SARS-Pandemie 2002/2003


Übersichtskarte über die von der SARS-Pandemie 2002/2003 betroffenen Staaten mit bestätigten Todesfällen (schwarz) beziehungsweise Infektionen (rot)

Als SARS-Pandemie 2002/2003 wird das erste − gleich weltweite − Auftreten des vom SARS-assoziierten Coronavirus hervorgerufenen Schweren Akuten Atemwegssyndroms (SARS) bezeichnet, das im November 2002 begann. Von Südchina ausgehend verbreitete sie sich binnen weniger Wochen über nahezu alle Kontinente und forderte innerhalb eines halben Jahres knapp 1000 Menschenleben. Die Weltgesundheitsorganisation unterschied zwischen Staaten, in denen lokale Infektionsketten bestanden, das heißt Neuansteckungen auftraten, und Ländern, in denen die Erkrankung nur bei Reisenden auftrat, die sich in den Ländern der ersten Kategorie infiziert hatten. Staaten mit lokalen Infektionsketten waren die Volksrepublik China, Hong Kong, Singapur, Kanada, Vietnam, Taiwan, die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich. Die Prävalenz der Seuche lag bei 150 pro Milliarde Einwohner.

Als erste Pandemie des 21. Jahrhunderts weckte sie neue Ängste in der Bevölkerung und wurde weltweit in großem Rahmen von den Medien begleitet. Ihr erlagen außerhalb Asiens 50 Menschen und sie ist ein gutes Beispiel für die rasche Ausbreitung einer Krankheit in der vernetzten, globalisierten Welt.

Verlauf

Ausbruch in China

Über den Ausgangspunkt der SARS-Pandemie herrscht nach wie vor keine absolute Sicherheit. Die WHO geht heutzutage allerdings davon aus, dass sie am 16. November 2002 ausbrach. Der erste Erkrankte war demnach ein Bauer aus der Stadt Foshan in der Provinz Guangdong, dessen Leiden von den örtlichen Ärzten als „atypische Lungenentzündung“ klassifiziert wurde. Andere Quellen berichten, die drei ersten Infizierten seien auf Wild spezialisierte Küchenchefs gewesen. Gesichert ist, dass ein 33-jähriger Koch aus Shenzhen Ende November mit Krankheitssymptomen in seine Heimatstadt Heyuan reiste und Anfang Dezember im dortigen städtischen Krankenhaus behandelt wurde. Während seines stationären Aufenthaltes infizierte er acht Klinikangestellte, einschließlich des Krankenwagenfahrers. Sein Zustand verschlechterte sich trotz intensiver medizinischer Behandlung und bald war offensichtlich, dass er an einer neuartigen Krankheit litt. Man verlegte ihn in ein Krankenhaus in Guangzhou und im Januar 2003 in das Zhongshan Memorial Hospital in der gleichen Stadt. Dort steckte er binnen kürzester Zeit 13 Mitarbeiter an. Unter ihnen war auch der 64-jährige Oberarzt und Lungenspezialist Liu Jianlun, der Mitte Februar erkrankte.

Die chinesische Regierung erließ derweil Beschränkungen für die örtliche Presse und zensierte Berichte über die Krankheit. Informationen bezüglich der Infektionen gelangten zunächst nicht über die Grenzen Guangdongs hinaus. Zudem verzögerte man die notwendige Benachrichtigung der WHO und schob einen ersten offiziellen Bericht immer weiter hinaus. Erst am 10. Februar 2003 informierte China die WHO über die Vorkommnisse und meldete 305 Infektionen und fünf Todesfälle.

