Sporadische Einschlusskörpermyositis


Die Einschlusskörpermyositis (Inclusion Body Myositis; IBM) zählt zu der Gruppe der entzündlichen Muskelerkrankungen. Der Begriff „Inclusion Body Myositis“ wurde 1971 geprägt. [1] Allerdings wurden bereits 1967 im Muskelgewebe eines Patienten mit Polymyositis IBM-ähnliche Veränderungen bei passender Klinik beschrieben.[2] Neben einer sporadischen Form (sIBM) findet sich auch eine hereditäre Variante (hIBM), bei der es sich um eine nicht-entzündliche Muskelerkrankung handelt.[3]

Epidemiologie, Symptomatik und Verlauf

Die Häufigkeit der sIBM wird auf 4,3 bis 14,9 pro Million geschätzt. Bei Patienten älter als 50 Jahre steigt sie jedoch auf bis zu 51,3 pro Million an. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt um das 55. Lebensjahr, es gibt aber auch Fälle, in denen sich die Erkrankung um das 30. oder das 80. Lebensjahr manifestiert. Etwa dreiviertel der Betroffenen sind männlich.[4][5] Die sIBM ist eine chronisch progressive, entzündliche Muskelerkrankung, die zu Muskelschwäche und Muskelschwund rumpfnaher und -entfernter Muskeln führt. Zu Beginn der Erkrankung sind häufig der Musculus quadriceps femoris sowie die tiefen Fingerbeuger beteiligt, wodurch Patienten sehr leicht stürzen und feinmotorische Tätigkeiten nicht mehr ausführen können. Im Verlauf nimmt die Muskelschwäche immer weiter zu, so dass die Patienten binnen einiger Jahre an den Rollstuhl gebunden sind. Durch Beteiligung der Schluckmuskulatur treten in vielen Fällen Schluckbeschwerden auf.[6]

Histopathologie

Im Muskel von sIBM-Patienten finden sich typische myopathische Veränderungen, zu denen Faserkalibervariationen, zentrale Kerne und ein bindegewebiger Umbau zählen. Weitere Charakteristika umfassen Einschlusskörperchen und Vakuolen innerhalb der Muskelfasern.[7] Insbesondere gibt es eine Anhäufung von Degenerationsmolekülen wie das aus der Alzheimer-Krankheit bekannte beta-Amyloid. Neben diesen degenerativen finden sich auch regenerierende Fasern.[8] Häufig treten entzündliche Infiltrate auf, bei denen es sich hauptsächlich um zytotoxische T-Zellen handelt, die morphologisch unauffällige Muskelfasern umstellen.[9] Ein geringer Prozentsatz der Fasern ist nekrotisch.

Pathogenese

Die Krankheitsursache und -entstehung der sIBM ist komplex bisher nicht vollständig geklärt bzw. verstanden. Es werden momentan entzündliche[10], degenerative [11] und Zellstress-assoziierte [12] Pathomechanismen diskutiert. Neuere Untersuchungen bestätigten die Annahme eines Zusammenhanges zwischen Entzündung und Degeneration [13], sowie von Degeneration und Zellstress [14]. Die genauen Mechanismen, die sich dahinter verbergen, sind allerdings immer noch nicht ausreichend geklärt. Des Weiteren wird ein Zusammenhang mit autophagischen Prozessen vermutet.[15]

Diagnostik

Die Diagnostik der sIBM ist sehr umfassend, weswegen es häufig zu Verzögerungen in der Diagnosestellung und -sicherung kommt. Aktuelle Kriterien beinhalten ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch, sowie eine gründliche ärztliche Untersuchung. Des Weiteren werden Blutuntersuchungen durchgeführt, um die Menge an bestimmten Proteinen wie der Kreatinkinase zu bestimmen. Die Funktion von Nerven und Muskeln werden mittels elektrophysiologischer Methoden untersucht. Auch wird eine Muskelprobe zur histologischen Begutachtung entnommen. [16]

Therapie

Bis heute gibt es keine effektive Therapie, die die Erkrankung heilt.[17] Aufgrund des Vorhandenseins entzündlicher Infiltrate im sIBM-Muskel wurden in zahlreichen Studien immunsuppressive bzw. immunmodulatorische Medikamente innerhalb der letzten Jahre getestet. In Einzelfällen konnte mit Immunglobulinen der Krankheitsfortschritt aufgehalten werden. [18] Die Gabe des Glukokortikoids Prednisolon[19], des Folsäure-Analogons Methotrexat [20] oder des aus der Multiple Sklerose-Therapie bekannten Glykoproteins Interferon-β 1a [21] erwies sich als ineffektiv in der Behandlung der IBM. Jedoch konnten vereinzelt Erfolge erzielt werden. Untersuchungen aus dem Jahr 2009 zeigten, dass der monoklonale Antikörper Alemtuzumab (CAMPATH 1-H), der eine Reduktion peripherer Lymphozyten im Blut bewirkt, zu einer zeitweiligen Verlangsamung des Erkrankungsfortschritts führte [22] Allerdings ist der Einsatz aufgrund von Nebenwirkungen eingeschränkt. Die Unterdrückung der β-Amyloid Aggregatbildung ist Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung. Neben der medikamentösen Therapie werden supportive Maßnahmen angewandt, insbesondere gezielte Physiotherapie [23]

