Eine neue Orchideenart aus den Bergen Tansanias
Bio-News vom 12.08.2022
Der Bayreuther Biologe Andreas Hemp hat im Nordosten Tansanias eine bisher unbekannte Orchideenart der Gattung Rhipidoglossum entdeckt. Gemeinsam mit seinem britischen Kollegen Phil Cribb von den Royal Botanical Gardens in Kew, London, hat er sie in der Zeitschrift „Kew Bulletin“ wissenschaftlich beschrieben. Entsprechend ihrem Fundort in den Südpare-Bergen erhielt die neue Spezies den Namen Rhipidoglossum pareense.
Das auffälligste Merkmal der neu entdeckten, nur wenige Zentimeter großen Orchidee sind ihre weißen Blüten. Hält man die Orchidee gegen das Sonnenlicht, scheinen die Blüten zu glitzern. Die Blüten sind kleiner, aber zahlreicher als die der nächstverwandten Orchideenart Rhipidoglossum leedalii. Der Blütenstand ist deutlich kompakter und erinnert an den eines Maiglöckchens. Die Spezies Rhipidoglossum pareense wächst im Nebelwald in einer Höhe oberhalb von 1.500 Metern, wo sie von Dr. Andreas Hemp bei Forschungsarbeiten entdeckt wurde. Die Bäume erreichen hier nur eine Höhe von zehn Metern und sind dicht mit Moosen, Farnen und Orchideen besetzt. Auch Rhipidoglossum pareense zählt zu diesen Aufsitzerpflanzen (Epiphyten).
Publikation:
P. J. Cribb, A. Hemp
Rhipidoglossum pareense (Orchidaceae: Epidendroideae), a new species from Tanzania
Kew Bulletin (2022)
DOI: 10.1007/S12225-022-10027-2
„Die jetzt entdeckte Orchideenart verdankt ihre Existenz vermutlich den sehr ungewöhnlichen klimatischen Bedingungen. In den Nebelwäldern der Südpare-Berge regnet es zwar oft nur 700 Millimeter im Jahr, hinzu kommt aber der Nebelniederschlag, der das Zwei- bis Dreifache dieser Menge ausmacht. Diese Gebirgsregion im Nordosten Tansanias stellt wirklich ein botanisches Eldorado dar: Vor kurzem habe ich hier auch eine neue Art von Akanthus-Gewächsen entdeckt, die taxonomische Beschreibung wird demnächst veröffentlicht“, sagt PD Dr. Andreas Hemp vom Lehrstuhl für Pflanzensystematik der Universität Bayreuth.
Im Zuge seiner Untersuchungen zur Biodiversität und Ökologie afrikanischer Wälder hat der Bayreuther Biologe auf zahlreichen Bergen vegetationskundliche Untersuchungsflächen angelegt. Auf jeder Fläche hat er die Artenzusammensetzung der Vegetation vollständig erfasst und dokumentiert. Insgesamt umfasst die daraus hervorgegangene Datenbank mittlerweile mehrere Tausend Vegetationsaufnahmen. Typisch für alle tropischen Bergregenwälder sind die Epiphyten, die eine wichtige Rolle für den Wasserhaushalt und die Artenvielfalt spielen. „Beim Auffinden so kleiner Epiphyten wie der neu entdeckten Orchidee ist viel Glück im Spiel: Hätte sie nicht zum rechten Zeitpunkt geblüht, wäre sie sicherlich unbemerkt geblieben“, sagt Hemp. In den benachbarten tansanischen Nguru-Bergen, die wie die Südpare-Berge zur Kette der Eastern-Arc-Berge gehören, hat er bei seinem jüngsten Forschungsaufenthalt eine weitere bisher unbekannte Orchideenart aus der großen Gattung Polystachya gefunden.
International führender Spezialist für Orchideen in Ostafrika ist Dr. Phil Cribb von den Royal Botanical Gardens in Kew, London. Er ist Autor der Orchideen-Bestimmungsbände der „Flora of Tropical East Africa“. „Nachdem ich die in den Südpare-Bergen entdeckte Orchidee mit diesen Bänden nicht eindeutig bestimmen konnte, habe ich ihn um seine Expertise gebeten. Zusammen haben wir dann die neue Art beschrieben und auch den Namen Rhipidoglossum pareense gewählt“, berichtet Hemp. Mindestens einmal pro Jahr besucht er das Herbar des botanischen Gartens in Kew. „Das Herbar in Kew enthält die weltweit umfassendste Sammlung von Pflanzen aus Ostafrika. Die langjährige Zusammenarbeit mit den dortigen herausragenden Kennern der afrikanischen Flora ist eine wertvolle Unterstützung und immer wieder auch ein Ansporn für meine eigene Forschungsarbeit. Solche umfassenden Sammlungen, welche die Vegetationen aus früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten dokumentieren, sind für die aktuelle Biodiversitätsforschung unentbehrlich“, sagt der Bayreuther Pflanzensystematiker.
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Bayreuth via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.