anrichten kann. Der von Süden wehende Föhn auf der Nordseite der Alpen wird auch Südföhn genannt, das Gegenstück dazu auf der Alpensüdseite auch Nordföhn.

Föhn im Norden der Alpen

Blick auf das bayerische Alpenvorland bei ausgeprägtem Südföhn. Aufgenommen ca. 20 km östlich von Regensburg, bei einer Sichtweite von rund 200 Kilometern. Das Donautal bildet eine natürliche Grenze für den Alpenföhn.

Ein erheblicher Anteil an Föhntagen weist südlich des Alpenkammes keinen Niederschlag auf, so dass die thermodynamische Föhntheorie im Falle des Alpenföhns nicht als Erklärung für die Erwärmung dienen kann. Die Föhnerscheinung auf der Alpennordseite kann dann jedoch dadurch erklärt werden, dass die Luft, die in den Nordalpentälern als Föhn spürbar ist, nicht vom Alpensüdfuß, sondern aus größerer Höhe stammt, wobei die darunter liegende luvseitige Luft stabil geschichtet ist und am Übersteigen des Hindernisses gehindert wird. Durch die tief eingeschnittenen Pässe gelangt dabei ein Teil dieser relativ kühlen blockierten luvseitigen Luft als seichter Föhn nach Norden. In der Schweiz wird hingegen nur von Föhn gesprochen, wenn ein deutlich warmer Fallwind gemeint ist, welcher durch die zusätzliche Kondensationswärme (thermische Energie) beim Ausregnen auf der Alpensüdseite (Alpennordseite bei Nordföhn) entsteht. Seichte Südwindlagen, welche beispielsweise den Saharastaub in die Alpen bringen, werden nicht als Föhnlagen bezeichnet. Aus einer wirklichen Föhnlage gehen somit deutliche und nur durch Föhn zu erklärende Temperaturunterschiede von 15 Grad Celsius und mehr hervor, welche die Föhngebiete insbesondere bei Hochnebellagen von deren unmittelbarer Nachbarschaft unterscheiden.[2]

Auf der Alpennordseite ist der Föhn auf Grund der geringen Luftfeuchtigkeit mit einer sehr guten Fernsicht verbunden, im Winter und Frühjahr begünstigt er wegen der höheren Temperaturen die Schneeschmelze.

Das Gebiet, in dem sich der Föhn in Bayern und Oberschwaben auswirkt, kann man ziemlich genau mit dem Verlauf der Donau begrenzen. Im Süden ist eine Grenzziehung schwieriger: Am Gebirgsrand zum Beispiel im Inntal kann es durch den Föhn an einem Wintertag bis zu 25 Grad Celsius Temperaturunterschied geben (Brannenburg am Inn, 29. Nov. 2000, 23 Uhr: 22 °C / 30. Nov. 2000, 6 Uhr: -3 °C)

Auf der Lee-Seite des Gebirges gerät die strömende Luft in Schwingungen. Diese Leewellen werden bei ausreichender Luftfeuchtigkeit durch die Bildung von charakteristischen Wolken, den Föhnlinsen (Altocumulus lenticularis, kurz Ac lent), sichtbar. In den Leewellen können Segelflugzeuge auf über 10.000 m steigen.

Föhn im Süden der Alpen

Wolken über dem Alpenhauptkamm bei Nordföhn, Blick auf die Südseite der Zillertaler Alpen.

Genauso kann es bei umgekehrten Druckverhältnissen den Nordföhn auf der Südseite der Alpen geben. Dabei sind die Auswirkungen entsprechend umgekehrt: Bewölkung mit Regen im Norden, Föhnfenster mit eventuell erhöhten Temperaturen im Süden. Im Gegensatz zum Föhn nördlich der Alpen wird sich der Nordföhn aber oft auch als relativ kalter Sturm zeigen, da sich diese Windlage üblicherweise nach dem Durchgang einer Kaltfront aus Westen einstellt.

Doppelföhn

Am 13. Dezember 1981 trat über dem schweizerischen Alpenraum ein sehr seltenes Phänomen auf: der Doppelföhn. Während rund vier Stunden wehten in Altdorf (Uri) der Südföhn und in Locarno (Tessin) der Nordföhn gleichzeitig, was nach den Standardmodellen der Föhntheorie nicht möglich ist. Der Föhnforscher Karl Frey hat dieses Phänomen anhand des umfangreichen meteorologischen Datenmaterials analysiert und dokumentiert.[3][4]

Ein Kaltlufthoch verlagerte sich vom Ärmelkanal in ost-südöstlicher Richtung gegen den Balkan und lag am Nachmittag des 13. Dezember 1981 über dem Alpenkamm. Am Mittag des 12. Dezembers setzte in Locarno der Nordföhn ein und dauerte bis am 13. Dezember 20 Uhr. In Altdorf setzte der Südföhn am 13. Dezember um 16 Uhr ein und dauerte bis am 14. Dezember 06 Uhr. Am 13. Dezember, zwischen 16 und 20 Uhr, herrschte also eine einzigartige Doppelföhnlage.