Einzelnachweise

  1. Yunis EJ, Samaha FJ: Inclusion body myositis, Lab Invest. 1971 Sep;25(3):240-8. PMID 5095321
  2. Chou SM: Myxovirus-like structures in a case of human chronic polymyositis, Science, 1967 Dec 15;158(807):1453-5. PMID 6058682
  3. Mitrani-Rosenbaum S, Argov Z, Blumenfeld A, Seidman CE, Seidman JG: Hereditary inclusion body myopathy maps to chromosome 9p1-q1, Hum Mol Genet. 1996 Jan;5(1):159-163. PMID 8789455
  4. Badrising UA, Maat-Schieman M, van Duinen SG, Breedveld F, van Doorn P,van Engelen B, van den Hoogen F, Hoogendijk J, Höweler C, de Jager A et al.:Epidemiology of inclusion body myositis in the Netherlands: a nationwide study,Neurology, 2000 Nov 14;55(9):1385-7.PMID 11087787
  5. Needham M, Corbett A, Day T, Christiansen F, Fabian V, Mastaglia FL: Prevalence of sporadic inclusion body myositis and factors contributing to delayed diagnosis, J Clin Neurosci. 2008 Dec;15(12):1350-3. PMID 18815046
  6. Peng A, Koffman BM, Malley JD, Dalakas MC: Disease progression in sporadic inclusion body myositis: observations in 78 patients, Neurology, 2000 Jul 25;55(2):296-8. PMID 10908910
  7. Carpenter S, Karpati G, Heller I, Eisen A: Inclusion body myositis: a distinct variety of idiopathic inflammatory myopathy, Neurology, 1978 Jan;28(1):8-17. PMID 201886
  8. Arnardottir S, Borg K, Ansved T: Sporadic inclusion body myositis: morphology,regeneration, and cytoskeletal structure of muscle fibres, J Neurol Neurosurg Psychiatry.2004 Jun;75(6):917-20. PMID 15146016
  9. Arahata K, Engel AG: Monoclonal antibody analysis of mononuclear cells in myopathies. I: Quantitation of subsets according to diagnosis and sites of accumulation and demonstration and counts of muscle fibers invaded by T cells, Ann Neurol. 1984,Aug;16(2):193-208. PMID 6383191
  10. Emslie-Smith AM, Arahata K, Engel AG: Major histocompatibility complex class I antigen expression, immunolocalization of interferon subtypes, and T cell-mediated cytotoxicity in myopathies, Hum Pathol. 1989 Mar;20(3):224-31. PMID 2970663
  11. Wojcik S, Engel WK, McFerrin J, Paciello O, Askanas V: AbetaPP overexpression and proteasome inhibition increase alphaB-crystallin in cultured human muscle: relevance to inclusion-body myositis, Neuromuscul Disord. 2006 Dec;16(12):839-44 PMID 17056255
  12. Banwell BL, Engel AG: AlphaB-crystallin immunolocalization yields new insights into inclusion body myositis, Neurology, 2000 Mar 14;54(5):1033-41. PMID 10720271
  13. Schmidt J, Barthel K, Wrede A, Salajegheh M, Bähr M, Dalakas MC: Interrelation of inflammation and APP in sIBM: IL-1 beta induces accumulation of betaamyloid in skeletal muscle, Brain, 2008 May;131(Pt 5):1228-40. PMID 18420712
  14. Muth IE, Barthel K, Bähr M, Dalakas MC, Schmidt J: Pro-inflammatory cell stress in sIBM muscle: overexpression of {alpha}B-crystallin is associated with APP and accumulation of {beta}-amyloid, J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2009 Dec;80(12):1344-9. Epub 2009 May 25. PMID 19470495
  15. Lünemann JD, Schmidt J, Schmid D, Barthel K, Wrede A, Dalakas MC, Münz C: Beta-amyloid is a substrate of autophagy in sporadic inclusion body myositis, Ann Neurol. 2007 May;61(5):476-83. PMID 17469125
  16. Griggs RC, Askanas V, DiMauro S, Engel A, Karpati G, Mendell JR, Rowland LP: Inclusion body myositis and myopathies, Ann Neurol. 1995 Nov;38(5):705-13. Review. PMID 7486861
  17. Griggs RC: The current status of treatment for inclusion-body myositis, Neurology, 2006 Jan 24;66(2 Suppl 1):S30-2. Review. PMID 16432142
  18. Walter MC, Lochmüller H, Toepfer M, Schlotter B, Reilich P, Schröder M, Müller- Felber W, Pongratz D: High-dose immunoglobulin therapy in sporadic inclusion body myositis: a double-blind, placebo-controlled study, J Neurol. 2000 Jan;247(1):22-8. PMID 10701893
  19. Barohn RJ, Amato AA, Sahenk Z, Kissel JT, Mendell JR: Inclusion body myositis: explanation for poor response to immunosuppressive therapy, Neurology, 1995 Jul;45(7):1302-4. PMID 7617187
  20. Badrising UA, Maat-Schieman ML, Ferrari MD, Zwinderman AH, Wessels JA,Breedveld FC, van Doorn PA, van Engelen BG, Hoogendijk JE et al.: Comparison of weakness progression in inclusion body myositis during treatment with methotrexate or placebo, Ann Neurol. 2002 Mar;51(3):369-72. PMID 11891832
  21. Muscle Study Group: Randomized pilot trial of high-dose betaINF-1a in patients with inclusion body myositis, Neurology, 2004 Aug 24;63(4):718-20. PMID 15326251
  22. Dalakas MC, Rakocevic G, Schmidt J, Salajegheh M, McElroy B, Harris-Love MO, Shrader JA, Levy EW, Dambrosia J, Kampen RL et al.: Effect of Alemtuzumab (CAMPATH 1-H) in patients with inclusion-body myositis, Brain, 2009 Jun;132(Pt6):1536-44. PMID 19454532
  23. Arnardottir S, Alexanderson H, Lundberg IE, Borg K: Sporadic inclusion body myositis: pilot study on the effects of a home exercise program on muscle function,histopathology and inflammatory reaction, J Rehabil Med. 2003 Jan;35(1):31-5. PMID 12610846

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