Windrichtungsgeber


Windrichtungsgeber

Ein Windrichtungsgeber, auch Windfahne, Wetterfahne oder eingeschränkt Anemoskop genannt, ist ein Anzeigeinstrument zur Ermittlung der Windrichtung. Es basiert darauf, dass sich ein bewegliches Messelement am dynamischen Druck des Windes ausrichtet.

Messprinzip

Ein Windrichtungsgeber kann als statisches System mit nur einem mechanisch stabilen Gleichgewichtszustand betrachtet werden. Als Eingabeelement dient die asymmetrisch zur Drehachse angeordnete Fahnenfläche, auf die der Wind ein Drehmoment ausübt, wenn sie nicht parallel zur Windrichtung ausgerichtet ist. Als Ausgabeelement dient wieder der Windrichtungsgeber selbst, da seine Ausrichtung bei Wind dessen Richtung entspricht (vgl. auch Richtungsstabilität).

Geschichte

Die wohl älteste überlieferte Wetterfahne ist aus dem antiken Griechenland bekannt. Der Architekt Vitruv lieferte eine Beschreibung der Wetterfahne auf dem Turm der Winde in Athen. Der um 100 vor Christus erbaute achteckige Turm verfügte auf dem zeltartigen Turmdach über Figur des Meeresgottes Triton, die sich mit ihrem Schweif nach dem Wind ausrichtete.

Im europäischen Raum wurden ab dem 8. Jahrhundert Schiffsmasten mit Windfahnen aus Stoff oder Metall versehen, von denen aus dem Nord- und Ostseeraum mehrere erhalten blieben (Schiffsfahne von Söderala, Schiffsfahne von Heggen, Schiffsfahne von Källunge).

Für das europäische Festland ist eine Verwendung ab dem 11. Jahrhundert anzunehmen, frühe originale Wetterfahnen sind aber erst ab dem 15./16. Jahrhundert erhalten geblieben. Im deutschsprachigen Raum wurden sie insbesondere auf Rathäusern, Schlössern, Burgen, Kirchen und Bürgerhäusern verwendet. Wetterfahnen dienten dabei nicht nur der kurzfristigen Wettervorhersage, sondern waren auch als Haus- und Schutzzeichen bedeutsam. In einzelnen europäischen Ländern (Frankreich, Schweden) war die Verwendung von Wetterfahnen dem Adel vorbehalten und bedurfte einer königlichen Genehmigung.

Im Zuge der Entwicklung von Blitzschutzanlagen erlebte die Verwendung von Wetterfahnen im 18. Jahrhundert eine erste Blütezeit, obwohl im Zeitalter der Aufklärung auch zunehmend erkannt wurde, dass allein die Bestimmung der Windrichtung zur Wettervorhersage ungeeignet ist. Im 19. Jahrhundert verloren Wetterfahnen weiter an Bedeutung, da einerseits vor allen durch die Verbreitung des Barometers eine feinere und windunabhängige Methode der Wettervorhersage entwickelt wurde und andererseits der Mensch zum Beispiel durch die fortschreitende Verstädterung und Industrialisierung in seiner Lebens- und Arbeitsweise wetterunabhängiger wurde.

Trotzdem kam es in der Zeit etwa zwischen 1870 und 1920 im Zuge des rasanten Stadtwachstums zu einer Renaissance der Verwendung von Wetterfahnen, die nun auch Wohnhäuser und Fabriken schmückten. Entgegen ihrer früheren Funktion dienten sie nun aber zumeist nur noch als Hausmarke und Zierrat. Die verwendeten Motive enthielten meist ein Wappen, ein Monogramm, ein Symbol oder eine Jahreszahl und bezogen sich auf das Haus bzw. seinen Eigentümer. Die massenhafte Verwendung wurde durch die industrielle Fertigung forciert.

Heute kommen Wetterfahnen vorrangig im Denkmalschutz mit schmückender und informeller Bedeutung zum Einsatz.

Arten

Kirchturmspitze von St. Nicolai auf Helgoland
Ein Thunfisch als Wetterfahne auf der Kirche Saint Tudy auf der Insel Groix
Klassischer Wetterhahn

Als Windrichtungsgeber kann im einfachsten Fall eine Flagge dienen. Zudem werden im Flug- und Straßenverkehr häufig Windsäcke benutzt, um Seitenwinde anzuzeigen. Diese können auch eine grobe Auskunft über die Windrichtung und -stärke geben. Verklicker sind Windrichtungsgeber auf Schiffen.