Ausbreitung von SARS am 28. März 2003 durch den „superspreader“

Der „superspreader“

Am 21. Februar reiste Liu Jianlun, obschon seit einigen Tagen erkrankt, anlässlich einer Hochzeit von Guangzhou nach Hongkong. Dort bezog er im neunten Stock des Metropole Hotel das Zimmer 911. Innerhalb von 24 Stunden steckte er zwölf andere Hotelgäste mit seiner Infektion an. Am 4. März verstarb er im Kwong Wah Hospital. Unter den Neuerkrankten waren drei Singapurer, zwei Kanadier, der amerikanische Geschäftsmann Johnny Chen auf der Durchreise nach Singapur und eine 26-jährige Einheimische, die einen Freund im Hotel besuchte. Die internationalen Gäste trugen das Virus als Wirte über die chinesischen Staatsgrenzen hinaus in andere Länder und infizierten auf direktem oder indirektem Wege ungefähr 350 Personen. Die WHO errechnete, dass mehr als 4000 SARS-Erkrankungen weltweit auf Liu Jianlun im Metropole Hotel zurückzuführen sind. Das Gebäude erhielt aus diesem Grunde die Bezeichnung „Superspreader“ („Superverbreiter“), die sich in den Medien, speziell in der Boulevardpresse, auch für Liu Jianlun selbst etablierte.

Ausbreitung zur Pandemie

Binnen weniger Tage breitete sich SARS nun zur Pandemie aus. Ausschlaggebend hierfür war die immer engere gesellschaftliche und wirtschaftliche Vernetzung der Welt sowie die Möglichkeit, den Erreger mit Hilfe von Flugzeugen in andere Staaten zu tragen, lange bevor die Inkubationszeit vorüber war und die Erkrankung offensichtlich wurde.

Februar und März

Ein Geschäftsmann, der sich auf einer Geschäftsreise durch Hongkong und Guangdong infiziert hatte, reiste am 25. Februar zurück nach Taiwan und gilt als Ausgangspunkt für die dortige Epidemie – ebenso wie die zurückkehrenden Singapurer in ihrem Staat. Am selben Tag kehrte eine der beiden im Hotel infizierten Kanadierinnen, eine 78-jährige Diabetikerin, nach Toronto zurück. Sie starb am 5. März, noch bevor sie in ein Krankenhaus eingeliefert werden konnte und infizierte ihren 43-jährigen Sohn. Dieser wurde in das Grace Hospital nach Scarborough Village, einen nördlichen Vorort Torontos, gebracht und starb dort am 15. März. Binnen weniger Tage entwickelte sich Toronto zur am stärksten von der Pandemie betroffenen Region außerhalb Asiens. Johnny Chen aus dem Metropole Hotel in Hongkong zeigte am 26. Februar auf dem Weiterflug nach Singapur erste Erkrankungserscheinungen, weshalb der Flug ins vietnamesische Hanoi umgeleitet wurde. Chen erhielt eine Behandlung im French Hospital of Hanoi, steckte jedoch zahlreiche Angestellte an und wurde zurück nach Hongkong verlegt, wo er am 14. März in einem Hospital an seiner Infektion verstarb. Unter den Infizierten in Hanoi war auch Carlo Urbani, ein Epidemologe der WHO. Urbani schlug sofort Alarm bezüglich des SARS-Ausbruchs. Er erkannte und klassifizierte das Virus als erster, bevor er ihm am 29. März selbst erlag.

Der 26-jährige Einheimische, der im Hotel infiziert worden war, erkrankte Ende Februar und erhielt eine Behandlung als Ambulanzpatient im Prince of Wales Hospital, dem ersten Krankenhaus der Chinese University of Hong Kong. Sein Zustand besserte sich nicht, weshalb man ihn am 4. März auf Station 8A verlegte. Diese Station entwickelte sich in der Folge zu einem Brennpunkt von SARS, da der Patient zahlreiche andere Patienten, Krankenträger, Krankenschwestern, Ärzte und Medizinstudenten ansteckte. Einer der infizierten Patienten war ein 33-jähriger Mann aus Shenzhen, der für eine Dialyse im Krankenhaus war. Nach seiner Entlassung besuchte er seinen Bruder, der in der 7. Etage im Block E, einem 33-stöckigen Gebäude in der Großwohnsiedlung Amoy Gardens wohnte. Durch die Benutzung der Toilette seines Bruders kontaminierte er die Abwasserleitungen des Hauses. Mehr als 300 Bewohner der Amoy Gardens infizierten sich, 42 starben. Am 30. März wurde der gesamte Block unter Quarantäne gestellt und die Balkone unter Polizeiaufsicht geschlossen. Einen Tag später verlegte man alle Bewohner in Krankenhäuser.

