Tägermoos


Tägermoos
(Gemeinde Tägerwilen)
Wappen von Tägermoos (Gemeinde Tägerwilen)
Basisdaten
Staat: Schweiz
Kanton: [[|]] ()
Bezirk: Kreuzlingenw
Gemeinde: Tägerwileni2
Postleitzahl: 8274
UN/LOCODE: CH TWN
Koordinaten: 728550 / 280219Koordinaten: 47° 39′ 36″ N, 9° 9′ 0″ O; CH1903: 728550 / 280219
Höhe: 397 m ü. M.
Fläche: 1.54 km²
Einwohner: 20 (26. Mai 2009)
Website: www.taegerwilen.ch
Karte
Karte von Tägermoos (Gemeinde Tägerwilen)
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Das Tägermoos ist ein 1,54 km² grosses Gebiet[1] im Kanton Thurgau in der Schweiz zwischen dem Stadtrand der deutschen Stadt Konstanz und dem Siedlungskern der Schweizer Gemeinde Tägerwilen. Es liegt am Südufer des Seerheins und grenzt östlich an den Konstanzer Stadtteil Paradies, südöstlich an die Stadt Kreuzlingen (Ortsteil Emmishofen).

Der noch heute gültige bemerkenswerte Status des Tägermooses wurde 1831 durch einen Staatsvertrag fixiert. Nach diesem gehört das Gebiet staatsrechtlich zur Schweiz und auf Gemeindeebene zu Tägerwilen. Allerdings übt die Stadt Konstanz bestimmte Verwaltungsaufgaben im Tägermoos nach Massgabe des thurgauischen Gemeinderechts aus, andere werden durch die Behörden von Tägerwilen ausgeübt. Insbesondere fällt auch die Vermessung und das Katasterwesen in die Zuständigkeit von Konstanz, wodurch das Tägermoos eine Gemarkung von Konstanz ist.

Privatrechtlich sind etwa zwei Drittel des Bodens in städtischem Besitz, der Rest gehört Privatleuten und Schweizer Behörden. Einst eine sumpfige Allmende (Gemeindeweide), ist das Tägermoos heute drainiert und wird als Ackerland mit Schwergewicht auf dem Gemüsebau und für Kleingärten genutzt. Am östlichen Rand des Tägermooses liegt die Gemeinschaftszollanlage Tägermoos sowie ein kleinerer Grenzübergang („Gottlieber Zoll“).

Geschichte

Mittelalter und Frühe Neuzeit

Enthauptung beim Galgen im Tägermoos 1506; im Hintergrund die Ziegelei (Luzerner Chronik des Diebold Schilling d.J., 1513)

Das Tägermoos gehörte im Frühmittelalter zum Thurgauer Besitz des Bistums Konstanz, der sogenannten „Bischofshöri“. Bischof Hermann I. von Arbon (Amtszeit 1138–1165) schenkte das Gelände dem 1142 gegründeten Schottenkloster St. Jakob im Paradies. Am 31. August 1294 kauften Rat und Gemeinde der Stadt Konstanz dem Schottenkloster die Wiesen im Tägermoos ab, um sie als Gemeindeweide (Allmende) zu nutzen.[2] Die Verwendung als Viehweide ist seit dem 13. Jahrhundert belegt und änderte sich nicht grundlegend bis zur Privatisierung des Geländes nach 1800. Auf dem ausserhalb der Stadtmauern gelegenen Weideland wurde 1384 ein Galgen errichtet, der bis ins 18. Jahrhundert als konstanzische Richtstätte diente (1833 wurde er abgebrochen). Ab 1446 ist zudem eine städtische Ziegelei belegt, später „Ziegelhof“ genannt, in der bis ins 19. Jahrhundert Ziegelsteine gebrannt wurden.

Im Schwabenkrieg 1499 verlor die Freie Reichsstadt Konstanz das Landgericht Thurgau, das sie seit 1417 als Pfand innegehabt hatte (siehe hierzu auch Gerichtsherrenstand im Thurgau). Ab diesem Zeitpunkt lag das Tägermoos von Konstanz aus gesehen im feindlichen Ausland. Die niedere Gerichtsbarkeit über die Thurgauer Gebiete (Vogtei Eggen, Raitigericht sowie das Gericht Altnau), also auch das Tägermoos, übte die Stadt Konstanz weiterhin aus, während die Blutgerichtsbarkeit beim Landgericht im thurgauischen Frauenfeld lag. Während die Siedlungen im Paradies, damals noch Eggenhusen genannt, bereits im 14. Jahrhundert nach Konstanz eingemeindet werden konnten, gelang die Zuordnung des Tägermoos zum Stadtbezirk nicht.

