Spiralhornantilope



Spiralhornantilope
Systematik
Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Gazellenartige (Antilopinae)
Gattung: Pseudonovibos
Art: Spiralhornantilope
Wissenschaftlicher Name
Pseudonovibos spiralis
Peter & Feiler, 1994

Die Spiralhornantilope (Pseudonovibos spiralis) ist eine Antilope Südostasiens, deren Existenz umstritten ist. Da noch nie ein Wissenschaftler dieses Tier zu Gesicht bekommen hat, beschäftigt sich hauptsächlich die Kryptozoologie mit dieser Antilope. Allerdings gibt es auch anerkannte Zoologen, die Pseudonovibos für eine noch unentdeckte Spezies halten, die sich in den Regenwäldern verborgen hält. Auch in deutsch- und englischsprachiger Literatur wird das Tier oft bei seinem vietnamesischen Namen Linh Duong oder bei seinem kambodschanischen Namen Kting Voar genannt.

Anzeichen für die Existenz

Auf der Grundlage von 14 Hörnern, die im Nordosten Kambodschas gefunden wurden, beschrieben die deutschen Zoologen Alfred Feiler und Wolfgang Peter 1994 die neue Art.[1] Diese Hörner befinden sich nun im Museum für Tierkunde Dresden. Hiernach wurden viele weitere Hörner der rätselhaften Antilope in Vietnam und Kambodscha erworben, oft aus Apotheken, wo Hörnern dieser seltenen Tierart eine Heilwirkung nachgesagt wurde. Allerdings wurden viele dieser Hörner inzwischen als Fälschungen entlarvt.[2] Zurzeit wird überprüft, ob auch die zur Artbeschreibung verwendeten Hörner Fälschungen waren.

Macdonald und Yang präsentierten 1997 eine Sammlung chinesischer Texte aus dem 14. bis 18. Jahrhundert, die Hinweise auf die Spiralhornantilope enthalten könnten.[3]

Mutmaßliche Merkmale und Lebensweise

Die Hörner haben gemeinsam betrachtet die Form einer Leier. Sie sind nach außen und aufwärts gerichtet, ehe sie sich im letzten Viertel nach innen biegen und eine kleine Spirale beschreiben. Die Hornlänge schwankt zwischen 30 cm und 55 cm; vermutlich sind die größten Hörner männlichen Exemplaren zuzuordnen. Aus der Beschaffenheit und Größe der Hörner schließt man auf ein Tier mit einer Schulterhöhe von 110 cm und einem Gewicht von 250 kg. Nach Auskunft einheimischer Jäger hat die Spiralhornantilope ein einfarbig schwarzgraues Fell.

Die systematische Zuordnung eines kaum bekannten Tieres ist natürlich schwierig. Hier orientiert man sich an Beschreibungen aus chinesischen Quellen, die ein Tier skizzieren, das den Kurzschwanzgazellen ähnelt und vielleicht in deren Nähe zu stellen ist. Allerdings ist die Spiralhornantilope offenbar größer und schwerer. Eine Einordnung bei den Gazellenartigen kann lediglich auf spekulativer Basis erfolgen. Andere ordneten sie aufgrund (allerdings angezweifelter) DNA-Untersuchungen bei den Ziegenartigen[4] und den Rindern[5] ein, wobei die vorgenannte Einordnung auf im Labor mit DNA von Gämsen verunreinigte Proben zurückzuführen sein soll.[6]

Der Lebensraum der Spiralhornantilope sind offenbar dichte Regenwälder. Die Einheimischen behaupten, dass sich dieses Tier von Giftschlangen ernähre und daraus die Heilwirkung der Hörner als Mittel gegen Schlangenbisse resultiere. Diese Angaben dürfen allerdings sehr bezweifelt werden.

Fälschung oder reales Lebewesen?

Ob die Spiralhornantilope nun wirklich existiert oder nur ein Hirngespinst ist, bleibt weiterhin umstritten. Manche Zoologen halten die entdeckten Fälschungen für einen ausreichenden Anlass, Pseudonovibos spiralis zu einem Synonym von Bos taurus (dem Hausrind) zu erklären;[7] es bleiben allerdings die Berichte der Einheimischen über dieses Tier und jene Hörner, die noch nicht als Fälschungen erkannt wurden. Außerdem soll das Tier in einer Region leben, in der in den 1990ern andere zuvor unbekannte Huftier-Arten entdeckt wurden, darunter die Saola (Pseudoryx nghetinhensis) und der Riesenmuntjak (Muntiacus vuquangensis). Daher ist es nicht gänzlich unwahrscheinlich, dass auch die Spiralhornantilope in dieser unzugänglichen Region beheimatet ist. Die IUCN hat dem Tier vorsorglich den Status bedroht verliehen.

Mittlerweile hat Alexandre Hassanin (Université Pierre & Marie Curie, Paris) auf der Grundlage von RNA-Sequenzanalysen nachgewiesen, dass es sich bei den vorliegenden vermeintlichen Hörnern der Spiralhornantilope um Gehörn von drei verschiedenen Arten handelt: Bos taurus, Bubalus bubalis und Saiga tatarica.[8] Diese Studie bestätigt vorausgegangene Vermutungen, dass es sich bei dem der Erstbeschreibung zugrunde liegenden Material um Fälschungen handelt. Die Untersuchungsergebnisse geben zu erkennen, dass die Spiralhornantilope nicht existiert.

Weblinks

Quellen

  1. Wolfgang Peter, Alfred Feiler: Eine neue Boviden-Art aus Vietnam und Cambodia. In: Zoologische Abhandlungen. Bd. 48, Nr. 2, 1994, ISSN 0375-5231, S. 169–176
  2. Arnoult Seveau: Sur la piste da la vache fausse. Sciences et Avenir, Janvier 2001, 80–84.
  3. Alastair MacDonald, Lixin Yang: Chinese sources suggest early knowledge of the unknown ungulate (Pseudonovibos spiralis) from Vietnam and Cambodia. Journal of Zoology 241, 523–526
  4. S.E. Hammer et al.: Mitochondrial DNA sequence relationships of the newly described enigmatic Vietnamese bovid, Pseudonovibos spiralis. Naturwissenschaften 86(6), 279-280, doi:10.1007/s001140050614
  5. G.V. Kuznetsov et al.: The "Linh Duong" Pseudonovibos spiralis (Mammalia, Artiodactyla) is a new buffalo. Naturwissenschaften 88(3), 123–125, doi:10.1007/s001140100207
  6. Hassanin & Douzery: Is the newly described Vietnamese bovid Pseudonovibos spiralis a chamois (genus Rupicapra)? Naturwissenschaften 87(3), 122–124, doi:10.1007/s001140050688
  7. H. Thomas, A. Seveau, A. Hassanin: The enigmatic new Indochinese bovid, Pseudonovibos spiralis: an extraordinary forgery. Life Sciences 324, 81–86
  8. Hassanin, A. (2002): Ancient specimens and DNA contamination: a case study from the 12S rRNA gene sequence of the "Linh Duong" bovid (Pseudonovibos spiralis). Naturwissenschaften 89(3): 107–110, doi:10.1007/s00114-001-0291-x