William Grey Walter


William Grey Walter (* 19. Februar 1910 in Kansas City, Missouri; † 6. Mai 1977) war ein US-amerikanischer Neurophysiologe und Roboterforscher.

Überblick

Walter wurde 1910 in Kansas City, Missouri geboren. Seine Eltern waren ursprünglich Deutsch/Britisch väterlicherseits und Amerikanisch/Britisch mütterlicherseits. 1915 schickte man ihn nach England zur Schule. Unterrichtet wurde er zunächst in der Westminster School und danach bis 1931 im King’s College, Cambridge. Da er kein Forschungsstipendium in Cambridge erhielt, wandte er sich von 1935 bis 1939 der grundlegenden und angewandten Neurophysiologischen Forschung in Krankenhäusern in London zu. Von 1939 bis 1970 arbeitete er im Burden Neurological Institute in Bristol. Er übernahm Forschungsarbeiten in den USA, der Sowjetunion und in verschiedenen anderen Orten in Europa. Er war zweimal verheiratet und hatte zwei Söhne von seiner ersten und einen Sohn von seiner zweiten Ehefrau. Nach Aussagen seines ältesten Sohnes, Nicolas Walter, war er „politisch links orientiert, ein kommunistischer Mitläufer vor dem Zweiten Weltkrieg und ein sympathisierender Anarchist danach.“ Während seines Lebens galt er als ein Pionier auf dem Gebiet der Kybernetik. Im Jahre 1970 wurde er in einen schweren Autounfall verwickelt und starb sieben Jahre später am 6. Mai 1977, ohne sich vollständig erholt zu haben.

Gehirnwellen

Als junger Mann wurde Walter stark von den Arbeiten des bekannten russischen Physiologen Iwan Pawlow beeinflusst. Er besuchte das Labor von Hans Berger, der den Elektroenzephalographen, bzw. die Elektroenzephalographie, erfand. Mit ihm ließ sich die elektrische Aktivität des menschlichen Gehirns messen. Walter entwickelte Bergers Maschine weiter; mit seiner Version entdeckte er eine Anzahl verschiedener Gehirnwellen-Muster. Sie reichten von den schnellen Alpha-Wellen bis zu den langsamen Delta-Wellen, die er während der Schlafphase beobachtete.

In den Dreißigern gelangen Walter eine Reihe von Entdeckungen mit seinem EEG-Apparat am Burden Neurological Institute in Bristol. Er war der Erste, der durch Vermessung den Ursprung der Alpha-Wellen richtig im Occipitallappen fand. Er demonstrierte, wie man Delta-Wellen nutzen konnte, um Gehirntumore oder Wunden, die für Epilepsie verantwortlich waren, zu finden. Er entwickelte den ersten Gehirn-Topographen, der auf der Elektroenzephalographie beruhte und für die er spiralförmig angeordnete Kathodenstrahlröhren nutzte, die mit hochempfindlichen Verstärkern verbunden waren.

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er an abtastender Radar-Technologie und ferngesteuerten Raketen, die möglicherweise seine folgende Theorie der Darstellung von Gehirnaktivität durch Alpha-Wellen beeinflussten.

In den Sechzigern entdeckte Walter den Effekt des „Zufälligen negativen Wechsels“ (CNV), bzw. „mögliche Bereitschaft“. Dabei tritt eine halbe Sekunde bevor sich eine Person einer Bewegung bewusst wird, die sie machen will, eine negative Spitze elektrischer Aktivität im Gehirn auf. Interessanterweise stellt dieser Effekt den Gedanken des Bewusstseins oder freien Willens in Frage und kann als die Reaktionszeit einer Person auf Ereignisse angesehen werden.

Robotik

Walter wurde bekannt durch die Konstruktion eines der ersten autonomen Roboter. Er wollte beweisen, dass viele Verbindungen zwischen einer kleinen Anzahl von Neuronen ein komplexes Verhalten entstehen lassen können – insbesondere das Geheimnis finden, wie das Gehirn arbeitet und wie es verdrahtet ist. Seine ersten Roboter pflegte er als „Machina Speculatrix“ zu bezeichnen und nannte sie „Elmer“ und „Elsie“. Diese Roboter baute er zwischen 1948 und 1949; sie wurden oft wegen ihres Aussehens und ihren langsamen Bewegungen als „Schildkröten“ beschrieben – und weil sie der Wissenschaft etwas über die Geheimnisse von Organisation und Leben beibrachten. Die dreirädrigen Schildkröten-Roboter waren der Phototaxis fähig; sie konnten ihren Weg zu einer Ladestation finden, wenn ihre Batterien leer waren.

In einem seiner Experimente platzierte er ein Licht auf die „Nase“ einer Schildkröte und beobachtete, wie sich der Roboter in einem Spiegel selbst beobachtet. „Es begann zu flackern“, schrieb er, „schnell hin und her zitternd und hüpfend wie eine schwerfällige Narzisse im Wind“. Wenn dies an einem Tier gesehen worden wäre, argumentierte Walter, es „vielleicht akzeptiert würde als Ausdruck eines Grades von Selbst-Erkenntnis.“

Spätere Versionen der Roboter wurden 1951 auf dem Festival of Britain ausgestellt. Walter betonte die Bedeutung vollständig analoger Elektronik, um Gehirn-Prozesse zu simulieren, während seine Zeitgenossen, wie Alan Turing und John von Neumann, ihre Implementation intelligenter Prozesse eher in den Bereichen digitaler Berechenbarkeit sahen. Walter inspirierte nachfolgende Robotik-Forscher, wie Rodney Brooks, Hans Moravec und Mark Tilden. Moderne Versionen von Walters „Schildkröten“ finden sich heute in Form von BEAM-Robotern.

1995 wurde eine der ursprünglichen Schildkröten von Dr. Owen Holland an der Universität von West England nachgebaut – wobei einige originale Teile verwendet wurden. Ein Exemplar der zweiten Generation der Schildkröte wird im Smithsonian ausgestellt.

Werke

  • The Living Brain. Penguin, London 1967.
  • An imitation of life. In: Scientific American. Band 182, Nr. 5, 1950, S. 42–45.
  • A machine that learns. In: Scientific American. Band 185, Nr. 2, 1951, S. 60–63.
  • Contingent negative variation: An electrical sign of sensorimotor association and expectancy in the human brain. In: Nature. Band 203, 1964, S. 380–384.

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