Die Art, wie Mikroorganismen sterben beeinflusst den Kohlenstoffgehalt im Boden
Bio-News vom 26.01.2023
Wie Mikroorganismen im Boden sterben, hat Auswirkungen auf die Menge an Kohlenstoff, den sie hinterlassen, wie Forschende herausgefunden haben. Die Ergebnisse sind auch mit Blick auf den Klimawandel und CO2-Emissionen interessant.
Mikroorganismen umgeben uns überall - auch im Boden. Dort übernehmen sie die wichtige Aufgabe den Nährstoff- und Kohlenstoffkreislauf in Gang zu halten, und den Boden als wichtige Ressource zu bewahren. Aber Mikroorganismen sind nicht unsterblich - auch sie sind dem Zyklus von Leben und Tod unterworfen.
Publikation:
Camenzind, T., Mason-Jones, K., Mansour, I. et al.
Formation of necromass-derived soil organic carbon determined by microbial death pathways
Nat. Geosci. (2023)
DOI: 10.1038/s41561-022-01100-3
„In unserer Studie haben wir uns der Frage gewidmet, auf welche Weise Mikroorganismen im Boden sterben und was genau von toten Mikroorganismen (auch genannt mikrobielle Nekromasse) am Ende ihres kurzen Lebens übrigbleibt. Nun könnte man fragen, warum uns der Tod einzelner Zellen im Boden kümmern sollte? Spannenderweise ist aber genau dieser Tod relevant dafür, wieviel und wie lange ein Boden Kohlenstoff einlagern und speichern kann“, erklärt Tessa Camenzind. Ein Thema, das auch Wissenschaftler und Politiker angesichts ansteigender CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre und den Konsequenzen für den Klimawandel interessieren könnte.
Tessa Camenzind
Tessa Camenzind forscht derzeit als Postdoktorantin am Institut für Biologie des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Rolle von Pilzen in biogeochemischen Prozessen im Boden und somit interdisziplinären Ansätzen, die Mikrobiologie und Bodenökologie verbinden. Promoviert hat die Biologin zum Thema Mykorrhizapilze in tropischen Wäldern. Aktuell arbeitet sie an ihrem eigenen DFG-Forschungsprojekt im Schwerpunktprogramm SPP Soil Systems.
Der Boden ist der größte Kohlenstoffspeicher auf der Erde - größer als der der Pflanzen und der Atmosphäre zusammen. Entgegen früherer Annahmen wird ein beträchtlicher Teil – schätzungsweise über 50 Prozent - dieses Kohlenstoffes durch tote Überreste von Mikroorganismen in den Boden eingebracht. „So makaber es klingt – aber das Wissen über die Todesursache der Mikroorganismen und damit einhergehende Prozesse ist essentiell wichtig, um zu verstehen, wie Kohlenstoff im Boden eingelagert wird und wie stabil dieser Vorgang unter unterschiedlichen Bedingungen ist“, betont die Biologin.
Und woran sterben Mikroorganismen nun? Der Boden ist kein ungefährlicher Lebensraum: Nicht nur Hungerstod, Dürre, Hitze- und Kälteeinbrüche bedrohen das Leben dort. Mikrobielle Organismen stehen auch permanent in Konkurrenz um verfügbare Ressourcen, wobei einige auch tödliche Metaboliten abgeben. Protisten (Einzeller), Bodentierchen und sogar Bakterien selber stellen zudem Fraßfeinde dar, die teilweise nicht nur selektiv jagen, sondern einfach große Flächen „begrasen“. Auch Viren sind reichlich im Boden verbreitet und töten einen nicht unbeträchtlichen Anteil der Bakterien. Und natürlich führen viele menschliche Aktivitäten zu einer Veränderung dieses natürlichen Gleichgewichts.
„In dieser Studie arbeiten wir besonders heraus, welche chemischen Veränderungen durch diese diversen Prozesse entstehen, um ein besseres Bild über die Zusammensetzung der mikrobiellen Nekromasse zu erhalten“, erklärt Tessa Camenzind weiter. Auf molekularer Ebene mache es einen Unterschied, ob ein Bakterium von einem Springschwanz (Bodentier) gefressen und verdaut wird, vertrocknet, von einem Virus umprogrammiert oder von einem räuberischen Bakterium praktisch ausgesaugt wird. Gleichzeitig seien Pilzhyphen im Hinblick auf den Kohlenstoffspeicher besonders interessant: „Sie bewegen sich durch die Neubildung von Hyphen durch den Boden, wobei sie (da sie sich nicht wirklich bewegen) permanent tote Hyphen hinter sich zurücklassen und dadurch sehr viel Kohlenstoff in den Boden einzubringen scheinen“, sagt die Forscherin.
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Freie Universität Berlin via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.