Ökoeffektivität


Ökoeffektivität ist ein Begriff der Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften. Er gilt für einen bestimmten nachhaltigen Herstellungsprozess. In einem erweiterten Sinn wird auch von Konsistenz gesprochen.[1]

Den Begriff der Ökoeffektivität prägten der deutsche Chemiker Michael Braungart und der US-amerikanischen Architekt William McDonough in ihrem Buch „Cradle to Cradle“ (C2C, Von der Wiege bis zur Wiege)[2]. Darin stellen sie den Begriff in Kontrast zu der betriebswirtschaftlichen Kennzahl Ökoeffizienz, bzw. zur Ökobilanz, die den Stoffkreislauf und dessen Umweltwirkungen von der Wiege bis zur Bahre analysiert.

Ökoeffektiv sind nach Braungart und McDonough Produkte, die entweder als biologische Nährstoffe in biologische Kreisläufe zurückgeführt werden können oder als „technische Nährstoffe“ kontinuierlich in technischen Kreisläufen gehalten werden.

Die Ökoeffizienz hat sich seit Anfang der 1990er-Jahre in der Industrie zunehmend etabliert: Mit weniger Ressourceneinsatz sollen höhere Ergebnisse erreicht und durch die Verminderung von Schadstoffen die Umweltauswirkungen reduziert werden. Mit fortschreitender Zeit zeigte sich jedoch, dass Ökoeffizienz den Prozess der Umweltverschmutzung und Rohstoffverknappung verlangsamen, aber nicht stoppen kann.

Das Prinzip für einen ökoeffektiven Lösungsansatz lautet: Abfall ist Nahrung („waste equals food“). Bei vielen natürlichen Prozessen wird sowohl Energie als auch Material verschwendet. Pflanzen und Tiere produzieren große Mengen „Abfall“. Sie sind nicht ökoeffizient. Aber sie sind trotzdem ökoeffektiv, weil sie Teil eines nachhaltigen Systems sind, das jedes Stück Abfall wiederverwendet, zum Beispiel als Dünger.

„Die Natur produziert seit Jahrmillionen völlig uneffizient, aber effektiv. Ein Kirschbaum bringt tausende Blüten und Früchte hervor, ohne die Umwelt zu belasten. Im Gegenteil: Sobald sie zu Boden fallen, werden sie zu Nährstoffen für Tiere, Pflanzen und Boden in der Umgebung.“[3]

Analog dazu kann eine technische Produktion effektiv sein, wenn sie Stoffe abgibt, die in anderen Produktionen einsetzbar sind.

Ökoeffektive Lösungen entwickelt unter anderem das Hamburger Institut EPEA.

Beispiele

Ökoeffizienz:

  • Den Benzinverbrauch um fünfzig Prozent reduzieren, aber die Gesamtzahl der Autos weltweit verdreifachen (Rebound).
  • Bremsbeläge so entwickeln, dass sie weniger Partikel abgeben, aber dennoch insgesamt tausende von Tonnen an Schadstoffen auf den Straßen lassen.
  • Den Anteil von recyceltem Material in Polymerprodukten erhöhen, ohne auf die Qualitätsminderung des recycelten Materials zu achten (Downcycling).
  • Das Abwasservolumen in der Textilherstellung verringern, aber die Anzahl der Additive erhöhen und daher am Ende immer noch ein nicht wiederverwendbares Produkt zu haben.

Ökoeffektivität:

  • Emissionen einfangen und für neue Produkte oder Brennstoffe verwenden (Upcycling).
  • Bremsbeläge aus einem Material herstellen, das unbedenklich in biologische Kreisläufe zurückgeführt werden kann (biologische Abbaubarkeit).
  • Kunststoffprodukte gezielt so entwickeln, dass sie demontiert und recycelt werden können.
  • Energiequellen nutzen, die direkt von der Sonne stammen (erneuerbare Energie).
  • Das Gesamtprodukt auf biologische oder technische Kreisläufe abstimmen (Kreislaufwirtschaft).

Kritik

Ein prominenter Kritiker von Michael Braungart ist der langjährige Leiter des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie Friedrich Schmidt-Bleek. Die mehrfach in Braungarts Buch angeführte Behauptung, durch die pessimistische Ausrichtung der Umweltbewegung würde die für die Lösung der Probleme notwendige Kreativität unterdrückt, bezeichnet er als pseudopsychologischen Unsinn. Auch die praktische Umsetzbarkeit des Konzepts bezweifelt Schmidt-Bleek. Als Beispiel führt er die kompostierbaren Sitzbezüge an, die von Braungart für den neuen Airbus A380 entworfen wurden:

„Ich kann mich auf Michaels Sitzbezügen im Flugzeug sehr wohl fühlen. Ich warte aber noch immer auf den detaillierten Vorschlag, die anderen 99,99 Prozent des Airbusses A380 nach seinen Prinzipien zu gestalten.“

Dass das Konzept in großem Rahmen ohne Schädigung der Natur umsetzbar sein könnte, hält Schmidt-Bleek für völlig ausgeschlossen.[4]

Aber auch Befürworter eines ökoeffektiven Ansatzes üben Kritik an Cradle to Cradle, etwa der Wirtschaftsethiker Rahim Taghizadegan:

„Das Versprechen besteht eigentlich auch nur darin, dass man dann ohne schlechtes Gewissen verschwenden könnte. Doch auch das ist falsch. Nahrungsmittel sind etwa vollkommen kompostierbare Produkte. Ist es deshalb richtig, massenweise angebrochene Nahrungsmittel wegzuwerfen?“[5]

Das Konzept von Braungart zertifiziert seine eigenen Analysen und entspricht somit nicht den ISO Normen 14040 und 14044 für die Ökobilanzierung, die eine kritische Nachprüfung eines unabhängigen Gutachters vorschreiben.

Das Konzept berücksichtigt die Nutzungsphase eines Produktes nicht. Beim manchen Produkten ist dies allerdings der ausschlaggebende Faktor für den ökologischen Fußabdruck, wie z. B. bei der Mobilität. Den größten Einfluss auf die Umwelt hat ein Auto oder ein Flugzeug während der Nutzungsphase. Daher ist maßgeblich wie leicht die Transportmittel sind um so wenig wie möglich Treibstoff zu konsumieren.

Siehe auch

  • Die Unterscheidung zwischen Effektivität und Effizienz nach Peter Ferdinand Drucker

Weblinks

Einzelnachweise