Das Paradies, im Osten des Tägermoos gelegen, wurde im Dreissigjährigen Krieg mit einer Befestigungsanlage und einem Festungsgraben versehen, die einen zweiten Verteidigungsring gegen Angriffe von der südlichen Rheinseite bildeten. Das Tägermoos selbst lag ausserhalb dieses Rings, der die Siedlungen im Paradies und den „Brühl“, die städtische Festwiese, gegen feindliche Angriffe schützen sollte. Vom „Äusseren Paradieser Tor“, dem Durchgang der Befestigung, führte die „Heerstrasse“ durch das Tägermoos nach Ermatingen.

Helvetisierung und Privatisierung um 1800

Gewestete Vermessungskarte von Konstanz (1807). Das Tägermoos liegt im oberen Drittel und ist braun koloriert. Die kleinteilige Aufteilung in Parzellen von 1800 ist gut zu erkennen, ebenso die Lage des Tägermooses ausserhalb der Befestigungsanlagen (blau). Der Ziegelhof ist noch das einzige Gebäude.

Mit dem Zusammenbruch der Alten Eidgenossenschaft und der Gründung der Helvetischen Republik im Jahr 1798 entstand ein Schweizer Nationalstaat, dessen Grenzen entsprechend der vormaligen Zugehörigkeit zum Gerichtsherrn festgelegt wurden. Die bestehenden Rechte der niederen Gerichtsherren auf Schweizer Territorium wurden beschnitten; massgeblich war für die Zuteilung zum Staatsgebiet nur die hohe Gerichtsbarkeit. Im Tägermoos hielten diese seit 1499 die Eidgenossen. Das Tägermoos wurde daher – wie die umliegenden Thurgauer Gebiete auch – staatsrechtlich der Schweiz zugesprochen, während die gewohnheitsmässigen Eigentums- und Nutzungsrechte der Stadt Konstanz erhalten blieben.

Im Jahr 1800, während Konstanz in den Koalitionskriegen französisch besetzt und der Kontrolle durch seinen vorderösterreichischen Landesherrn weitgehend entzogen war, liess der Magistrat der Stadt die Allmende Tägermoos systematisch vermessen und teilte sie in Parzellen auf, die unter den Bürgern verlost wurden. Was zuvor eine öffentliche Viehweide gewesen war, die jeder nutzen konnte, wurde nun in Flächen zu 18 Ar abgeteilt und verpachtet. Die meisten Parzellen wurden von ihren neuen Pächtern als Ackerland kultiviert und werden bis heute so genutzt. Es entstand eine Fläche kleinteiliger Felder mit komplizierten, bis in die Gegenwart häufig wechselnden Vertragsverhältnissen.

Staatsvertrag von 1831

Die Stadt Konstanz behielt im Tägermoos Sonderrechte, die über das hinausgingen, was sonst für frühere Rechteinhaber auf den neu gebildeten Staatsterritorien der Fall war. Das Sonderstatut wurde 1831 in einem (heute noch gültigen) Staatsvertrag zwischen dem Grossherzogtum Baden und dem Kanton Thurgau festgehalten, der nur in beiderseitigem Einvernehmen kündbar ist (siehe auch: Territoriale Besonderheiten in Südwestdeutschland nach 1810).

Hintergrund des Staatsvertrags waren jahrelange Streitigkeiten um den Grenzverlauf. Im Thurgau war man der Ansicht, dass das Tägermoos zum Kanton gehöre, und erhob von den Grundbesitzern Steuern. Der südbadische Seekreis war anderer Meinung und verlangte Steuerfreiheit für das Tägermoos; 1821 erhob er sogar unstatthafterweise Wegezoll auf der Strasse nach Tägerwilen. Ähnliche Streitigkeiten gab es in der Region um Gebiete bei Diessenhofen und Büsingen am Hochrhein; dort ging es um Besitztümer, die vor 1803 Schweizer Klöstern gehört hatten und die nun zu Baden gehörten.