Am 12. März löste die WHO einen weltweiten Alarm aus, bezüglich einer neuen hochgradig ansteckenden Krankheit unbekannten Ursprungs in Vietnam und Hongkong und erhöhte die Warnstufe am 15. März, nachdem auch in Kanada und Singapur erste bestätigte Infekte aufgetreten waren. Zur selben Zeit gaben die Centers for Disease Control and Prevention eine Meldung heraus, der zufolge 14 US-Amerikaner infiziert seien. Ende März stand in Hong Kong das gesamte öffentliche Leben still und die Stadt stand unter einer Belagerung von Behördenvertretern, Medizinern, Journalisten und Seuchenbekämpfern.

Die normalerweise überfüllte U-Bahn Peking am 11. Mai 2003

April und Mai

Während sich die SARS-Pandemie weiter ausbreitete, erteilte die US-Regierung am 1. April eine Reisewarnung für Südostasien und berief alle nicht unbedingt notwendigen Mitarbeiter aus den dortigen Botschaften ab. Auf einer Pressekonferenz am 4. April erklärte ein chinesischer Gesundheitsspezialist erstmals öffentlich, die Bevölkerung nicht rechtzeitig über die anfänglichen Krankheitsfälle und den Ernst der Lage informiert zu haben. Diesen verdeutlichte die WHO am 11. April, als sie einen weltweiten Gesundheitsalarm ausrief, nachdem offiziell bestätigt worden war, dass sich die Krankheit mit Hilfe von Interkontinentalflügen verbreitet hatte. Da Vietnam seit mehr als 20 Tagen keine neuen Infektionen verzeichnete, erklärte die WHO den dortigen SARS-Cluster am 28. April für gestoppt und hob nur zwei Tage später die Reisewarnung für die kanadische Metropole Toronto auf. Gleiches widerfuhr am 23. Mai auch Hong Kong und der Ursprungsprovinz von SARS Guangdong, bevor man ab dem 31. Mai Singapur nicht länger als infiziertes Land betrachtete.

Abklang

Im Sommer 2003 ging die Zahl der Neuinfizierten weltweit beständig zurück. Am 23. Juni strich die WHO Hong Kong nach langem Drängen der dortigen Behörden von der Liste der infizierten Gebiete – die nun nur noch Toronto, Taiwan und Peking aufführte. Vier Tage darauf ließ die Weltgesundheitsorganisation verlautbaren, dass man es für möglich halte, SARS binnen drei Wochen vollständig einzudämmen. Dies stellte sich zwar als Irrglaube heraus, doch ab dem 5. Juli wurde auch die Republik China wieder als nichtinfiziertes Gebiet gelistet, obschon dort noch mehr als 200 Patienten in Behandlung waren. In den Folgewochen gab es nur noch Einzelfälle von Erkrankungen, die jedes Mal rasch erkannt werden konnten, sodass es zu keinen weiteren großen Ausbrüchen kam. Betroffen von diesen wenigen letzten Infektionen waren China sowie die Philippinen. Nach langer Wartezeit und zahlreichen Tests erklärte die WHO am 19. Mai 2004, dass die Pandemie auch in Peking besiegt sei und somit ihr Ende gefunden habe.

Ursachen

Die Ursachen für die rasche Ausbreitung der anfänglichen Epidemie und späteren Pandemie sieht die WHO in der sehr dichten Besiedelung Guangzhous und des umliegenden Perlflussdeltas. In der Region werden zahlreiche Wildtiere und exotische Tiere als Lebensmittel genossen, weshalb sie mit ihren zahlreichen Spezialitätenrestaurants bei Touristen sehr beliebt ist. Auf Tierfarmen, Tiermärkten und in Restaurants leben, arbeiten und essen die Einwohner in unmittelbarer Nähe zu Tieren. Die Tiere werden in Käfigen gehalten, verkauft und vor aller Augen geschlachtet. Die Tresen, an denen das rohe Fleisch und die geschlachteten Tiere verkauft werden, sind oft nur wenige Meter von den Essensplätzen der Arbeiter entfernt. Diese Verhältnisse – überbevölkert und unhygienisch – sind laut WHO ein Nährboden für das Ausbreiten einer Infektion. Man geht heute davon aus, dass SARS vom Larvenroller übertragen wurde.