Aufgrund der Druck- und Temperaturverläufe im Alpenraum lässt sich rekonstruieren, dass sich während der Doppelföhnlage sowohl nördlich wie auch südlich des Alpenkammes eine baroklin geschichtete Atmosphäre einstellte, nach Frey [1945] ein sogenanntes baroklines Solenoidfeld. Der auf gleiche Höhe reduzierte Druck war dabei sowohl auf der Alpennordseite wie auch auf der Alpensüdseite deutlich geringer als über dem Alpenkamm. In einer baroklin geschichteten Atmosphäre schneiden sich Flächen gleichen Drucks (Isobaren) und Flächen gleicher Temperatur (Isothermen), was beschleunigende Strömungen hervorruft. Diese Strömungen waren im vorliegenden Fall vom Alpenkamm aus sowohl nach Norden wie auch nach Süden hin gerichtet und lösten so das Phänomen des Doppelföhns aus.

Während Jahren gelang es nicht, Mitteilungen über ähnliche Fälle im Alpenraum zu finden. Im September 2011 stieß der Autor der erwähnten Studie in alten Meteo-Akten auf eine Aufzeichnung aus dem Jahr 1899, in welcher ein analoger Fall vom 14. April 1898 beschrieben wurde. [5]

Synoptische Typen des Alpenföhns

Gipfel der Hörndlwand am 21. Februar 2004. Eine extreme Föhnwetterlage mit Windspitzen bis zu 150 km/h in Verbindung mit einem schweren Sturm in Nordafrika sorgt für einen durch Wüstensand rotgefärbten Himmel in den Alpen.

Föhn kann in zyklonaler oder antizyklonaler Ausprägung auftreten. Beim zyklonalen Typ ist auch ein Regenereignis auf der Luvseite zu beobachten. Eine notwendige Bedingung für die Auslösung von zyklonalem Alpensüdföhn ist der Vorbeizug eines Tiefdruckgebietes auf west-östlicher Bahn nördlich der Alpen. Dieses saugt in den unteren Schichten Luft aus seiner Umgebung, also auch über die Alpen hinweg, an, wobei es dann zu Föhn kommen kann. Ähnliche Großwetterlagen liegen bei Föhnbeobachtungen in allen Erdteilen vor.

Der Südföhn entsteht so oftmals im Vorfeld einer Kaltfront, die sich aus Westen den Alpen nähert. Wenn hinter der Front selbst hochreichende Kaltluft über Westeuropa hinweg weit genug nach Süden ausbricht, entsteht auf der Vorderseite dieses „Kaltlufttroges“ zur Kompensation vielfach eine nach Norden gerichtete Strömung, die relativ milde, aber auch recht feuchte Luft vom Mittelmeer zu den Alpen führt.

Besondere Phänomene

Der Südföhn weht nicht konsequent aus Süd. Je nach Luftdruck bzw. Höhenströmung reicht die Windrichtung auf den Alpengipfeln von Südost bis Südwest, in den Alpentälern gibt die Talrichtung zumeist auch die Windrichtung vor. Als besonderes Phänomen bei südöstlichem Südföhn gibt es den Guggi-Föhn. Hierbei weht der Wind aus südöstlicher Richtung von der Jungfrau ins Tal Richtung Lauberhorn und erreicht dort nicht selten Orkanstärke.

Prädestinierte Schweizer Alpentäler sind das Reusstal im Kanton Uri, das Haslital im Kanton Bern und das Rheintal bei Chur im Kanton Graubünden.

Einzelnachweise

  1. Der Brockhaus. Wetter und Klima. Seite 101, Brockhaus, Leipzig/Mannheim 2009, ISBN 978-3-7653-3381-1
  2. Föhn bei Hochnebellagen in der Schweiz (Dialekt-Radiosendung
  3. Karl Frey; Geheimnisvoller Föhn - Beschreibungen – Wissenschaftliches – Merkwürdiges Separatdruck aus den Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft Solothorn, April 2007
  4. Karl Frey; Gleichzeitigkeit von Süd- und Nordföhn, in: Archiv Meteorologie und Geophysik, Wien, 1986. (Dieser Artikel ist auch enthalten im Buch von M. Kuhn, Föhnstudien; siehe untenstehende Literaturliste)
  5. R. Billwiller, MZA Zürich: Gleichzeitiges Auftreten von Föhn in den nördlichen und südlichen Alpenthälern. In: Meteorologische Zeitschrift 5/1899

Literatur

  • F. Fliri: Die Niederschlagsverteilung in den Alpen an Tagen mit starkem Südföhn in Innsbruck und in Altdorf. In: Wetter und Leben 35/1983, S. 154–162
  • K. Frey: Eine neue Ansicht über die Entwicklung des Föhns, Dissertations-Sonderdruck. Rentsch, Trimbach, 1945
  • K. Frey: Der „Jahrhundertföhn“ vom 8. November 1982. Eine synoptische Betrachtung. In: Meteorologische Rundschau 37 (1984), S. 209–220
  • J. Hann: Der Föhn in den österreichischen Alpen. In: Zeit. Öster. Ges. Met. 2 (19), Wien 1867, S. 433–445
  • M. Kuhn (Hrsg.): Föhnstudien. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1989
  • J. Vergeiner: South foehn studies and a new foehn classification scheme in the Wipp and Inn valley. Dissertation. University of Innsbruck, 2004

Weblinks