Schwarzhalstaucher



Schwarzhalstaucher

Schwarzhalstaucher (Podiceps nigricollis) im Prachtkleid

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Lappentaucherartige (Podicipediformes)
Familie: Lappentaucher (Podicipedidae)
Gattung: Taucher (Podiceps)
Art: Schwarzhalstaucher
Wissenschaftlicher Name
Podiceps nigricollis
Boddaert 1783
Verbreitungsgebiet
Schwarzhalstaucher am Nest
Podiceps nigricollis (couple).jpg
Schwarzhalstaucher im Schlichtkleid

Der Schwarzhalstaucher (Podiceps nigricollis) ist eine Vogelart aus der Familie der Lappentaucher (Podicipedidae). Als Brutvogel und Teilzieher kommt er im gesamten Mitteleuropa vor. Er ist außerdem ein Durchzügler und findet sich als Wintergast an geeigneten Standorten ein.

Merkmale

Der Schwarzhalstaucher erreicht ausgewachsen eine Körpergröße von 30 bis 35 Zentimeter und ein Gewicht zwischen 250 und 600 Gramm. Er ist damit kleiner als ein Blässhuhn, aber größer als etwa ein Zwergtaucher. Sein schmaler Schnabel ist leicht nach oben gebogen. Die Stirn ist steil und hoch. Die Augen sind auffallend rot. Die Ohrenbüschel am Kopf sind gelb bis bronzefarben und bilden kein geschlossenes Dreieck, wie dies beim Ohrentaucher der Fall ist.

Der Schwarzhalstaucher lebt das ganze Jahr über gesellig. Sein Ruf ist ein ansteigendes huit. Außerhalb der Brutzeit hält er sich gerne an Salzseen und an Brackgewässern auf. Dort sammeln sich dann bis zu tausend Vögel. Häufig schließen sie sich auch Lachmöwenkolonien an. Offenbar profitieren die Schwarzhalstaucher dabei von den wachsamen Möwen.

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet des Schwarzhalstaucher reicht lückenhaft von Westafrika und Mitteleuropa bis nach Mittelasien. Die Art kommt außerdem isoliert in Ost- und Südafrika sowie im nördlichen Ostasien und Nordamerika vor. Er ist ein Kurzstreckenzieher mit Streuungswanderungen. Im Süden des mitteleuropäischen Verbreitungsgebietes ist er wohl auch ein Standvogel. Sein Winterquartier sind die Küsten- und Binnengewässer im Süden Großbritanniens, die Niederlande bis Biskaya, das Mittelmeergebiet sowie Nordafrika und Vorderasien. Hier ist er vor allem an den Seen der Türkei, des Irans und des Kaspisgebietes zu sehen. In Mitteleuropa überwintert er vor allem am Genfersee sowie am Bodensee. Der Zug in die Überwinterungsquartiere erfolgt in südwestlicher bis südöstlicher Richtung. Nichtbrüter verlassen ihr Areal bereits im Sommer und auch der Großteil der brütenden Schwarzhalstaucher verlassen noch vor der Mauser im Juli bis Mitte August die Brutgewässer. Während der Mauserzeit kommt es an einigen Gewässern des Alpenvorlands zu Mausertrupps, die mehrere hundert Individuen umfassen können. Zu den Gewässern, an denen solche Ansammlungen zu beobachten sind, gehört unter anderem der Bodensee, das Ismaninger Teichgebiet und der Kochelsee. In die Brutgebiete kehren die Schwarzhalstaucher ab Anfang April zurück.

Lebensraum

Während der Brutzeit lebt der Schwarzhalstaucher an Süßwassergewässern. Er bevorzugt dabei nährstoffreiche Seen und Teiche, die sich durch einen dichten Uferbewuchs auszeichnen und möglichst auch über viele untergetauchte Pflanzen verfügen. Er ist gelegentlich auch an flachgründigen Fischteichen zu sehen. Auch hier zeigt er ein sehr geselliges Verhalten. Brutkolonien von Schwarzhalstauchern können bis zu 100 Brutpaare umfassen. Sein Nest baut er so, dass es auf dem Wasser treibt. Die ersten Wochen werden die Jungen auf dem Rücken getragen. Sie benötigen nach dem Schlupf etwa drei Wochen, bis sie selbständig sind.