Bis Ende Februar 2003 erkrankten hauptsächlich Familienangehörige der Infizierten oder medizinisches Personal in den Krankenhäusern. Man geht davon aus, dass die Angestellten in Unwissenheit über die Gefahr der neuen Krankheit keine Atemschutzmasken trugen, die eine Virusübertragung durch Tröpfcheninfektion verhindert hätten. Da damals noch keine ausreichenden Informationen über die Behandlung vorhanden waren, verwendeten die Ärzte teilweise auch Zerstäuber und wandten endotracheale Intubationen an, was – anstatt den Heilungsprozess zu beschleunigen – die Ausbreitung des Virus ungemein förderte.

Gegenmaßnahmen

Die Maßnahmen gegen die Pandemie erschöpften sich in präventiven Aktionen, wie beispielsweise zahlreichen Reisewarnungen oder -verboten, Zwangsquarantänen und groß angelegten Desinfektionen ganzer Stadtteile. Da noch kein Impfstoff entwickelt war und man zunächst nicht wusste, wie sich die neuartige Krankheit behandeln ließ, verabreichten die meisten Ärzte Virostatika.

In vielen der betroffenen südostasiatischen Staaten veranlassten die Gesundheitsbehörden eine Schließung der verschiedenen akademischen Einrichtungen. So blieben in Hong Kong sämtliche Bildungseinrichtungen vom 27. März bis zum 22. April vollständig geschlossen, während in Singapur die Universitäten von den Maßnahmen erst gar nicht betroffen waren und die Junior Colleges bereits wieder am 9. und die Sekundarschulen am 14. April ihre Türen öffneten. In Peking dagegen wurde noch am 23. April der Unterricht an allen Grund- und Sekundarschulen für zwei Wochen gestrichen. Am 17. März etablierte man ein internationales Netzwerk aus elf führenden Laboratorien, um den Ursprung der Krankheit zu ergründen und potenzielle Behandlungsmethoden zu entwickeln und am 26. April 2003 schlossen die Pekinger Behörden sämtliche Theater, Diskotheken und andere Unterhaltungsbetriebe. Auf diese Weise wollte man einige Möglichkeiten der Bildung von Menschengruppen auszuschließen.

Eine große Problematik bei der Koordinierung von Gegenmaßnahmen stellte der Taiwan-Konflikt dar, der eine einheitliche Reaktion der WHO auf die Pandemie behinderte. So setzte beispielsweise die Volksrepublik China durch, dass die Republik China keine direkten Ratschläge durch die Organisation erhielt, sondern lediglich über die WHO-Webseite auf dem Laufenden gehalten wurde. Taiwan hielt an seinem Sitz in der WHO fest und argumentierte, SARS zeige, wie wichtig es sei, den Staat in das weltweite Gesundheitsüberwachungssystem einzugliedern. Dies sah die Volksrepublik als politisch motivierten Schritt in Richtung taiwanesischer Unabhängigkeit. Aus diesem Grunde wurde Taiwan auf Druck der Volksrepublik von der WHO-Generalversammlung und mehreren SARS-Konferenzen ausgeladen. Im Nachhinein argumentierte die Republik China, dass das direkte Kommunikationsdefizit bessere Reaktionen auf die Krankheit in Taiwan verhindert habe und somit ursächlich für eine unnötig hohe Anzahl Toter sei. Tatsächlich weist Taiwan von den sechs Ländern mit den meisten Infektionen die mit Abstand höchste Mortalitätsrate auf. Die Volksrepublik hielt dagegen, dass zwischen beiden Seiten Videokonferenzen mit medizinischen Experten stattgefunden hätten.

