Samtente



Samtente

Männliche Samtente (Melanitta fusca) im Prachtkleid

Systematik
Ordnung: Gänsevögel (Anseriformes)
Familie: Entenvögel (Anatidae)
Unterfamilie: Anatinae
Tribus: Meerenten (Mergini)
Gattung: Meerenten (Melanitta)
Art: Samtente
Wissenschaftlicher Name
Melanitta fusca
Linnaeus, 1758

Die Samtente (Melanitta fusca) ist eine Meerente in der Familie der Entenvögel, die sowohl in Eurasien als auch Nordamerika vorkommt. Es werden insgesamt drei Unterarten unterschieden, die sich bei den Männchen vor allem durch die Form des Augenflecks unterscheiden. Bei den Weibchen dagegen variiert die Schnabelform und die Stellung der Federspitzen am Schnabel.[1] In Eurasien überlappen sich sowohl die Sommer- wie Winterstandorte mit der sehr ähnlich aussehenden Trauerente.

In Mitteleuropa ist die Samtente an der Nord- und Ostseeküste ein häufiger Durchzüger und Wintergast. Im Binnenland kann sie regelmäßiger und häufiger beobachtet werden als die Trauerente. Im Küstenbereich finden sich auch einige Übersommerer ein.[2]

Merkmale und Stimme

Die Samtente weist eine Körperlänge von 51 bis 58 Zentimetern auf. Im Durchschnitt wiegen die Männchen etwa 1,5 Kilogramm, während die Weibchen im Schnitt etwas weniger als 1,2 Kilogramm wiegen.[3]

Das Männchen ist schwarz und hat unter dem Auge einen weißen Fleck. Die Oberschnabelbasis ist verdickt und weist ein orangefarbenes Feld auf. Die Füße sind rot. Verglichen zur Trauerente sind die Männchen der Samtente etwas größer und kompakter gebaut. Der Schnabel der Samtente ist außerdem länger. Beim Männchen weist der Schnabel einen größeren orangefarbenen Abschnitt sowie einen orangerosa Nagel. Die Schnabelwurzel ist leicht angeschwollen. Anders als die Männchen der Trauerente weisen Samtenten keinen Höcker am Schnabel auf. Die Iris der Männchen ist blaugrau.

Das Weibchen ist braun gefiedert und hat zwischen Augen und Schnabel einen weißen Fleck. Die Iris ist bei den Weibchen dunkler als bei den Männchen.[4] Beide Geschlechter haben am Flügelrand einen weißen Spiegel.

Im Flug unterscheidet sich die Samtente von den ähnlich aussehenden Trauer- und Brillenenten durch ihren weißen Spiegel. Grundsätzlich ist diese Ente auch etwas zutraulicher als die Trauerente, die bei Annäherung von Schiffen oder Booten sehr schnell auffliegt.[3]

Stimme

Die Samtente ist meist ein sehr ruhiger Vogel. Während der Fortpflanzungszeit ist vom Männchen gelegentlich ein huör-är oder ein ohjo zu hören. [5]

Verbreitung und Bestand der drei Unterarten

Die Samtente bewohnt die nördlichen Gebiete Europas, Asiens und Nordamerikas. Zu ihren Brutgebieten zählt - vom Süden Norwegens und Schwedens abgesehen - Skandinavien. Sie findet sich auch in der Ostsee und brütet unter anderen in Schärengebieten. Am häufigsten kommt sie in Fennoskandinavien in einer Höhe über 500 Meter vor. Dort findet sich je 100 Quadratkilometer 3,4 Brutpaare.[6] Die Anzahl der skandinavischen Brutvögel hat allerdings im 20. Jahrhundert kontinuierlich abgenommen. Norwegen ist jedoch nach wie vor ein wichtiges Mausergebiet für diese Art. 1985 wurden hier 10.600 Samtenten gezählt, die ihre Mauser in norwegischen und dänischen Gewässern verbrachten.