Lebensweise

Die Nahrung des Schwarzhalstauchers besteht vor allem aus Insekten und deren Larven sowie kleinen Crustaceen, Mollusken. Kleine Fische spielen in der Ernährung des Schwarzhalstauchers nur eine untergeordnete Rolle. Schwarzhalstaucher finden ihre Nahrung überwiegend tauchend. Die Tauchdauer beträgt meist mehr als 30 Sekunden. Die Tauchtiefe beträgt gewöhnlich weniger als 2,5 Meter. Es wurde aber auch schon eine Tauchtiefe bis zu 5,5 Meter nachgewiesen.[1] Schwarzhalstaucher stecken außerdem häufig ihren Kopf bis knapp über die Augen ins Wasser um nach Nahrung Ausschau zu halten. Sehr selten picken sie Nahrung von der Wasseroberfläche auf oder durchschnattern die oberste Wasseroberfläche.

Ihre Geschlechtsreife erreichen Schwarzhalstaucher bereits im ersten Lebensjahr. In Schleswig-Holstein stellen einjährige Schwarzhalstaucher zwanzig Prozent der Brutpopulation.[2] Zum Balzverhalten gehört Kopfschütteln, Scheinputzen und Schnäbeln. Sie zeigen außerdem ähnlich wie der Haubentaucher die sogenannte Geisterpose, bei der ein Brutvogel vor dem anderen langsam auftaucht. Zur Balz gehört auch ein Präsentieren von Nistmaterial, der sogenannte Pinguintanz, bei dem die Vögel ihren Oberkörper weit aus dem Wasser erheben während sie gleichzeitig heftig mit den Füßen Wasser treten, Parallelschwimmen und ein Fluglauf. Diese Balzposen gleichen in vielem dem des Haubentauchers. Paare bleiben während einer Brutsaison zusammen (sogenannte monogame Saisonehe), gelegentlich auch noch die anschließende Wintersaison.

Das Nest wird von beiden Elternvögel errichtet. Es wird bevorzugt in dichtem Binsen-, Schilf- oder Seggenbestand errichtet und befindet sich häufig in dichter Nähe zu Lachmöwen-Kolonien. In geeigneten Lebensräumen ist der Abstand zwischen einzelnen Schwarzhalstauchernestern sehr gering. Der Legebeginn ist ab Mitte April/Anfang Mai und zieht sich bis Juni hin. Ersatz- und Zweitgelege werden bis Ende August gelegt. Die Gelege umfassen in der Regel drei bis vier Eier. Sie werden 20 bis 22 Tage bebrütet. An der Brut sind beide Elternvögel beteiligt. Die ersten acht Tage verbringen die Jungvögel auf dem Rücken der Elternvögel.

Bestand

Aktueller Bestand

Der Brutbestand in Europa beträgt zwischen 53.000 und 96.000 Brutpaare. Etwa 75 Prozent leben im europäischen Südwesten Russlands sowie der Ukraine. In Mitteleuropa brüten zwischen 7.100 und 10.000 Brutpaare. Der mitteleuropäische Verbreitungsschwerpunkt ist Deutschland und Polen. In Tschechien, wo früher zahlreiche Schwarzhalstaucher vorkamen, sind die Bestände stark zurückgegangen. Deutlich größer ist der Bestand in Nordamerika, wo etwa 1,5 Millionen Brutpaare vorkommen.[3]

Typisch für den Schwarzhalstaucher sind lokal erhebliche Fluktuationen der Bestandszahlen. Zu Massenvermehrungen trägt unter anderem die Neigung bei, in Kolonien zu brüten. In Jahren mit zu hohem oder zu niedrigem Wasserstand oder eine Abwanderung an attraktivere Brutplätze kann es lokal zu drastischen Einbrüchen an etablierten Brutstandorten. Zur Neuansiedlungen von Schwarzhalstauchern kommt es besonders häufig in Kolonien von Lachmöwen und Sumpfseeschwalben.