Neben Textilwetterfahnen existieren Windrichtungsgeber auch aus Metall oder Kunststoff. Da technisch gesehen die Form einer Windfahne nicht so bedeutsam ist wie ihr Gewicht, existieren viele Formen von Windfahnen. Häufig sind Windrichtungsgeber mit Windrosen kombiniert, die ein einfaches Ablesen der Himmels- bzw. Hauptwindrichtung ermöglichen.

Die wohl größte Wetterfahne steht in Montague (Michigan, USA). Sie ist 14,60 Meter hoch und 4,30 Meter lang. Ihr Gewicht liegt bei fast zwei Tonnen.

Auf Segelbooten verwendet man meist Windanzeiger aus Kunststoff oder Segeltuch. Sie werden Verklicker genannt. Auf hochseegängigen Segelyachten dienen am Bootsheck angebrachte Windfahnen außerdem zur Steuerung von Windsteuerungsanlagen.

Galerie - Wetterfahnen in der Geschichte

Wetterhähne

Zu den verbreitetsten Windfahnen gehört der Wetterhahn, der auf vielen Kirchtürmen oder Hausdächern zu finden ist. Die erste bekannte Erwähnung eines Wetterhahns stammt aus dem 9. Jahrhundert. Bischof Rampertus von Brescia hat demnach im Jahre 820 einen aus Bronze gießen und auf dem Turm der Kirche San Faustino Maggiore anbringen lassen.

Wetterhähne existieren sowohl als Scherenschnitt-Modelle, als auch als Plastiken. Diese findet man noch heute auf sehr vielen Kirchen. Grund ist wohl die Bibelstelle, in der Jesus dem Apostel Petrus prophezeit: „Ehe der Hahn krähen wird, wirst du mich dreimal verleugnen.“ (Mt 26,75 EU), was Petrus nach dem Bericht des Evangeliums nach der Verhaftung von Jesus aus Angst vor Verfolgung auch dreimal tat. Als der Hahn krähte, erinnerte er sich an diese Prophezeiung, schämte sich sehr und verkündete dann bis zu seinem Märtyrertod den neuen Glauben. Der Hahn war also eine Mahnung sich nicht nach dem Wind zu drehen, sondern wie Petrus in seinem weiteren Leben dem christlichen Glauben treu zu folgen.

Neben dieser Bedeutung wurde der Hahn auch als Christussymbol verwendet. Der erste Beleg für diese Verwendung ist das Tageszeitenbuch Liber Cathemerinon des spätantiken christlichen Dichters Prudentius. So wie der Hahn mit seinem Ruf das Ende der Nacht und den Beginn des Tages verkündet und die Menschen aufweckt, so besiegt Christus nach diesen Interpretationen die Nacht der Sünde und des Todes und erweckt den Menschen zum christlichen Glauben und zum ewigen Leben.

Eine Besonderheit stellt die Alte St.-Alexander-Kirche in der niedersächsischen Gemeinde Wallenhorst dar. Diese trägt auf ihrer Turmspitze eine Henne. Der Sage nach ließ Karl der Große im Jahre 772 diese Kirche nach seinem Sieg über Wittekind auf den Überresten des Heidentempels erbauen und setzte an ihre Spitze eine goldene Henne als Zeichen, dass sie weitere Kirchen in der Region ausbrüte.[1]

Heute werden Wetterhähne vor allem als Windspiel und Dachschmuck, vereinzelt aber immer noch wegen dieser religiösen Bedeutung installiert.

Siehe auch

Einzelnachweise

Literatur

  • Siegfried Börtitz: Alte Wetterfahnen. Verlag Seemann, Leipzig 1991, ISBN 3-363-00521-0
  • Siegfried Börtitz: Wetterfahnen zwischen Dresden und Sächsischer Schweiz. Stadtmuseum Pirna, Pirna 1994, (Schriftenreihe des Stadtmuseums Pirna: Geschichtliche und heimatkundliche Beiträge aus Pirna und Umgebung Heft 8, ISSN 0323-7516).

Weblinks

Commons: Windrichtungsgeber – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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