Erst 1829 einigten sich die Parteien; am 28. März 1831 wurde der Staatsvertrag unterzeichnet. Während Konstanz/Baden weiterhin Rechte im Tägermoos erhalten blieben, erhielt Diessenhofen im Gegenzug ähnliche Nutzungsrechte auf deutscher Seite, der sogenannten „Setzi“ bei Gailingen am Hochrhein, zugesprochen. Zur Grenzlinie zwischen dem badischen Konstanz und dem Kanton Thurgau wurde der alte Festungsgraben zwischen Paradies und Tägermoos erklärt. 1878 und 1938 folgten in beiderseitigem Einvernehmen weitere kleine Veränderungen des deutsch-schweizerischen Grenzverlaufs bei Konstanz, die das Tägermoos jedoch nicht betrafen.

Gegenwart

Gehöft „Ziegelhof“ im Tägermoos

Das Tägermoos ist Teil einer kleinteiligen landwirtschaftlichen Anbauregion, die sich an den Dörfern Tägerwilen und Gottlieben vorbei bis nach Ermatingen fortsetzt und im Süden von einem Hügelkamm begrenzt wird. Der Schwerpunkt bei der landwirtschaftlichen Nutzung liegt auf dem Gemüseanbau, es gibt jedoch auch Apfelbäume und ein Kleingartengebiet. Die Uferzone ist nur teilweise befestigt und wird an einer Stelle, dem Tägerwiler Strandbad (inoffiziell auch beim Kuhhorn, 200 m rheinaufwärts) als Badestrand genutzt; ansonsten ist sie verschilft mit Laubbaumbewuchs. Das ganze Areal liegt im Schnitt nur etwa ein bis zwei Meter über dem Wasserspiegel des Seerheins, so dass es häufig zu Überschwemmungen kommt, wie zuletzt im Juni/Juli 1999.

Im Tägermoos gibt es sechs bewohnte Liegenschaften[3] mit insgesamt nur 20 Einwohnern:[4]

  1. Ziegelhof
  2. Zollhof
  3. Trompeterschlössle
  4. Weiherstrasse
  5. Unter-Hochstrass
  6. Ribi-Brunnegg

Der Ziegelhof ist bei weitem das älteste Gebäude des Tägermooses, und war vier Jahrhunderte lang das einzige. Früher war das die städtische Ziegelhütte der Stadt Konstanz, die 1446 aus dem Ziegelgraben beim Ziegelturm in das Tägermoos versetzt wurde. Hier wurden noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts Ziegel hergestellt. Etwas westlich des Ziegelhofs stand der städtische Galgen, der bis ins 19. Jahrhundert als Richtstätte diente. Beim Hauseingang zum Ziegelhof steht ein kleines Backhäuschen mit offenem Kamin aus dem 18. Jahrhundert. Dort wurde früher Brot für die Bewohner des Tägermooses gebacken. 1971 wurde auf dem Ziegelhof die Milchwirtschaft eingestellt und der Betrieb ganz auf Gemüsebau umgestellt.

Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam das schweizerische Zollgebäude als zweite bewohnte Liegenschaft hinzu.

Das Trompeterschlössle wurde 1903/1904 vom Deutschen Anton Reiser als Wirtschaft mit Spezereiladen ohne Baubewilligung der Stadt Konstanz oder der Gemeinde Tägerwilen nur wenige Meter vom Grenzzaun zu Konstanz errichtet. Im angebauten Saal fanden früher Tanzveranstaltungen statt.[5] Das Trompeterschlössli wird heute als Hotel genutzt.

Seit dem Ende der 1940er Jahre existiert die Siedlung Weiherstrasse im sogenannten Nopelsgut im Südosten des Tägermooses, in im Westen entlang des Ziegelweihers verläuft, und weiter im Süden, nachdem sie die Stadtgrenze nach Kreuzlingen überschreitet. Später kamen die ebenfalls an Kreuzlingen angrenzenden Liegenschaften Unter-Hochstrass und Ribi-Brunnegg im Süden des Tägermooses hinzu.