Samtente - auffällig sind bei dieser Art unter anderem die hellen Augen

Die Samtente ist außerdem ein Brutvogel Russlands. Die Nominatform der drei Unterarten kommt in östlicher Richtung mindestens bis zum Jenissei vor; Aussagen, dass sie auch östlich von Chatanga brütet, gelten als nicht hinreichend belegt.[6] In Russland reicht ihr Brutgebiet sehr weit in den Süden und erreicht auch aufgeforstete Steppe. Isolierte Brutpopulation mit sehr disjunktem Verbreitungsgebiet finden sich auch in der Türkei, in Armenien und Georgien sowie in Turkmenistan. Die Anzahl dieser Vögel wird auf unter 10.000 geschätzt, sie überwintern überwiegend im kaspischen Meer.[7]

Die übrigen europäischen Brutvögel der Nominatform überwintern überwiegend in den Küstengebieten des nordwestlichen Europas. Nur ein kleiner Teil der Population hält sich während des Winterhalbjahrs vor der Küste von Murmansk und in Nordnorwegen auf. Die Samtente überwintert in erheblicher Anzahl in der Ostsee, Anfang der 1990er wurde der Winterbestand auf 933.000 Individuen geschätzt [Quelle4]. Das größte Überwinterungsgebiet ist die Pommersche Bucht (DE, PL) einschließlich des Greifswalder Boddens (DE). Große Bestände kommen auch in der Rigaer Bucht (LV), der Irbe-Straße (EE, LV) und vor der Kurischen Nehrung (LT, RU) vor, kleinere überall in der südlichen und westlichen Ostsee. Während des Frühjahrs lassen sich deswegen große Schwärme an Samtenten beobachten, die zurück in ihre Brutgebiete ziehen. 1997 wurden 386.000 Samtenten gezählt, die Estland überflogen und weitere 60.000, die den Golf von Finnland überquerten.

In Ostasien ist die Unterart Melanitta fusca stejnegeri verbreitet. Ihr Verbreitungsgebiet beginnt am Yenisey-Fluss und kommt von dort in östlicher Richtung bis nach Sachalin und dem Kurilskiye Archipel vor, dass zwischen Kamtschatka und Japan liegt. Am häufigsten kann sie an der Lena beobachtet werden. Hier ist die Population allerdings vor allem in den 1970er-Jahren stark zurückgegangen. Verlässliche Bestandszahlen sind für diese Unterart nur sehr schwer zu ermitteln. Der Bestand wird aber auf eine Zahl zwischen 600.000 und 1.000.000 geschätzt.[7]

In Nordamerika kommt die Unterart Melanitta fusca deglandi vor, die von North Dakota, Manitoba, Saskatchewan und Alberta brütet. Ihre höchste Brutdichte erreicht sie in den Nordwest-Territorien, wo sie vom Nordufer der Großen Seen bis an die arktische Küste Kanadas zu beobachten ist. Die International Ornithologist's Union führt die Unterart Melanitta fusca deglandi aufgrund einer Publikation von Bradley Curtis Livezey als eigene Art Melanitta deglandi.[8]

Die Gesamtzahl der nordamerikanischen Samtenten wird auf 1 Million Vögel geschätzt. Ihre Population gilt als stabil.

Lebensraum

Die Samtente ist ein Brutvogel in den Borealen Nadelwäldern sowie an Gebirgsseen. Sie brütet gelegentlich landeinwärts an Schären und entlang der waldbestandenen Küstenlinie der Ostseeküste. Während ihrer Züge in die Überwinterungsgebiete und im Frühjahr zurück in die Brutgebiete hält sie sich gelegentlich auch auf Süßwasserseen auf. Die meisten aber überwintern in den Küstengewässern.