Sozioökonomische Auswirkungen

Besonders in Asien offenbarten sich die erheblichen wirtschaftlichen und sozioökonomischen Schäden der SARS-Pandemie 2002/2003. Sie wirkte sich hauptsächlich auf das Konsumverhalten und die Tourismusindustrie aus. Letztere brach regelrecht ein, so dass im Frühjahr 2003 Singapur, Hongkong, China und Malaysia einen Rückgang der Touristenzahlen um knapp 70 Prozent hinnehmen mussten. Im Einzelhandel gingen die Umsätze um bis zu zehn Prozent zurück, da die Menschen nur noch das absolut notwendigste kauften. Auf diese Weise wollten sie die Gefahr großer Menschenansammlungen beispielsweise in Innenstädten oder in Einkaufszentren umgehen. Zahllose Industriebetriebe drosselten ihre Produktion, um mit geringerer Arbeitsbesetzung das Risiko von Infektionen möglichst klein zu halten.

SARS-Statistik

China half den betroffenen Wirtschaftsbranchen mit Steuererleichterungen und anderen Stabilisierungsmaßnahmen und auch Hongkong und Malaysia beschlossen umfangreiche Hilfspakete. Hongkong rutsche gar in eine Rezession – ebenso wie Singapur. Der Stadtstaat stützte unter seinen Unternehmen vor allem die Fluggesellschaften und wertete seine Landeswährung, den Singapur-Dollar, ab. Die Angst vor der Krankheit führte auch zur Verlegung mehrerer sportlicher Großveranstaltungen. So sagte die Internationale Eishockey-Föderation am 30. März 2003 die geplante Austragung der Eishockey-Weltmeisterschaft der Damen ab, die am 3. April in Peking beginnen sollte. Auch die FIFA reagierte und verlegte die an China vergebene Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2003 in einem Eilverfahren am 3. Mai in die USA. Die Behörden von Hong Kong erklärten am 24. April 2003 die Verabschiedung eines Hilfspaketes in Höhe von 11,8 Mrd. Hongkong-Dollar zur Unterstützung des städtischen Tourismus, des Einzelhandels und des Gastronomiegewerbes. Neben zahlreichen Steuererleichterungen sah diese Maßnahme auch die Bereitstellung von 1 Mrd. Hongkong-Dollar für Marketingaktionen in Übersee vor, um Hong Kong wieder attraktiver zu machen und ein besseres Image zu verleihen, nachdem es wochenlang nur mit negativen Schlagzeilen in den Medien stand. Insgesamt beliefen sich die wirtschaftlichen Schäden durch die Pandemie in Asien auf ungefähr 18 Mrd. United States Dollar.

Eine nationale Studie der Harvard School of Public Health der Harvard University zeigte, dass Mitte April 2003 93 Prozent der US-Bürger von SARS gehört hatten und ihnen die Abkürzung ein Begriff war. Speziell in den USA hatten die Unsicherheit und Unkenntnis über die Krankheit eine verallgemeinernde Stigmatisierung aller Asiaten zur Folge. Gemäß der Harvard-Erhebung vermieden 14 Prozent der US-Amerikaner geschäftliche Kontakte oder sonstige Beziehungen mit Asien. Dies führte insbesondere in den Chinatowns der Großstädte zu Umsatzeinbußen und dem Ausbleiben der üblichen Touristenströme. Die Stadtviertel glichen für einige Wochen Ghetto, in die sich kaum Nichtasiaten wagten. Die US-amerikanische Komikerin Margaret Cho mit südkoreanischen Wurzeln nannte solche durch die Pandemie aufgezeigten Vorbehalte gegenüber Asien in Anlehnung an die Abkürzung für die Krankheit „severe Asian racism syndrome“ („Schweres Asien-Rassismus Syndrom“).

Auch in Kanada waren die Auswirkungen der Pandemie enorm. Die meisten Tagungen und Messen in der Millionenstadt wurden abgesagt und der letzten großen verbliebenen Konferenz, der American Library Association Convention im Sommer 2003, bleib die Library of Congress als größter Teilnehmer fern. Am 22. April 2003 berichtete CBC/Radio-Canada, dass die Auslastungsrate in den Hotels Torontos nur die Hälfte des normalen Wertes erreiche. Eine Verschärfung der Reisewarnung durch die WHO am folgenden Tag und die Aufforderung, nicht unbedingt notwendige Reisen nach Kanada zu verschieben, führten dazu, dass Mitglieder der Stadtverwaltung von Toronto einen großen wirtschaftlichen Rückgang prognostizierten. Experten der Bank von Kanada meinten gar, die Reisewarnung könnte der gesamten kanadischen Wirtschaft drastische und langfristige Schäden zufügen.