Ausserdem gibt es vereinzelte Gewächshäuser und weitere landwirtschaftliche Nutzbauten. Im Südosten reicht das Tägermoos bis an den 2,4 Hektar grossen Ziegelweiher in der Flur Sauösch, und hat einen guten halben Hektar Anteil daran. Die Weiherstrasse verläuft über die Gemeindegrenze vom Tägermoos nach Kreuzlingen.

Seit dem Jahr 2000 betreiben Deutschland und die Schweiz die Gemeinschaftszollanlage Tägermoos, deren grosser Zollhof die Schweizer Autobahn A7 und die deutsche B 33 verbindet und die innerstädtischen Grenzübergänge entlastet. Die Stadt Konstanz verkaufte zu diesem Zweck einen Teil ihrer Grundstücke im Tägermoos an die Eidgenössische Zollverwaltung.[6] Im Rahmen ihrer Bodenpolitik plant die Stadt Konstanz, weitere Grundstücke von Privaten anzukaufen.[7] Der Zoll Tägerwilen betreibt den kleinen Grenzübergang „Gottlieber Zoll“ an der Stelle des einstigen Äusseren Paradieser Tors. In der Nähe steht ein Umspannwerk der Stadtwerke Konstanz.

Staatsrechtlicher Status

Gemarkungen von Konstanz

Aus dem Staatsvertrag vom 28. März 1831 erklärt sich der kuriose Status des Gebiets. Auf Staatsebene gehört das Tägermoos zur Schweiz, darin zum Kanton Thurgau und dort zur Gemeinde Tägerwilen. Statistisch wird es vom Schweizer Bundesamt für Statistik nicht mit eigener Arealnummer geführt, sondern unter der BFS-Nr. 4696 (Tägerwilen) mitgezählt. In Übereinstimmung damit wird das Tägermoos vom statistischen Landesamt Baden-Württembergs nicht erfasst.

Auf Gemeindeebene sind die Aufgaben zwischen der Stadt Konstanz und der Gemeinde Tägerwilen aufgeteilt.

In den Kompetenzbereich der Stadt Konstanz fallen folgende Bereiche:

  • Vermessung und Grundbuchführung durch das Städtebau- und Vermessungsamt, womit das Tägermoos ausdrücklich eine eigene Gemarkung der Stadt Konstanz bildet (§ 3 des Tägermoosstatuts). Dadurch kommt das in Deutschland übliche Gauss-Krüger-Koordinatensystem und nicht die Schweizer Landeskoordinaten zur Anwendung. Auch das Höhensystem unterscheidet sich vom System der restlichen Schweiz, was dazu führt, dass zwischen dem Tägermoos und dem Rest der Gemeinde Tägerwilen ein vermessungstechnischer Absatz von 25 cm verläuft.
  • Bau und Unterhalt der Feldwege (in der Landschaft sieht man die doppelte Zuständigkeit an den Verkehrsschildern: Das Höchstgeschwindigkeitsschild an der Hauptstrasse Tägerwilen-Konstanz ist ein schweizerisches, die Fahrverbotstafeln mit Vermerk „Anlieger frei“ an den Einfahrten zu den Feldwegen sind deutsch.)
  • Die Ahndung „kleiner Feldfrevel“ (§ 4).
  • Versorgung mit Wasser und Gas durch die Stadtwerke Konstanz.
Deutsches Zufahrtsverbot (oben) und Schweizer Velo- und Fusswegschild (unten); im Hintergrund weitere Schweizer Schilder

In den Kompetenzbereich von Tägerwilen gehören folgende Aufgaben:

  • Entscheide über Baugenehmigungen.
  • Diverse seit 1831 hinzugekommene Verwaltungsaufgaben. Einige Juristen sind allerdings der Ansicht, dass durch den Zuwachs kommunaler Aufgaben seit dem Abschluss des Staatsvertrages eine rechtliche Lücke entstanden sei.

Auch für die Besteuerung der Grundstücke gibt es im Staatsvertrag eine Ausnahmeregelung: Grundstückseigentümer, die in Konstanz wohnen, bezahlen keine entsprechende Vermögenssteuer und Einkommenssteuer an die Gemeinde Tägerwilen. Bei ihnen wird lediglich die Vermögenssteuer des Kantons Thurgau über den entsprechenden Grundstücks-Verkehrswert erhoben; Grundbesitzer mit Wohnsitz im Thurgau sind immerhin von der Schweizer Vermögenssteuer befreit.