Fortpflanzung

Paare finden sich im späten Winter und Frühjahr, so dass die Samtente in der Regel verpaart in den Brutgebieten ankommt. Samtenten haben eine Gruppenbalz, bei der mehrere Männchen sich um mehrere Weibchen scharen. Zum Balzritual zählt ein Abtauchen der Männchen, bei dem sie sich unter Wasser den Weibchen nähern.[9] Verpaarte Weibchen zeigen am Morgen ein auffälliges Flugverhalten, indem sie niedrig über Land fliegen, dabei laut rufen und an ihren Ausgangsort zurückkehren. Dieses Verhalten wird bis zum Beginn der Eiablage gezeigt. Die Paare verteidigen nur ein kleines Revier rings um das Nest. Die Paarbindung lässt bereits nach, während das Weibchen noch brütet. Die Männchen ziehen dann bereits zu ihren Mauserplätzen.

Das Nest wird in der Nähe von Seen, Flüssen oder der Meeresküste auf dem Boden gebaut. In der Taiga befindet es sich nicht weiter als 100 Meter vom nächsten offenen Gewässer entfernt.[9] Gelegentlich nisten diese Enten auch in Möwenkolonien.

Das Weibchen legt nur ein Gelege. Die Anzahl der Eier ist je nach Unterart unterschiedlich. Bei der Nominatform liegt die Gelegegröße normalerweise bei sieben bis neun Eiern. Die Eier sind von ovaler Form und cremeweiß. Frisch geschlüpfte Dunenjunge wiegen rund 54 Gramm.[9]

Nahrung

Die Samtente sucht ihre Nahrung ausschließlich tauchend, wobei sie 1 Minute unter Wasser bleiben und dabei bis zu 10 Meter tief tauchen kann. Hauptsächlich ernährt sie sich von Krebs- und Weichtieren.

Bestand

Die IUCN stuft die Samtente als ungefährdet (least concern) ein, da das Verbreitungsgebiet sehr groß ist. Grundsätzlich geht man von abnehmenden Populationszahlen aus, jedoch erreicht der Bestandsrückgang noch nicht die kritische Grenze, ab der eine Art in die Vorwarnstufen der IUCN aufgenommen wird. Der Bestand wird auf 1,7 bis 3 Millionen geschlechtsreife Individuen geschätzt.[10]

Belege

Literatur

  • Hans-Günther Bauer, Einhard Bezzel und Wolfgang Fiedler (Hrsg): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes – Nichtsperlingsvögel, Aula-Verlag Wiebelsheim, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89104-647-2
  • John Gooders und Trevor Boyer: Ducks of Britain and the Northern Hemisphere, Dragon's World Ltd, Surrey 1986, ISBN 1-85028-022-3
  • Janet Kear (Hrsg): Ducks, Geese and Swans. Oxford University Press, 2005, ISBN 0-19-854645-9
  • Hartmut Kolbe; Die Entenvögel der Welt, Ulmer Verlag 1999, ISBN 3-8001-7442-1
  • Richard Sale: A Complete Guide to Arctic Wildlife, Verlag Christopher Helm, London 2006, ISBN 0-7136-7039-8

Weblinks

Commons: Samtente – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gooders und Boyer, S. 135
  2. Bauer et al., S. 133
  3. 3,0 3,1 Kear, S. 715
  4. Sale, S. 129
  5. Hans-Heiner Bergmann; Hans-Wolfgang Helb; Sabine Baumann; Die Stimmen der Vögel Europas – 474 Vogelporträt mit 914 Rufen und Gesängen auf 2.200 Sonogrammen, Aula-Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-89104-710-1, S. 70
  6. 6,0 6,1 Kear, S. 716
  7. 7,0 7,1 Kear, S. 717
  8. The Condor, Volume 97, Number 1, 1995, S. 233-255 Phylogeny and Evolutionary Ecology of Modern Seaducks (Anatidae: Mergini) (engl.)
  9. 9,0 9,1 9,2 Kear, S. 718
  10. BirdLife Factsheet zur Samtente, aufgerufen am 14. Dezember 2010