Folgen

Als entscheidende Folge der Pandemie für Europa gilt die Einrichtung eines Zentrum für Krankheitsprävention, die am 6. Mai 2003 auf einem eilends einberufenen Treffen der EU-Gesundheitsminister beschlossen worden war. Knapp ein Jahr darauf, präsentierte man in Stockholm das neu gegründete Zentrum, das European Centre for Disease Control (ECDC).

In der Volksrepublik China zog man infolge der zahlreichen Infektionen und Toten personelle Konsequenzen. Am 20. April 2003 wurden der chinesische Gesundheitsminister Zhang Wenkang und der Bürgermeister von Peking Meng Xuenong auf Grund der zunehmenden Kritik an ihrem Umgang mit der Gefahr durch SARS und der mangelhaften Öffentlichkeitsarbeit ihrer Ämter enthoben. Zhang wurde durch Wu Yi ersetzt. Dies stellt insofern eine Besonderheit da, als dass Beamte oder anderweitig hochrangige Staatsbeschäftigte in China nur selten wegen administrativer Fehler entlassen werden. In diesem Falle galt es offenbar, der versammelten Weltpresse zu beweisen, dass man die Bedrohung durch SARS ernst nehme und alles tat, um sie einzudämmen.

Betroffene Staaten

Die folgende Liste WHO vom 7. August 2003 gibt all jene Staaten an, in denen im Zuge der Pandemie Infektionen mit SARS aufgetreten sind. Neben der Zahl der Erkrankungen differenziert sie in Todesfälle und Genesungen und die daraus resultierende Mortalitätsrate. Die Volksrepublik China, Macao und Hong Kong sind einzeln aufgeführt, da sie von der WHO separat gelistet werden.

Land Fälle Tote Genesene Mortalitätsrate in %
AUS Australien 6 0 6 00,00
BR Brasilien 1 0 1 00,00
D Deutschland 9 0 9 00,00
FIN Finnland 1 0 1 00,00
F Frankreich 7 1 6 14,28
HK Hongkong 1755 296 1448 16,86
IND Indien 3 0 3 00,00
RI Indonesien 2 0 2 00,00
IRL Irland 1 0 1 00,00
I Italien 9 0 9 00,00
CDN Kanada 251 41 210 16,33
CO Kolumbien 1 0 1 00,00
ROK Südkorea 3 0 3 00,00
KWT Kuwait 1 0 1 00,00
MO Macao 1 0 1 00,00
MAL Malaysia 5 2 3 40,00
MGL Mongolei 9 0 9 00,00
NZ Neuseeland 1 0 1 00,00
RP Philippinen 14 2 12 14,28
RC Rep. China 665 180 475 27,06
RO Rumänien 1 0 1 00,00
RUS Russland 1 0 1 00,00
S Schweden 3 0 3 00,00
CH Schweiz 1 0 1 00,00
SGP Singapur 238 33 205 13,86
E Spanien 1 0 1 00,00
ZA Südafrika 1 1 0 100,00
T Thailand 9 2 7 22,22
SGP Vereinigte Staaten 33 7 26 21,21
GB Vereinigtes Königreich 4 0 4 00,00
VN Vietnam 63 5 58 7,93
CN VR. China 5327 349 4949 6,55
Summe 8427 919 7458 10,87

Literatur

  • Christian Drosten: SARS. Weltreise eines neuen Virus. Biologie in unserer Zeit 33(4), S. 212–213 (2003), ISSN 0045-205X
  • Evelyn Lu Yen Roloff: Die SARS-Krise in Hong Kong. Zur Regierung von Sicherheit in der Global City. Transcript Verlag, Bielefeld 2007, ISBN 3-89942-612-6

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