Ungeachtet dieser Regelungen vertritt der Rechtshistoriker Hans-Wolfgang Strätz die Ansicht, dass der Stadt Konstanz durch das Tägermoosstatut de jure der Status einer Gemeinde des Thurgau mit allen Rechten und Pflichten zukomme, selbst wenn sie einige davon nicht wahrnehme.[8]

Im Februar 2006 kündigten die Gemeinden Konstanz, Tägerwilen und Kreuzlingen an, den 175 Jahre alten Staatsvertrag überarbeiten zu wollen. Dadurch soll Rechtssicherheit für weitere Bauvorhaben auf dem Gebiet entstehen. Da die Rechtsnachfolger der einstigen Vertragspartner, das Land Baden-Württemberg und der Kanton Thurgau, heute nicht mehr berechtigt sind, Staatsverträge dieser Art zu schliessen, muss die Änderung des Rechtsstatus auf Ebene der Bundesregierungen stattfinden. Auf Schweizer Seite muss zudem eine Volksabstimmung in den betroffenen Gemeinden stattfinden.[9]

Das Tägermoos als Grenzübergang

Seit 1803 gibt es im Tägermoos einen Grenzübergang zwischen Deutschland und der Schweiz, den „Gottlieber“ oder „Tägerwiler Zoll“. Er ist für die Konstanzer Landwirte zollfrei zu befahren. Die „offene Grenze“ des Tägermooses wurde zu allen Zeiten auch für Schmuggel benutzt. Bereits zu früheren Zeiten trieben Bauern hier ihr Vieh illegal über die Grenze, um es in der Schweiz zu verkaufen, ohne Zölle zu bezahlen oder um Exportbeschränkungen zu umgehen. Auch Schmuggel von Waren in die umgekehrte Richtung wurde des Öfteren aktenkundig. Insbesondere während der Wirtschaftskrise der 1920er Jahre sollen die Paradieser Bauern durch den Schmuggel von Baustoffen und Luxuswaren deutlich über ihre Verhältnisse gelebt haben.

Dennoch wurde die Grenze nur selten vollständig geschlossen, zuletzt im Zweiten Weltkrieg von 1940–46. Mit der Grenzschliessung wollten beide Staaten – die Schweiz wie das nationalsozialistische Deutschland – verhindern, dass sich Flüchtlinge in die Schweiz absetzten. Deutschland befürchtete zudem einen Transport von militärischen Informationen über die Grenze.[10] Während des Weltkriegs stationierte die Schweiz im Tägermoos wie in anderen deutsch-schweizerischen Grenzorten Truppen, um die Grenze zu schützen; es kam jedoch nie zu Übergriffen auf das neutrale Territorium der Schweiz.

Um die Grenze zu schliessen, errichteten Deutschland und die Schweiz eigens einen 2,60 m hohen und 2700 m langen Grenzzaun aus Maschendraht und Stacheldraht, in der Bevölkerung „Judenzaun“ genannt. Der erste Teil des Zauns zwischen Bahnhof und Kreuzlinger Zoll wurde 1939 von Schweizer Behörden errichtet und finanziert, die Abschottung des Tägermooses übernahm im November 1940 die zuständige deutsche Behörde in Stuttgart. Der bekannteste Grenzzwischenfall ist vielleicht die Verhaftung des Widerstandskämpfers Georg Elser bei der Kreuzlinger Zollstation.

Erst im Oktober 2006 beschloss der Konstanzer Gemeinderat, den verbliebenen Grenzzaun im Tägermoos von 2,60 m auf die „Gartenzaunhöhe“ von 1,40 m zu stutzen. Der Zaun befindet sich heute überwiegend auf Privatgrundstücken. Ein 20 m langes Teilstück des Zauns soll als Mahnmal erhalten bleiben.[11][12]

Geologie

Der Name „Tägermoos“ setzt sich aus dem althochdeutschen „tëgar“ = gross und „Moos“ zusammen, also grosses Moos, einer in Süddeutschland häufigen Bezeichnung für Feucht- oder Moorgebiete. Tatsächlich handelt es sich geologisch gesehen nicht um einen aus Torf bestehenden Moorboden, sondern um ein Anmoor, einen Mineralboden mit einem sehr hohen Anteil unzersetzter organischer Masse.

