Urbaner Gartenbau


Salatanbau in einem urbanen Gemeinschaftsgarten (Springfield Park, Clapton, North London)

Urbaner Gartenbau, auch Urban Gardening, ist die meist kleinräumige, landwirtschaftliche Nutzung städtischer Flächen innerhalb von Siedlungsgebieten oder in deren direktem Umfeld.[1] Die nachhaltige Bewirtschaftung der gärtnerischen Kulturen, die umweltschonende Produktion und ein bewusster Konsum der landwirtschaftlichen Erzeugnisse stehen im Vordergrund.[2] Städtischer Gartenbau ist eine Sonderform der urbanen Landwirtschaft. Sie gewinnt aufgrund des urbanen Bevölkerungswachstums bei gleichzeitiger Reduktion landwirtschaftlicher Anbauflächen als Folge des Klimawandels oder durch Flucht aus ländlichen Bürgerkriegsregionen in sichere Städte[3] auch für die Armutsbekämpfung an Bedeutung.

Funktionen

Urbaner Gartenbau erlebt in den letzten Jahren wachsendes Interesse aufgrund folgender Aspekte:

  • Lokale Nahrungsmittelherstellung und ortsnaher Konsum ist eine der Möglichkeiten, Transportwege (und somit den Ausstoß von Kohlendioxid) zu verringern.[4] Insbesondere durch den Einsatz von Gewächshäusern können die Erträge auf begrenzten Anbauflächen optimiert und Energie eingespart werden.[5]
  • Integration von Landwirtschaft und städtischer Lebensweise in die natürlichen Stoffkreisläufe durch lokales Recycling von kompostierbaren Abfällen und Abwässern [6]
  • Das steigende Interesse an lokaler Nahrungsmittelproduktion fügt sich ein in die generelle soziale Bewegung, die sich um das Wissen, Aufwerten oder Erhalten lokaler Spezialitäten gruppiert (z.B. Slow Food).
  • Es steigt der Bedarf an Nahrungsmitteln, die umweltverträglich und sozial gerecht produziert werden, was häufig durch Eigenproduktion oder lokalen Erwerb zu erreichen versucht wird.[7]
  • In armen Ländern erhalten Bewohner von Städten Möglichkeiten zur Subsistenzwirtschaft. Solche Projekte werden von internationalen Organisationen unterstützt.[8]

Neben der (Teil-)Versorgung mit lokal angebauten Produkten hat das Gärtnern in der Stadt noch weitere Effekte: Verbesserung des städtischen Mikroklimas, Beitrag zur Artenvielfalt, nachhaltige Stadtentwicklung sowie Bildung und Sensibilisierung für nachhaltige Lebensstile. Beim Gärtnern entstehen Begegnung, Gemeinschaft und Engagement für den Stadtteil.

Formen

  • Gemeinschaftsgarten (Community Gardens)
  • Guerilla Gardening
  • Interkulturelle Gärten
  • Kleingarten (Schrebergärten)
  • Dachgärten
  • Permakultur
  • Vertikale Landwirtschaft
  • Mobile Gärten[9]

Geschichte

Urbaner Gartenbau wird betrieben seit es Städte gibt. In der heutigen Zeit kommt dieser Praxis allerdings ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit zu. An der Humboldt-Universität zu Berlin wurde an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät im Institut für Gartenbauwissenschaften im Januar 2003 die erste Professur für Urbane Ökophysiologie der Pflanzen in Deutschland berufen.[10] In der Stadt Bamberg besteht das vom Bund geförderte Modellprojekt Urbaner Gartenbau, welches die bestehenden Strukturen innerhalb des Welterbes stärken und damit als Vorbild für zukünftige Projekte dienen soll.

Literatur

  • Christa Müller (Hrsg.): Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt. Oekom-Verlag, München 2011. 350 S. ISBN 978-3-86581-244-5
  • Martin Rasper: Vom Gärtnern in der Stadt. Die neue Landlust zwischen Beton und Asphalt 2012, ISBN 978-3865811837

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Philipp Stierand (2008): Stadt und Lebensmittel. Die Bedeutung des städtischen Ernährungssystems für die Stadtentwicklung. Dissertation, abgerufen am 18. Juni 2012 (PDF 4,0 MB)
  2. Christian Ulrichs: Urban Horticulture – eine junge Wissenschaft: VDL-Journal, Magazin für Agrar, Ernährung, Umwelt. 2006, 3 (56): S. 12–13
  3. City Farming. Urban Gardening in Monrovia, Liberia. Film von Roland Brockmann. Welthungerhilfe, 2012, online, abgerufen am 15. August 2012
  4. Brian Halweil, Thomas Prugh: Home grown: the case for local food in a global market, 2002
  5. Katsumi Ohyama, Michiko Takagaki, Hidefumi Kurasaka: Urban horticulture: its significance to environmental conservation. In: Sustainability Science 3, 2008, S. 241–247.
  6. M. N. Rojas-Valencia, M. T. de Orta Velasquez, Victor Franco: Urban agriculture, using sustainable practices that involve the reuse of wastewater and solid waste. In: Agricultural Water Management 98, 2011, S. 1388–1394.
  7. Michael Nairn, Domenic Vitello: Lush Lots. Everyday Urban Agriculture. Harvard Publications, 2010.
  8. FAO: Growing greener cities. Projekte der FAO, online, abgerufen am 15. August 2012. City Farming. Urban Gardening in Monrovia, Liberia. Film von Roland Brockmann. Welthungerhilfe, 2012, online, abgerufen am 15. August 2012
  9. Pia Volk: Jäten und ernten auf dem Pick-up, ZEIT ONLINE, 2012, zuletzt geprüft am 18. Juni 2012
  10. Fachgebiet Urbane Ökophysiologie der Pflanzen an der HU zu Berlin

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