Störungen in den Brutgebieten sowie in den wichtigen Mausergebieten etwa durch starke Freizeitaktivitäten können sich erheblich auswirken. Intensive Fischzucht bedeutet für diese Art eine erhebliche Nahrungskonkurrenz. In einzelnen Regionen besteht auch eine Abhängigkeit von Lachmöwenkolonien. Wo diese Kolonien zusammenbrechen kommt es häufig auch zu einer Abwanderung von Schwarzhalstauchern.[4]

Bestandsentwicklung

In Mitteleuropa gab es in dem Zeitraum zwischen dem Ende des 19. Jahrhundert bis etwa 1930 eine Ausbreitungswelle, bei der viele Regionen neu besiedelt wurden. Diese Bestände gingen in den letzten Jahrzehnten wieder zurück, es kam statt dessen zu einem Bestandsanstieg und Arealausweitung in Nord- und Westeuropa.[5] In den vormals wichtigen Brutgebieten Mitteleuropas in Tschechien, Polen, Österreich und Ungarn kam es jedoch zum Teil zu starken Bestandsrückgängen. So gingen die Bestände in Tschechien in den 1980er und 1990er Jahren um achtzig Prozent zurück. In Österreich brüten nur noch zwischen zwanzig und sechzig Brutpaare.[6] In Deutschland nahmen die Bestände zum Teil sehr stark zu. Hauptverbreitungsgebiete sind Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, wo Eindeichungen zu neuen Überschwemmungsflächen geführt haben, die dieser Art geeigneten Lebensraum bieten. Auch in Baden-Württemberg und am Bodensee sind die Bestände gestiegen. Gleiches gilt für eine Regionen in Bayern und Brandenburg sowie im Süden Polens. In Hessen, wo die Bestände zu Beginn der 1960er Jahre erloschen waren, kam es seit den 1980er Jahren zu einer Wiederbesiedelung. In den Niederlanden, wo der Bestand in den 1970er Jahren weniger als 70 Brutpaare betrug, hat sich der Bestand wieder auf 300 bis 500 Brutpaare erholt.[7]

Bestandsprognose

Der Schwarzhalstaucher gilt als eine der Arten, die vom Klimawandel besonders betroffen sein wird. Ein Forschungsteam, das im Auftrag der britischen Umweltbehörde und der Royal Society for the Protection of Birds die zukünftige Verbreitungsentwicklung von europäischen Brutvögeln auf Basis von Klimamodellen untersuchte, geht davon aus, dass sich bis zum Ende des 21. Jahrhunderts das Verbreitungsgebiet des Schwarzhalstauchers deutlich verändern wird. Das Verbreitungsgebiet wird sich nach dieser Prognose um etwa achtzig Prozent verkleinern. Das Verbreitungsgebiet wird sich auf das Baltikum konzentrieren. Zum Verbreitungsgebiet gehören dann auch die atlantische Küste Norwegens sowie Südschweden. Prognostiziert wird, dass der Schwarzhalstaucher nach wie vor zum Brutbestand Mitteleuropas gehört, jedoch ist das Verbreitungsgebiet dann deutlich lückiger.[8]

Belege

Literatur

  • Hans-Günther Bauer, Einhard Bezzel und Wolfgang Fiedler (Hrsg): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes – Nichtsperlingsvögel, Aula-Verlag Wiebelsheim, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89104-647-2
  • Einhard Bezzel: Vögel. BLV Verlagsgesellschaft, München 1996, ISBN 3-405-14736-0

Weblinks

Commons: Schwarzhalstaucher – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bauer et al., S. 194
  2. Bauer et al., S. 194
  3. Bauer et al., S. 192
  4. Bauer et al., S. 193
  5. Bauer et al., S. 193
  6. Bauer et al., S. 193
  7. Bauer et al., S. 193
  8. Brian Huntley, Rhys E. Green, Yvonne C. Collingham, Stephen G. Willis: A Climatic Atlas of European Breeding Birds, Durham University, The RSPB and Lynx Editions, Barcelona 2007, ISBN 978-84-96553-14-9, S. 40