Die nahen Thurgauer Hügel sind eiszeitliche Moränen, die aus Geschiebemergel gebildet sind. Ihnen vorgelagert ist ein 500 m breiter Saum von Beckentonen, die aus dem Gletschermaterial ausgewaschen wurden. Über diesem lagern Schnecklisande, eine mehrere Meter hohe Schicht aus Sedimenten früherer Wasserstände des Bodensees. Darin staut sich durch eingelagerte Tonschichten das Wasser, so dass sich Pseudogley bildet, ein Boden, der meistens durch Staunässe feucht ist, aber auch vollständig austrocknen kann. Direkt am Seerhein überdecken jüngste Flusssedimente die Schicht der Schnecklisande.

Das Areal des Tägermooses weist nur eine sehr geringe Steigung auf und liegt etwa einen bis zwei Meter über dem Wasserspiegel des Seerheins. Der feuchte Boden machte für die intensive landwirtschaftliche Nutzung eine umfangreiche Drainage notwendig und ist durch den hohen Humusgehalt sehr fruchtbar.

Quellenangaben

  1. Nach der Flächenstatistik 2008 genau 1.541.401 m² gemäss Stadtgebiet Konstanz nach Flächennutzung 2000 und 2008
  2. Ph. Ruppert: Das alte Konstanz in Schrift und Stift. Die Chroniken der Stadt Konstanz. Münsterbau-Verein, Konstanz 1891, S. 305-306
  3. Peter Giger, Erich König, Margit Surber: Tägerwilen - Ein Thurgauer Dorf im Wandel der Zeit. Verlag Sonderegger Druck AG, Weinfelden 1999, ISBN 3-907598-00-8
  4. Auskunft der Gemeinde Tägerwilen vom 26. Mai 2009, Schätzung 20±2
  5. Paul Bär: Tägerwilen - Ein Blick in die Vergangenheit, Beiträge zur Tägerwiler Dorfgeschichte. Verlag: Bodan AG, Kreuzlingen, September 1988, 151 S.
  6. suedkurier.de, 29. März 2006
  7. Liegenschaftsamt
  8. Brief von Hans-Wolfgang Strätz an die Stadt Konstanz vom 2. April 2001; Einsicht über den Justiziar der Stadt.
  9. suedkurier.de, 28. Februar 2006
  10. Suedkurier
  11. businessportal24.com, 24. Januar 2007
  12. Thurgauer Zeitung. 1. Februar 2007.

Siehe auch

  • Territoriale Besonderheiten in Südwestdeutschland nach 1810
  • Rheinau (gemeindefreies Gebiet), der Grundbesitz der französischen Gemeinde Rhinau im deutschen Ortenaukreis

Literatur

  • Paul Bär: Wo der Konstanzer Galgen stand. Der Ziegelhof im Tägermoos. In: Delphin-Kreis (Hrsg.): Geschichte und Geschichten aus Konstanz und von den Schweizer Nachbarn. Labhard, Konstanz 1995. ISBN 3-926937-21-1
  • Martin Burkhardt, Wolfgang Dobras, Wolfgang Zimmermann: Konstanz in der frühen Neuzeit. Reformation, Verlust der Reichsfreiheit, Österreichische Zeit. Stadler, Konstanz 1991. ISBN 3-7977-0259-0
  • Albert Leutenegger: Das Tägermoos. In: Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte Band 69 (1932) S. 1–117.
  • Helmut Maurer: Konstanz im Mittelalter. Bd 1: Von den Anfängen bis zum Konzil. Stadler, Konstanz 1989. ISBN 3-7977-0182-9
  • Arnulf Moser: Der Zaun im Kopf. Zur Geschichte der deutsch-schweizerischen Grenze um Konstanz. UVK Universitäts-Verlag Konstanz, Konstanz 2001. ISBN 3-89669-827-3
  • Albert Schoop: Geschichte des Kantons Thurgau. Huber, Frauenfeld 1987. ISBN 3-7193-0976-2

Weblinks

Wikisource: Tägermoosstatut 1831 – Quellen und Volltexte